Vorzeigedisziplin E-Government

E-Government bleibt ein Vorzeigethema in Österreich. Knapp 70 Prozent der Bürger nutzen bereits entsprechende Angebote. Doch zu viel Regelwerk könnte die Entwicklung auch bremsen. [...]

Eine neue Studie (E-Government Monitor 2012) bestätigt die österreichische Vorreiterrolle im Bereich E-Government. Bereits 67 Prozent der Österreicher nutzen die heimischen E-Government-Angebote und rund 80 Prozent sind sogar damit zufrieden. Österreich führt damit gemeinsam mit Schweden (70 Prozent E-Government-Nutzung) die Liste der verglichenen Länder an und liegt vor der Schweiz (58 Prozent), Großbritannien und Deutschland (jeweils 45 Prozent) und den USA (39 Prozent). Vor allem die elektronische Steuererklärung erfreut sich hierzulande besonderer Beliebtheit. Bei den Bürgern der USA zeigt sich dagegen eine gewisse Skepsis, da dort derzeit nur jeder Zweite mit den E-Government-Angeboten zufrieden ist.
Ein entscheidender Faktor, der zur Zufriedenheit bei den Bürgern beiträgt, ist laut den Studienautoren die Nutzungserfahrung. Auch was die politische Beteiligung betrifft, ist das Potenzial in Österreich weit höher als in den Vergleichsländern. So wollen sich 40 Prozent der Befragten in Zukunft auch online an politischen Entscheidungen beteiligen und 45 Prozent sind der Meinung, dass sie in Zukunft gerne Portale mit Daten der Verwaltung nutzen würden. Bereits heute werden Open-Data-Portale in der Schweiz von 30 Prozent der Bürger genutzt, in Österreich sind dies 23 Prozent und in Deutschland 18 Prozent. Neben Open Data gehören persönliche Kontaktaufnahme und Online-Beteiligung zu den wichtigsten Zukunftsfeldern für die Open-Government-Nutzung. Verbesserungspotenzial gibt es jedoch in allen befragten Ländern im Bereich der Durchgängigkeit von elektronischen Angeboten. Dies hängt zum einen mit den fehlenden Möglichkeiten zusammen, alle Verfahrensschritte zu virtualisieren, zum anderen ist es eine Effizienzfrage. Denn solange die Nachfrage noch nicht so groß ist, werden vor allem die weniger oft in Anspruch genommenen Verfahren nicht vollständig online zur Verfügung gestellt werden.
Eine weitere österreichische Erfolgsgeschichte ist das E-Billing. Derzeit bieten rund 20.000 heimische Unternehmen elektronische Rechnungen an. Darunter befinden sich fast alle großen Energielieferanten, Telekom- und Internetfirmen, Onlinedienste und Firmen mit Dauerverträgen.

Rückschritt bei E-Billing befürchtet

Weit über 100 Millionen Rechnungen werden jährlich österreichweit elektronisch ausgestellt. E-Billing bringt neben Portoersparnissen auch weitere Vorteile für Rechnungsleger und -empfänger. So lassen sich etwa Rechnungslegung, -prüfung, -verwaltung effizienter gestalten und weitgehend automatisieren. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2010 soll den Einsatz von E-Billing zusätzlich erleichtern und mit der Papierrechnung völlig gleichstellen. Nun könnte ein Verordnungsentwurf des Bundesministerium für Finanzen (BMF) die Erleichterungen wieder rückgängig machen. »Die Österreicher haben daraus wieder einen Murks gemacht«, sagt Hans Zeger von der ARGE Daten im Gespräch mit der COMPUTERWELT. Elektronische Rechnungen müssten demnach »qualifiziert signiert« werden, was einer eigenhändigen Unterschrift gleichkommt. »Das ist das genaue Gegenteil der EU-Intentionen, die elektronische Rechnungen den Papierrechnungen völlig gleichstellen will. Und Papierrechnungen müssen bekanntermaßen nicht unterschrieben werden«, so Zeger. Österreich lege die Latte damit wieder eine Stufe höher. »In Deutschland hat man sogar rückwirkend den Signaturzwang aufgehoben, das heißt die Latte eine Stufe herunter gelegt.«
Zeger erinnert die BMF-Aktion auffällig an eine vergleichbare Aktion aus 2007. »Damals hatten WKO und BMF gemeinsam versucht den Pseudostandard der WKO zur elektronischen Rechnung (ebInterface) zum verbindlichen E-Billing-Standard für alle österreichischen Unternehmen zu machen und die Unternehmen dazu zu zwingen, elektronische Rechnungen direkt über das Finanzonline-Portal auszustellen. Angenehmer Nebeneffekt für die Finanzbehörden wäre gewesen: Sie hätten in Echtzeit einen Überblick gehabt, welches Unternehmen mit wem Geschäfte macht.« Zeger ist aber optimistisch, dass der Entwurf noch korrigiert wird und sich »Verwechslungen der verschiedenen Techniken und Systeme« eingeschlichen haben. Die ARGE Daten hat jedenfalls eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben und auch einen Korrekturvorschlag zur Verordnung ausgearbeitet. (cb)

Mehr Artikel

Die Teilnehmer des Roundtables (v.l.n.r.): Roswitha Bachbauer (CANCOM Austria), Thomas Boll (Boll Engineering AG), Manfred Weiss (ITWelt.at) und Udo Schneider (Trend Micro). (c) timeline/Rudi Handl
News

Security in der NIS2-Ära

NIS2 ist mehr ein organisatorisches Thema als ein technisches. Und: Von der Richtlinie sind via Lieferketten wesentlich mehr Unternehmen betroffen als ursprünglich geplant, womit das Sicherheitsniveau auf breiter Basis gehoben wird. Beim ITWelt.at Roundtable diskutierten drei IT-Experten und -Expertinnen über die Herausforderungen und Chancen von NIS2. […]

Christoph Mutz, Senior Product Marketing Manager, AME, Western Digital (c) AME Western Digital
Interview

Speicherlösungen für Autos von morgen

Autos sind fahrende Computer. Sie werden immer intelligenter und generieren dabei jede Menge Daten. Damit gewinnen auch hochwertige Speicherlösungen im Fahrzeug an Bedeutung. Christoph Mutz von Western Digital verrät im Interview, welche Speicherherausforderungen auf Autohersteller und -zulieferer zukommen. […]

Andreas Schoder ist Leiter Cloud & Managend Services bei next layer, Alexandros Osyos ist Senior Produkt Manager bei next layer. (c) next layer
Interview

Fokus auf österreichische Kunden

Der österreichische Backup-Experte next layer bietet umfassendes Cloud-Backup in seinen Wiener Rechenzentren. Im Interview mit ITWelt.at erläutern Andreas Schoder, Leiter Cloud & Managed Services, und Alexandros Osyos, Senior Produkt Manager, worauf Unternehmen beim Backup achten müssen und welche Produkte und Dienstleistungen next layer bietet. […]

Miro Mitrovic ist Area Vice President für die DACH-Region bei Proofpoint.(c) Proofpoint
Kommentar

Die Achillesferse der Cybersicherheit

Eine immer größere Abhängigkeit von Cloud-Technologien, eine massenhaft mobil arbeitende Belegschaft und große Mengen von Cyberangreifern mit KI-Technologien haben im abgelaufenen Jahr einen wahrhaften Sturm aufziehen lassen, dem sich CISOS ausgesetzt sehen. Eine große Schwachstelle ist dabei der Mensch, meint Miro Mitrovic, Area Vice President DACH bei Proofpoint. […]

Alexander Graf ist Geschäftsführer der Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH. (c) Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH
Interview

Absicherung kritischer Infrastrukturen

NIS2 steht vor der Tür – höchste Zeit, entsprechende Maßnahmen auch im Bereich der Operational Technology (OT) zu ergreifen. »Wenn man OT SIEM richtig nutzt, sichert es kritische Infrastrukturen verlässlich ab«, sagt Alexander Graf, Experte für OT-Security (COSP) und Geschäftsführer der Antares-NetlogiX Netzwerkberatung GmbH, im ITWelt.at-Interview. […]

Brian Wrozek, Principal Analyst bei Forrester (c) Forrester
Interview

Cybersicherheit in der Ära von KI und Cloud

Die Bedrohungslandschaft im Bereich der Cybersicherheit hat sich zu einer unbeständigen Mischung von Bedrohungen entwickelt, die durch zunehmende Unsicherheit und steigende Komplexität bedingt ist. Zu diesem Schluss kommt der Report »Top Cyber-security Threats In 2024« von Forrester. ITWelt.at hat dazu mit Studienautor Brian Wrozek ein Interview geführt. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*