Vernetzte komfortable Welt

In Technikkreisen ist das Internet der Dinge (IoT) längst ein oft gehörter Begriff. Konsumenten fangen damit jedoch nichts an. Dabei greift IoT in unser aller Leben ein, wird es verändern und – hoffentlich – verbessern. [...]

Die IFA in Berlin zeigt jährlich Neuheiten der Unterhaltungselektronik (UE) und gilt hier als das wichtigste Messe-Event weltweit. Vor acht Jahren wurde die Messe um den Zweig der Weißware (Kühlschränke, Waschmaschinen, Wäschetrockener etc.) erweitert. Alles Dinge, die in unserem täglichen Leben eine wichtige Rolle spielen und es bereichern. Begriffe wie Künstliche Intelligenz, Cloud-Computing, Big Data waren auf solchen publikumsnahen Messen eher selten zu hören. Doch dieses Jahr ist einiges anders. Zum einen heißt die IFA nicht mehr „Internationale Funkausstellung“ sondern man bezeichnet sich lieber als „Consumer Electronics Unlimited“. Zum anderen dringen unter dem Schlagwort Internet der Dinge nicht nur Fachbegriffe der IT in die Welt der Unterhaltungselektronik ein, sondern auch die Technologien selber. 
So ist es beachtenswert, dass der IT-Riese IBM seine Lösungen auf der IFA vorstellt. Doch das ist sinnvoll: Die Elektronik, die sich in jedem Gerät befindet, kann schon viel mehr als nur das jeweilige Gerät zu betreiben. Funktechnologien sorgen z.B. im Gaming-Bereich längst schon für vernetzten Spielegenuss. Wird den Geräten noch weitere Technik hinzugefügt, wie Sensoren, erweitert sich die mögliche Nutzung enorm.
Künstliche Intelligenz von IBM in UE-Geräten
Watson ist eine von IBM entwickelte kognitive Software, und gehört dem Bereich Künstlicher Intelligenz an. Auf der IFA erklärte Harriet Green, bei IBM weltweit zuständig für den Geschäftsbereich Watson IoT, dass selbstlernende Computer-Technologien, wie es eben Watson von IBM sei, schon Einzug in die Consumer Elektronik gehalten haben. Gemeinsam mit den Unternehmen Panasonic, Nokia, Bragi und Whirlpool habe man Lösungen entwickelt, die kognitive Technologie und das Internet der Dinge zusammenbrächten und damit eine sichere, intuitive und interaktive Kommunikation zwischen elektronischen Geräten ebenso wie zwischen Mensch und Maschine ermöglichten, so Green. Die Kombination von Künstlicher Intelligenz mit dem IoT ermöglicht beispielsweise smarte Häuser, die zwischen guten und bösen Eindringlingen unterscheiden können. Auch Wearables, die pflegebedürftigen Menschen das Leben in den eigenen vier Wänden erleichtern, zählen zu diesen Möglichkeiten.
Vernetzte Dinge verändern den Alltag und verbessern die Lebensqualität
Das alles funktioniere, indem die Geräte mit Sensoren ausgestattet werden. „Millionen von Sensoren arbeiten sozusagen als Augen und Ohren in modernen Haushaltsgeräten und erlauben es ihnen, sowohl miteinander als auch mit ihrer Umwelt in Kontakt zu treten“, sagte Harriet Green. „Dadurch kommen sehr viele Daten zusammen, die lernende Systeme wie Watson über das IoT nutzen können. Watson ist in der Lage, solche Daten zu ordnen, zu verstehen, zu analysieren und aus ihnen zu lernen. Diese neuen Fähigkeiten tragen dazu bei, unseren Alltag komfortabler zu machen und unsere Lebensqualität zu steigern.“
Nachfolgend einige konkrete Einsatzszenarien für Watson IoT-Plattformen, die auf der IFA vorgestellt wurden.
Intelligent und sicher: Smart Home noch Smarter
Der Hersteller Panasonic setzt die Fähigkeiten von Watson dazu ein, um Häuser sicherer zu machen. Beispielsweise können die Panasonic-Überwachungskameras gemeinsam mit den Sensoren des Herstellers, die Bewegungen am Haus, an Türen und Fenstern oder Glasbruch erfassen. Werden sie jetzt mit diversen kognitiven Watson-Funktionen kombiniert, etwa dem Verstehen natürlicher Sprache und Gesichtserkennung, erkennt die jetzt sehr smarte Kamera, ob die Eindringlinge tatsächlich Kriminelle sind – oder doch nur die Nachbarskinder, die den verlorengegangenen Spielball zurückholen.
Gesundheit und Pflege 4.0
Insbesondere für pflegebedürftige Menschen eröffnen kognitive und IoT-Technologien gemeinsam mit tragbaren elektronischen Geräten, sogenannten Wearables, neue Möglichkeiten. Gegenwärtig forscht Nokia an der Integration der Watson IoT-Plattform in die eigenen Wearables, die man übrigens von Withings übernommen hat. Indem diese etwa an die Medikamenteneinnahme erinnern, die Vitalfunktionen messen oder auf Sprachbefehle wie „Rufe einen Rettungswagen“ reagieren, sollen sie eine wesentliche Erleichterung bei der häuslichen Pflege sein, potentielle Risiken rechtzeitig erkennen und bei Gefahr sofort Alarm schlagen. 
Das IoT im Ohr
Bragi produziert intelligente, kabellose Kopfhörer namens „The Dash“, die mit einer ausgeklügelten Sensorik ausgestattet sind: 23 Sensoren messen alle wichtigen Körperfunktionen wie Temperatur, Pulsschlag oder Schlafmuster. Gemeinsam mit IBM will Bragi diese Kopfhörer auch Business-tauglich machen. Die Idee dahinter: Mitarbeiter interagieren völlig anders, wenn auch ihr Hörsinn gefordert wird. So könnten Anweisungen mithilfe der umfassenden Watson Text-to-Speech-Funktion direkt gegeben werden, während die Sensoren gleichzeitig das Wohlbefinden des Mitarbeiters im Blick haben. Insbesondere an sechs Einsatzszenerien wird derzeit geforscht: Sicherheit der Angestellten, gesprochene Anleitungen, smarte Benachrichtigungen der Angestellten, Team-Kommunikation, Analyse und Verbesserung der zu leistenden Arbeit und biometrische Identifikation.
Kühlschrank, Trockner und Waschmaschine denken mit
Dank kognitiver Technik können „intelligente“ Weißwaren-Geräte nützliche Dienstleitungen bieten und so den Nutzern kräftig unter die Arme greifen. Der amerikanische Hausgerätehersteller Whirlpool lässt seine Geräte miteinander und auch mit den Nutzern kommunizieren, um etwa das optimale Trocknerprogramm für die gerade in der Waschmaschine befindlichen Textilien zu ermitteln oder Waschmittel rechtzeitig nachbestellen zu lassen. Das soll Zeit sparen helfen und dank exakter Berechnungen mittels kognitiver Watson-Technik soll auch der Energieverbrauch reduziert werden. Nicht zuletzt profitieren auch die Ingenieure bei der Weiterentwicklung der Geräte, da sie Feedback direkt von den Maschinen erhalten.
Diese IoT-Technik ist von den hier genannten Beispielen die bereits am weitesten verbreitete. So hat beispielsweise auch Bosch vernetzte, intelligente Hausgeräte im Angebot. Bald kommen die ersten Hausgeräte von Bosch auf den Markt, die für die hauseigene Heimvernetzungsplattform ausgestattet sind. So kann mit einem Tablet auf eine große Rezepte-Datenbank in der Home-Connect-App von Bosch zugegriffen werden, wobei die korrekten Kocheinstellungen direkt an den Herd gesendet werden. Dies ist einerseits sehr praktisch, andererseits ist die Lernkurve etwas höher als bei herkömmlichen Hausgeräten. Mitunter ist eine kleine Einschulung in die umfassenden Funktionen bei der Lieferung der Geräte keine schlechte Idee. Ein Vorteil von Bosch ist, dass man die benötigten Sensoren selbst herstellt.
In Podiumsdiskussionen wurde der Nutzen dieser vernetzten, schönen Welt auf der IFA durchaus kritisch betrachtet. „Wozu soll man den Kühlschrank mit dem Internet verbinden?“, fragt beispielsweise Reto Wettach, Professor für Physical Interaction Design an der Fachhochschule Potsdam. „Es geht darum, herauszufinden, was die Menschen wirklich brauchen.“ Beim Design ginge es um viel mehr, als nur um das Aussehen des Produktes: Design könne Erlebnisse kreieren, wie beispielsweise bei dem Videospiel Pokémon Go. Mit der Verbreitung digitaler Technologien könnten Benutzer außerdem immer mehr mitbestimmen, wo und wofür digitale Produkte eingesetzt würden. „Das ist eine sehr interessante Zeit für Designer und hält viele Möglichkeiten für Unternehmen bereit“, zieht Professor Reto Wettach ein positives Resümee.

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