Vom Einzelkämpfer zum Big-Data-Berater

Ein Datenbank-Administrator kümmert sich um Stabilität, Sicherheit, Performance und laufende Verbesserung aller Datenbanken. Wir haben drei Datenbank-Experten dazu befragt, welche Qualifikationen ein Admin heute benötigt und wohin der Trend geht. [...]

Datenbanken sind heute in allen Unternehmen ein wichtiger Bestandteil der IT-Infrastruktur. Angesichts der Komplexität von Big-Data-Anforderungen und immer ausgefalleneren Sicherheits-Bedrohungen wachsen nun aber auch die Anforderungen an Datenbankadministratoren. Neben der Konzeption des logischen und physischen Datenbank-Schematas umfasst dies auch die Benutzer- und Sicherheitsadministration, um Daten vor unbefugtem Zugriff oder Veränderung zu schützen. Weiters die Installation und das Upgrade von Datenbanken, sowie die Sicherung und Wiederherstellung von Daten. Andere Tätigkeiten umfassen Reorganisation und Verifikation von Daten (Daten-Integrität), Monitoring der Performance sowie Tuning, Auditing, und gelegentlich auch der Massenimport von Daten.

Der Bedarf an Datenbank-Administratoren ist laut einer Analyse von Markus Baldauf, IT-Headhunter und Autor des quartalsweise erscheinenden IT-Indikator, seit 2003 kontinuierlich gestiegen. „In den Jahren 2009 bis 2011 konnten wir zwar einen leichten Rückgang am IT-Jobmarkt feststellen, dieser ist jedoch bereits überwunden und wir hatten 2012 ein All-Time-High bei den offenen Stellen im Datenbankbereich“, so Baldauf. Im Jahr 2012 wurden insgesamt 953 Datenbank-Administratoren in Österreich gesucht. Obwohl im Q3/2013 der Jobmarkt etwas zurückgegangen ist, sieht Baldauf dies nur als eine kurzfristige Entwicklung. Langfristig steht für ihn der Trend fest: Mehr offene Stellen und weniger Datenbank-Spezialisten am Markt.

STELLENMARKT-TREND ENTWICKELT SICH POSITIV
Laut Harald Kapper, Geschäftsführer des österreichischen Internet Providers Kapper.net, der rund 9.000 Kunden betreut, besteht der größte Bedarf derzeit an My­SQL und PostgreSQL-Fachleuten – weil diese Systeme auch zu den am meisten eingesetzten im Bereich von Web-Datenbanken gehören. „Einer unserer größten Housing-Kunden befasst sich mehr oder minder täglich mit seinem MySQL-Cluster und sucht Optimierungs-Möglichkeiten – allerdings ist der Administrator oft systembedingt auf die Entwickler angewiesen. Die Internet-Apps leben wesentlich vom Know-how der Entwickler im Umgang mit ihren Datenbank-Systemen“, so Kapper. Selbst bei großen Systemen sehe man oft haarsträubende Fehler der Datenbank-Admins. Hier würde am Testsystem entwickelt, aber oft auf Wichtiges vergessen. „Wenn dann im Livesystem 80.000 Händler auf ein Gewinnspiel zugreifen, steht das System. Und gefehlt hat am Ende das Verständnis des Entwicklers für so simple Dinge wie Indizes auf Tabellen.“

Im Unternehmensbereich hingegen finde man hauptsächlich Oracle und Microsoft SQL. Bei letzterem bewirke der einfache Einstieg allerdings oft ein Fehlen von Qualifikation. „Worst case ist ein IT-Betreuer, der eigentlich den SBS pflegt, SQL-Server installiert und dann davon ausgeht, dass ohnehin alles automatisch so ist wie es sein soll“.

Der Datenbank-Experte Andreas Kopecky sieht den Datenbank-Admin generell in ganz anderem Licht. Kopecky arbeitet derzeit bei radarservices.com als Entwickler und Leiter eines Forschungsprojekts zur Risikoerkennung und Bewertung in IT-Umgebungen. Er unterscheidet nicht zwischen Tätigkeiten eines reinen Datenbank und der Entwicklung von Software, die Datenbanksysteme einbindet. Große Firmen würden diese Bereiche immer noch trennen, in seiner Praxis sei das aber noch nicht vorgekommen.

CHANCEN FÜR ADMINS IM UPSCALING-UMFELD
Die größte Chance aus Sicht von Kapper hätten Datenbank-Admins im Upscaling-Umfeld, wo MySQL & Co. an die Grenzen stoßen würden. Derartige Projekte würden oft am Entwicklerteam scheitern, wenn man mit non-MySQL-Dialekten nicht umgehen könne oder kein Datenbank-Abstraction-Layer in die Applikation integriert werde. Ein guter Datenbank-Admin könnte sich hier schon bei der Planung der Datenbank als Dienstleister positionieren. Wenn er den Kunden bei Entwicklungsschritten beraten und so mittelfristig vor gravierenden Problem bewahren könne, ließe sich der Mehrwert dieser zusätzlichen Aufwände und Kosten auch leicht begründen.

Laut Kopecky sei der Bedarf an Datenbank-Admins überall gegeben. „Ich kenne keine Software – abseits von kleinen Berechnungsprogrammen – die ohne eine strukturierte Datenspeicherung auskommen. So lange man hier ein Produkt wählt, das auf die Anforderungen passt, ist es ­eigentlich egal, welches Produkt verwendet wird.“ Die Herausforderung für die Admins sei, entweder selbst zu entscheiden oder das Entwickler Team zu beraten, welche Datenbank für ein gegebenes Problem geeignet ist. Open-Source-Lösungen seien heutzutage bereits genau so wertvoll und sinnvoll wie kommerzielle Lösungen. Kopecky verwende seit Jahren Postgres und sei im relationalen Bereich noch auf kein Problem gestoßen, das damit nicht lösbar gewesen wäre.

DATENBANK-ADMINISTRATION IN KOMBINATION MIT BIG DATA
Nicht immer sind relationale Datenbanken das non plus ultra für Datenbank-Admins. Bei großen Usertabellen mache LDAP deutlich mehr Sinn als eine Tabelle mit hunderttausenden Einträgen, meint Kapper.

Auch bezüglich Big Data müsse der Admin heute über seinen Tellerrand schauen, sich über alternative Lösungsideen informieren und diese auch testen. Darüber hinaus sei die Datenmigration in andere Storage-Bereiche zu planen. Dies sieht auch Kopecky so. Ihm zufolge liegt die größte Veränderung im Umfeld des Datenbank-Admins in den immer ­größer werdenden Datenmengen und Anforderungen an die schnelle Durchsuchbarkeit. „Der Wunsch nach Speicherung von – um ein klassisches Buzz-Word zu verwenden – Big Data ist in großen Firmen ungebrochen und führt zu Storage-Lösungen, welche immer schwerer handhabbar werden.“ Im Bereich der Datenbanken mit überschaubaren Datenmengen würden immer mehr Alternativen zu regulären relationalen Datenbanken hinzukommen, etwa NoSQL-Datenbanken. Diese würden aber sehr oft schlecht oder falsch verwendet werden. „Die Herausforderung für Neueinsteiger liegt darin, das richtige Produkt für den eigenen Anwendungsfall zu finden“.

SOFT SKILLS BEI ADMINS IMMER MEHR GEFRAGT

Datenbank-Administration ist ein extrem herausfordernder Job, sind sich die Interviewten Datenbank-Profis einig. Zum einen deshalb, weil das Verständnis für die Notwendigkeiten auf Seiten der Kollegen nicht ausgereift ist. Zum anderen deshalb, weil der Admin genau die Grenzen seiner Datenbank kennen muss, um gewachsene Systeme ­irgendwie am Leben zu halten und langsam zu migrieren. Und letztlich auch weil er andere Datenbank-Systeme kennen müsse um Optionen aufzeigen zu können. Bei all dem solle sich der Datenbank-Admin laut Kapper am besten so verhalten, dass die Entwickler ihn nicht nur als Quälgeist und zusätzlichen Problem- und Kostenfaktor sehen, sondern als langfristigen Retter zur Sicherung der Funktion ihrer Anwendungen.

Auch Markus Baldauf sieht die Anforderungen an Datenbank-Administratoren immer komplexer und breiter werden. Demzufolge würden derzeit vor allem Mitarbeiter gesucht, die neben den klassischen Tätigkeiten als Datenbank-Administrator auch gleichzeitig in der Analyse und im Team arbeiten können. „Immer wichtiger neben den fachlichen Aspekten werden Themen wie Teamfähigkeit, analytisch-logisches Denkvermögen, Genauigkeit und Qualitätsbewusstsein“, so Baldauf. In den letzten Jahren würden auch vermehrt immer wieder Themen wie Kunden-Orientierung und Kommunikationsfähigkeit gefragt.

DIE BESTE AUSBILDUNG IST IMMER NOCH DIE PRAXIS
Alle Datenbank Fachleute sind sich in diesem Punkt einig: Die beste Ausbildung ist die Praxis, und Selbststudium in Form von Büchern. HTL-Abgänger hätten laut Kapper im Schnitt eine bessere Praxis-Erfahrung für den Job als Diplomingenieure von der TU, aber auch dies sei stark von der jeweiligen Person und ihrer Vor-Praxis abhängig. Ihm zufolge würden gerade bei MySQL/PostgreSQL auch die Developer-Konferenzen Sinn machen, weil man dort Leute treffen könne, die sich mit ernsthaften Problemen beschäftigen – in enger Zusammenarbeit mit den Datenbank-Herstellern.

Für Kopecky ist die Frage nach der richtigen Ausbildung überhaupt sehr schwer zu beantworten. Er persönlich habe ein ab­gebrochenes Studium für technische Informatik hinter sich und nie einen Kurs für Datenbank-Administration besucht. Seine Kenntnisse zu Datenbanken entstammen der jahrelangen Verwendung von OpenSource-Lösungen, hauptsächlich Postgres, und dem persönlichen Interesse, darin besser zu werden.

Zudem müsse auch grundlegend unterschieden werden, ob eher allgemeine Kenntnisse über die Funktionsweise eines relationalen Datenbanksystems oder Spezialisierung auf ein bestimmtes Produkt als Ziel der Ausbildung besonders gefragt seien. (kiss)


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