Vollständige Digitalisierung

Um Wettbewerbsvorteile zu behalten und auszubauen, braucht es meist die vollständige Digitalisierung von Geschäftsprozessen. FAW bietet dazu ein umfassendes Leistungsportfolio. Die COMPUTERWELT sprach mit dem FAW-CTO Daniel Jabornig. [...]

Was unterscheidet FAW im Bereich ECM und BPM vom Mitbewerb? Wo liegen Ihre Vorzüge?
Zentraler Teil unseres Leistungsportfolios ist die „Alfresco Digital Business Platform“, die ECM und BPM auf offener Plattform flexibel und dennoch hochintegrierbar vereint. Gepaart mit unserer Erfahrung bei der Umsetzung von Service-orientierten Architekturen, Microservices und Big-Data-Infrastrukturen für große Organisationen im öffentlichen Bereich, im Banken- und Versicherungswesen und in der Energiewirtschaft haben wir das ideale Rüstzeug, ECM und BPM erfolgreich als zentrales Services im Unternehmen einzuführen.

Unser Knowhow und dieser Ansatz sind meines Erachtens wesentlich, da ECM und BPM immer zentrale Services sind, die in der Regel mit vielen anderen Systemen interagieren müssen. Ich denke, es gibt derzeit wenig Anbieter am Markt, die bei der Umsetzung von ECM/BPM gemeinsam mit ihren Kunden eine Architektur entwickeln, die eine service-orientierte, lose Kopplung der verschiedenen Unternehmensanwendungen und Umsysteme in den Vordergrund stellt, um Punkt-zu-Punkt-Verbindungen zu vermeiden und damit eine spätere Ablöse von Bestandssystemen, die aber heute in neue digitale Geschäftsprozesse als Services einzubinden sind, zu erleichtern. Unser Ansatz ist eben eher plattform- und servicegetrieben, während der Mitbewerb häufig produktgetrieben agiert. Unsere Kunden bevorzugen Ersteres und das hat uns bei dem einen oder anderen Vergabeverfahren auch letztendlich den entscheidenden Vorteil gebracht.

Digitalisierung der Unternehmen ist in aller Munde. Was sind die ECM- und BPM-Anforderungen an eine Plattform, um Geschäftsprozesse vollständig zu digitalisieren?
ECM und BPM arbeiten bei der vollständigen Digitalisierung von Geschäftsprozessen meist Hand in Hand, was aber nicht heißt, dass beide unbedingt vom selben Hersteller stammen und beide Komponenten in einem Produkt vereint sein müssen. Viel wichtiger ist die Frage, was ECM und BPM als Plattformen für sich betrachtet bieten, welche Services und Tools sie zur Verfügung stellen, wie skalierbar sie sind, welche etablierten Standards sie unterstützen, wie offen sie für Integrationen sind und wie gut sie sich in eine bestehende IT-Infrastruktur einbetten lassen. Man kann auf der Plattform „Alfresco Process Services“ auch Geschäftsprozesse digitalisieren, ohne die ECM-Plattform von Alfresco zu verwenden. Wenn eine alternative ECM-Lösung ihre Dienste über offene Schnittstellen als Services anbietet, ist das überhaupt kein Problem. Dass ECM und BPM aus dem Hause Alfresco diese Anforderungen beide erfüllen, ist natürlich selbstredend, da beiden der Plattform-Gedanke zugrunde liegt.

Offenheit spielt aber nicht nur bei der Integration von Funktionen und Daten bestehender Systeme eine Rolle, sondern auch dabei, inwieweit die Digitalisierungsplattform die Anforderungen bestimmter Querschnittfunktionen im Unternehmen wie zum Beispiel Controlling oder Qualitätsmanagement abdeckt. Wie komfortabel können Metadaten oder Prozessmetriken in das hauseigene BI-System angedockt werden? Wie schnell können Audit-Trail-Daten und Logs mit ansprechenden Kibana-Dashboards visualisiert werden, wenn man das so möchte?

Unstrukturierte Daten und Metadaten sind wichtig, doch damit sie einen Nutzen bringen, müssen sie zugänglich und richtig aufbereitet sein. Was hat FAW Kunden hier zu bieten – Stichwort „Intelligent Capture“?
Der Trend geht klar in Richtung elektronischer Übermittlung von Dokumenten inklusive der relevanten Metadaten, die dann in der Regel regelbasierte Verarbeitungen anstoßen und digitale Workflows auslösen oder steuern. Die Kunden erwarten sich, dass die Digitalisierung von Dokumenten nahezu vollständig automatisiert und mit möglichst wenig manueller Nachbearbeitung erfolgt, auch bei hunderten unterschiedlichen Dokumentarten und -formaten, die nicht selten in mehreren Sprachen vorliegen. Ein erfolgsversprechender Ansatz dafür sind Lösungen, die über ausgereifte Machine-Learning-Funktionen verfügen und durch Lernen permanent besser darin werden, Dokumente zu klassifizieren und Dokumentinhalte und -metadaten korrekt zu erkennen.

Wir setzen jedenfalls stark auf die Transact-Plattform von Ephesoft, mit denen wir gerade eine Partnerschaft besiegelt haben. Unser erstes gemeinsames Projekt findet in Alaska statt, wo wir das Department of Natural Resources bei der Klassifikation von einer Million Dokumenten und bei der Digitalisierung von 1.500 neuen Dokumenten pro Tag unterstützen.

Unsere offenen Plattformen erlauben selbstverständlich die Anbindung beliebiger Scanservices. Bei einem anderen Kunden im öffentlichen Bereich, bei dem wir das gesamte Eingangsrechnungsmanagement erfolgreich digitalisiert haben, läuft das Inputmanagement dann eben über Scanpoint von der Österreichischen Post AG.

Die Digitalisierung erfolgt nicht aus der Luft, Legacy-Systeme müssen berücksichtigt werden. Wie werden Bestandsysteme optimal eingebunden, insbesondere wenn geplant ist, diese in Zukunft abzulösen?
Wenn man beginnt, wesentliche Kernprozesse eines Unternehmens oder einer Organisation mit ECM und BPM zu digitalisieren, geht das erstens nicht von heute auf morgen und selbstverständlich sind immer Funktionen und Daten von Bestandssystemen zu integrieren. In einem laufenden Digitalisierungsprojekt haben wir es zum Beispiel mit sechs unterschiedlichen Bestandssystemen zu tun, die aktuell das „Betriebssystem“ dieser Organisation ausmachen. Und es ist geplant, einige davon mittelfristig abzulösen, weil deren Funktionalität und Datenhaltung vollständig von der neuen digitalen ECM/BPM-Plattform übernommen wird. Einige Systeme werden weiterlaufen, vielleicht wird aber auch das eine oder andere durch ein neues System ersetzt.

Wenn Sie auf einer Service-orientierten Architektur aufbauen und für alle Dienste, die sie von Bestandssystemen brauchen, Services definieren, stehen diese unternehmensweit allen anderen Anwendungen zur Verfügung. So auch der neuen Digitalisierungsplattform, die diese Services transparent und ohne Wissen über deren konkrete Implementierung einfach nutzt. Ändert sich bei Bestandssystemen etwas, brauchen lediglich die Services adaptiert werden, nicht jedoch die Workflow-Implementierungen.

Da ECM und BPM ihrerseits wieder als unternehmensweite Services betrachtet werden können, die anderen Systemen zur Verfügung stehen, ist das Vorhandensein weltweit etablierter offener Standards eigentlich ein Muss. Als Beispiel ist CMIS (Content Management Interoperability Services) zu nennen, bei dem Alfresco auch federführend mitgewirkt hat.

Dass Security nicht nur ein Kostenfaktor ist, sondern in der IT-Welt unabdingbar ist, dürfte mittlerweile überall angekommen sein. Wie können externe Arbeitskräfte sicher in den Arbeitsprozess eingebunden werden?

Bei vielen digitalen Geschäftsprozessen müssen einzelne Aufgaben von externen Beteiligten durchgeführt werden, etwa von Kunden, Lieferanten, Beratern oder Drittleistern. Eine wichtige Anforderung ist hier sehr oft, diesen Prozessbeteiligten lediglich die für die Bearbeitung einer konkreten Aufgabe notwendige Inhalte zur Verfügung zu stellen und das auch nur für die Dauer, die die Erledigung dieser Aufgabe erfordert. Mit der Alfresco-Plattform haben wir die Möglichkeit, sogenannte Hybrid-Workflows zu realisieren. Dabei werden einzelne Workflow-Tasks samt relevanter Dokumente vom internen System auf ein extern verfügbares System in der DMZ oder – seltener angefordert – in die Alfresco-Cloud repliziert. Sobald der entsprechende Workflow-Task abgeschlossen ist, wird alles vom externen System wieder vollständig entfernt. Es werden also immer nur ganz bestimmte Inhalte für einen exakt begrenzten Zeitraum nach außen freigegeben. Wichtig ist dabei ferner, dass auch zentral gesteuert werden kann, welche Inhalte überhaupt extern bereitgestellt werden dürfen. Wir lösen das meist mit Sicherheitsklassifizierungen, die regelbasiert und somit automatisch für digitale Inhalte vergeben werden können.

Welche Rolle spielt die Möglichkeit der digitalen Signatur bei ihren Kunden?
Ein vollständig digitalisierter Geschäftsprozess, bei dem Dokumente generiert werden, die rechtsgültig gezeichnet werden müssen, bedingt natürlich die Möglichkeit einer digitalen Signatur. Meistens integrieren wir die qualifizierte elektronische Signatur, die eine handschriftliche Unterschrift rechtlich vollständig ersetzt. Auch die Amtssignatur als fortgeschrittene elektronische Signatur ist oft Thema bei uns.

Für die qualifizierte elektronische Signatur empfehlen wir unseren Kunden regelmäßig die Signaturbox von A-Trust, die als versiegelte Inhouse-Appliance das Signaturservice intern bereitstellt. Integriert über Webservice-Schnittstellen in die digitalen Workflows können die Anwender einfach und bequem via Smartphone signieren.

An welchen Projekten arbeiten Sie gerade und was sind die Herausforderungen? Auf die Umsetzung welchen Projektes sind sie besonders stolz und warum?

Neben einigen größeren Digitalisierungsprojekten im Umfeld von ECM/BPM & Collaboration arbeiten wir zurzeit auch an Kundenprojekten, bei denen es um den Aufbau und den Betrieb von leistungsfähigen Big-Data-Architekturen geht und an Entwicklungen, wo neben unserer softwaretechnischen Expertise auch unser langjähriges Branchen-Knowhow gefragt ist, etwa bei Speziallösungen für die Energiewirtschaft oder im Bereich Banking-Middleware und Banking-Portale. Daneben sind wir noch in zwei kooperative Forschungsvorhaben involviert, wo wir unser Knowhow im Bereich Big Data Analytics einbringen und auch erweitern.

Die Herausforderung, die es dabei immer zu meistern gilt, ist, dem Kunden und seinen Anwendern eine Lösung zu liefern, die perfekt läuft, skaliert, mit zukunftstauglichen Technologien realisiert ist und mit der die Anwender schlichtweg gerne arbeiten.

Besonders stolz sind wir darauf, dass wir – gemeinsam mit unserem Wiener Partner joyn-it – die Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) digitalisieren dürfen. Die erste Projektphase wurde nach rasanten zehn Monaten Durchlaufzeit per Ende Jänner 2017 abgeschlossen und produktiv gestellt. Seitdem läuft sowohl das gesamte Eingangsrechnungsmanagement als auch das komplette Beschaffungswesen der FFG auf der Alfresco Digital Business Platform vollständig digital. Und stolz sind wir natürlich auch darauf, dass wir mit dem State of Alaska/Department of Natural Resources nun endlich den ersten Kunden in den Staaten haben.

Ist die Ansiedlung Ihres Betriebs in Hagenberg hilfreich und falls ja inwiefern?
Als Hagenberger Urgestein sind wir natürlich mit dem Softwarepark Hagenberg, wohl einer der wichtigsten und bekanntesten IT-Standorte Österreichs, fest verwurzelt. Wir profitieren sowohl von der Präsenz Fachhochschule als auch von der Nähe zur JKU. Beide sind hervorragende Ausbildungseinrichtungen für die „Digital Business Engineers“ von morgen.


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