Vom Hype zum Flop in wenigen Jahren

Viele Zukunftsthemen warten wieder auf ihre Reise durch den Hype Cycle – die einen schneller, die anderen langsamer: seien es das Smart Home, holografische Displays, 3D-Bioprinting oder die Software-definierte Welt an sich. [...]

Carbon Nanotubes? Public Virtual Worlds? Context-enriched Services? Complex Event Processing? Alles noch nie gehört? Macht nichts. Jedes Jahr im August erscheint der Heilige Gral der IT-Branche – der „Hype Cycle for Emerging Technologies“ des IT-Analystenhauses Gartner. Er beantwortet drängende Fragen wie: Auf welche Trends muss sich der Markt einstellen? Welche kreativen neuen Wortschöpfungen gibt es? Und vor allem: Welche Buzzwords der Vorjahre sind wieder verschwunden? Die Y-Achse des zum Graphen gehörenden Koordinatensystems zeigt dabei stets den Grad der Erwartungen an einen IT-Trend an, die X-Achse beschreibt dessen produktive Einsatzmöglichkeiten zum Zeitpunkt der Veröffentlichung. Vom „Innovation Trigger“ geht es dabei immer über den „Höhepunkt der überzogenen Erwartungen“, durch das „Tal der Desillusionierung“ hin zum „Hang der Erleuchtung“, bis dann schließlich ab und zu doch noch das „Plateau der Produktivität“ erreicht wird.

Betrachtet man sich die Hype Cycles der vergangenen zehn Jahre, fällt auf, mit welch erstaunlicher Präzision die Analysten die Trends der schnelllebigen IT-Welt vorhergesehen und auch einst sehr marktferne Themen in einen durchaus passenden zeitlichen Kontext gesetzt haben.

Bereits 2005 wurde beispielsweise prognostiziert, dass das Thema „Augmented Reality“ binnen fünf bis zehn Jahren – also spätestens 2015 – seinen Höhepunkt in der öffentlichen Wahrnehmung erreichen werde. Diese Vorhersage trifft tatsächlich zu – marktreif sind zwar erst wenige Produkte, aber gerade in den letzten ein bis zwei Jahren wurde sehr viel über mögliche Geschäftsmodelle geschrieben und gesprochen und Hersteller wie Anwender stürzen sich auf Augmented-Reality-Anwendungen.

Ein anderes Beispiel ist der 3D-Druck, der erstmals im Hype Cycle des Jahres 2007 auftauchte und der demnach bis spätestens 2017 seinen Hype erreichen würde. Oder das Internet-TV, dem die Gartner-Analysten im Jahr 2010 maximal zehn Jahre bis zum Hype-Plateau einräumten.

TRENDKURVE
Einige Trends liegen bereits seit zehn Jahren weit in der Zukunft wie das Quantencomputing, das schon seit 2005 und bis heute mit einer Prognose „rückt erst in mehr als zehn Jahren in den öffentlichen Fokus“ belegt wird. In der Tat ist noch immer nicht absehbar, wann Quantencomputer ein massentaugliches Produkt werden könnten.

Viele interessante Entwicklungen sind erst dann zu beobachten, wenn man die Hype Cycles vieler Jahre direkt hintereinander stellt. So hat der „Tablet PC“ zwischen 2006 und 2010 den Sprung vom Hype in die Produktivität geschafft, was Gartner in den fünf Cycles der entsprechenden Jahre auch entsprechend begleitete. Spätestens mit Apples erster iPad-Generation im Jahr 2010 war das Thema dann kein reiner Hype mehr und flog aus der Kurve (tauchte 2012 in Form der „Media Tablets“ kurz noch einmal auf).

BUZZWORD-BINGO
Die thematischen Trends in den Hype Cycles geben also nur selten Anlass zur Häme – es befinden sich nur wenige Rohrkrepierer darunter. Spannender hingegen sind ihre oft kreativen Gartner-Bezeichnungen, die nicht selten zwar Einzug in den allgemeinen Branchen-Sprachgebrauche finden – ab und an aber auch ziemlich scheitern. Das ist gerade dann der Fall, wenn ein Begriff in einem Jahr aus dem Nichts auftauchte, im darauffolgenden aber direkt wieder unkommentiert verschwand, obwohl seine prognostizierte Lebensdauer dies nicht vermuten ließ.

„Folksonomies“ aus dem Jahr 2006, das laut Gartner-Analysten binnen zwei Jahren ganz groß werden sollte, ist ein gutes Beispiel dafür. Das Thema wurde es auch, es heißt mittlerweile aber doch eher „Social Tagging“. Oder „RSS Enterprise“, 2006 und 2007 als mittelfristig großer Trend ausgerufen, ab 2008 dann wieder verschwunden. Ob sich RSS als Technologie überhaupt in der Breite durchsetzen konnte, ist aus heutiger Sicht mehr als fragwürdig.

Die Aufnahme der „Public Virtual Worlds“ mit dem Vermerk „Durchbruch in zwei bis fünf Jahren“ in die Cycles 2008 und 2009 war wohl zu einem Großteil dem damaligen Hype um die Online-Welt „Second Life“ zu verdanken. 2010 bis 2012 wurde den virtuellen Welten dann ein deutlich langsameres Wachstum zugetraut, seit 2013 steht nun „Virtual Reality“ im Hype Cycle mit einer Prognose von bis zu zehn Jahren bis zu ihrem Durchbruch auf breiter Front. (idg/aw)


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