Das US-Justizministrerium wirft dem Telekommunikationskonzern AT&T vor, sich auf Kosten der Steuerzahler bereichert zu haben. [...]
Ein vom Staat finanzierter Service für Gehörlose, der von AT&T betrieben wird, soll unter Mitwisserschaft des Telekommunikationsriesen für kriminelle Zwecke missbraucht worden sein. Das US-Justizministerium vermutet, dass AT&T auf diese Weise Millionen an Steuergeldern für Dienstleistungen kassiert hat, die auch noch verwendet wurden, um US-Bürger zu betrügen.
AT&T betreibt das „IP relay call service“, das Gehörlosen erlaubt, online Kontakt zu einer Vermittlung aufzunehmen. Über die Texteingabe wird dem AT&T-Mitarbeiter mitgeteilt, wen er anrufen und was er sagen soll. So können Gehörlose kostenlos Telefongespräche führen. Die US-Regierung entschädigt AT&T mit 1,30 pro Minute für die Unkosten. Aus Angst vor Missbrauch wurde 2009 eine Regelung eingeführt, die von Anbietern solcher Dienste verlangt, die Anrufe zu prüfen. So sollte sichergestellt werden, dass nur Anrufer, die hörgeschädigt sind und sich innerhalb der USA aufhalten, das Angebot nutzen können.
Die US-Justiz wirft AT&T vor, die Prüfung aus Profitgier vernachlässigt zu haben. Bis zu 95 Prozent der Anrufe über das IP relay call service sollen angeblich von Kriminellen aus dem Ausland stammen. Vor allem Kreditkartenbetrüger sollen das Angebot genutzt haben, um Gratis-Gespräche mit US-Bürgern führen zu können und diese so kostenlos zu betrügen.
Allein aus Nigeria sollen tausende Anrufe über den Gehörlosen-Service abgewickelt worden sein. AT&T schreibt in einer Stellungnahme, dass Missbrauch nicht zu verhindern sei. Die Regeln würden vorschreiben, jeden Auftrag einer Person, die sich als beeinträchtigt identifiziert, anzunehmen. Das Ministerium entgegnet, dass AT&T absichtlich Systeme installiert habe, die eine Lokalisierung der Anfragen nicht ermöglicht. Außerdem sollte eigentlich auch die Wohnadresse überprüfbar sein. Im deutschsprachigen Raum gibt es ähnliche Angebote, die Missbrauch besser vorbeugen.
„In Kürze startet mit dem RelayService ein in Österreich bisher einmaliges Pilotprojekt, das vom ServiceCenter ÖGS.barrierefrei initiiert wurde. Gehörlose Personen können dann mittels Videochat oder Textnachricht Kontakt zu einem Vermittler aufnehmen, der den entsprechenden Anruf dann erledigt. Das Angebot beschränkt sich auf Terminvereinbarungen und Notfälle. Finanziert wird das Projekt von der öffentlichen Hand. In Deutschland und der Schweiz gibt es ähnliche Angebote schon länger“, sagt Stefan Schauhuber vom ServiceCenter ÖGS.barrierefrei gegenüber der Nachrichtenagentur pressetext. (pte)
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