Wer die IT-Trends Social Media, Mobility, Analytics und Cloud nicht sinnvoll miteinander verknüpft, könnte in der Geschäftswelt von morgen schon bald nicht mehr konkurrenzfähig sein. Ohne eine sogenante digitale Transformation soll es laut Capgemini nicht gehen. [...]
Unternehmen müssen eine digitale Transformation durchmachen, um auch in Zukunft am Markt bestehen zu können. Die COMPUTERWELT hat mit dem langjährigen Capgemini-Manager Pierre Hessler über diese Entwicklung gesprochen. Das Interview in voller Länge finden Sie auf Computerwelt.at.
Laut einer Capgemini-Studie dürfen sich 44 Prozent der heimischen CIO 2014 über höhere IT-Budgets freuen. Worin werden CIOs heuer investieren?
Pierre Hessler: Bei den IT-Budgets geht es seit jeher nicht darum, wie hoch das Gesamtvolumen ist, sondern wie viel Geld dafür verwendet wird, dass die Lichter nicht ausgehen, wie man metaphorisch sagt, um den Betrieb aufrechtzuerhalten. Das beinhaltet aber auch Wartungsarbeiten an der Infrastruktur und kleine Entwicklungsarbeiten. Die wirklich spannende Frage ist also: Wie viel Geld steht für neue Anwendungen und Technologien zur Verfügung? In vielen Unternehmen liegt dieser Wert bei knapp 20 Prozent des Gesamtbudgets. In den letzten Jahren konnten wir aber feststellen, dass der Betrag für die laufenden Kosten immer niedriger wird. Das liegt an zwei Faktoren: Outsourcing und Cloud Computing. Zum ersten Mal seit vielen Jahren haben wir heuer, nicht zuletzt durch die damit verbunden Möglichkeiten für Unternehmen, die Hoffnung, dass sich das Budget der CIO für neue Dienste und Lösungen erhöhen wird, in manchen Unternehmen sogar signifikant.
Was bedeutet das für den CIO?
Fortschrittliche CIO teilen ihren Tätigkeitsbereich heute in zwei Teile auf. Zum einen ist da der industrielle Part mit Industriemanagementsystemen, wo der laufende Betrieb und Wartungen hineinfallen, und die IT, die nach den Regeln der Fertigung ,wie Zuverlässigkeit oder Kosteneffizienz, betrieben wird. Dann gibt es den zweiten Teil, der völlig unterschiedlich ist und eine viel engere Beziehung mit der Geschäftsführung notwendig macht. Dort geht es um Innovationen und neue Lösungen, daher ist es so wichtig, dass sich dieser Teil vom Ersten komplett unterscheidet.
Die höheren Budgets für Neuentwicklungen haben auch mit der besseren wirtschaftlichen Perspektive in den Volkswirtschaften zu tun, weil Optimismus immer auch ein wenig den Druck von den IT-Budgets nimmt. Umgekehrt sind Unternehmen nun mehr gefordert, ihre Transformation zu digitalen Unternehmen fortzusetzen, was für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit notwendig sein wird. Um ein digitales Unternehmen zu werden, benötigt man eben Investitionen in neue Technologien und Lösungen.
IT-Anbieter werden sich 2014 weiter auf Big Data und Cloud-Lösungen fokusieren. Entsprechen diese Technologien auch den Bedürfnissen der Kunden?
Die Transformation zu einem digitalen Unternehmen hängt nicht von einer bestimmten Technologie ab, es braucht eine Kombination aus verschiedenen Lösungen. Wir raten den Unternehmen: ‚SMAC your business up!‘ Die vier Buchstaben stehen für Social, Mobility, Analytics und Cloud. Nur eine gute Kombination aus diesen Faktoren macht ein Unternehmen digital und in weiterer Folge auch erfolgreich. Es macht absolut keinen Sinn, eine mobile Applikation ohne die Cloud zu entwickeln, genauso wenig wie es Sinn macht, über Big Data nachzudenken, ohne Social Media miteinzubeziehen. Social Media wird wiederum zu einem guten Teil durch Mobility getrieben. Ich würde Unternehmen davon abraten, eine dieser vier IT-Trends umzusetzen, ohne über die anderen drei nachzudenken. Man muss sie gemeinsam betrachten.
Wenn sie aber gemeinsam betrachtet werden, habe ich die Macht, das Unternehmen nachhaltig zu verändern und zu digitalisieren. Für einige, wenige Unternehmen in bestimmten Branchen wird es auch mit einem oder zwei der vier Faktoren gehen, für die überwältigende Mehrheit der Unternehmen gilt das aber nicht.
Fachabteilungen sollen laut der Studie weniger Geld ausgeben als vergangenes Jahr, obwohl CIOs damit kein Problem hätten.
Es ist für Fachabteilungen immer sehr attraktiv, Dienste oder Applikationen, die sie benötigen, über Cloud Services zu implementieren. Das dürfte in Zukunft noch einfacher werden. Aus diesem Grund haben auch viele Leute schon vor ein paar Jahren gesagt, dass der CIO mittel- bis langfristig obsolet werden wird, weil die IT ja inzwischen so einfach geworden wäre. Es wurde postuliert, dass die Fachabteilungen einfach On-Demand-Dienste oder -Lösungen einkaufen, wenn sie sie benötigen. Einige Experten dachten sogar, dass bis zu 70 Prozent des IT-Budgets der Unternehmen in die Fachabteilungen fließen wird. Mittlerweile hat man aber erkannt, dass die Stärke eines Unternehmens von der Qualität der eigenen Daten abhängig ist. Das gilt auch für Daten, die außerhalb des Unternehmens liegen. Ein starkes Unternehmen kann diese Daten vernünftig und einheitlich verwalten. Es macht etwa absolut keinen Sinn, in den Marketingabteilungen Studien über die Kunden zu erstellen, wenn diese Daten dann der Entwicklungsabteilung nicht zugänglich gemacht werden.
Hier bekommt der CIO dann aber eine noch größere Rolle, als er sie momentan inne hat.
Das ist absolut richtig. Das Pendel ist deshalb wieder auf die andere Seite, Richtung Zentralismus statt Föderalismus, umgeschlagen. Die Fachabteilungen haben in diesem Modell zwar eine gewisse Autonomie, in einigen Schlüsselbereichen ist es aber absolut notwendig, dass das Unternehmen einheitlich und zentralisiert agiert. Dabei spielt der CIO eine wichtige Rolle, die wird auch in Zukunft eher noch wichtiger und nicht umgekehrt!
Das Gespräch führte Alex Wolschann.
Pierre Hessler
Pierre Hessler begann seine Karriere 1965 bei IBM in der Schweiz und war CVP und General Manager Marketing für IBM Europe. Zu Capgemini kam Hessler 1993, zuletzt war er Direktor und CEO von Capgemini Consulting. Von 2000 bis 2012 saß Hessler im Vorstand von Capgemini. Der heute 70-jährige ist dem Unternehmen eng verbunden, hat sich aber aus dem
Tagesgeschäft zurückgezogen.
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