Kommt er, oder kommt er doch nicht, der Chief Digital Officer? Während manche glauben, die Digitalisierung mache ihn notwendig, urteilen andere, dass es ihn niemals geben wird – und wenn, dann nur auf Zeit. [...]
Schon im letzten Jahr haben wir uns an dieser Stelle im IT-Macher mit dem CDO beschäftigt – gemeint ist in diesem Fall natürlich der Chief Digital Officer, und nicht etwa der Chief Data Officer oder der Chief Development Officer, die sich alle dasselbe Akronym teilen. Seitdem ist die digitale Transformation für viele Unternehmen zu einem noch dringlicheren Thema geworden, als sie es zuvor ohnehin schon war.
Laut der Studie „Digitale Agenda 2020“ von CSC zum Beispiel hat die digitale Transformation für 68 Prozent der Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz den Wettbewerb bereits verändert. Rund jede fünfte Firma rechnet als Folge davon bis 2020 mit einer neuen Marktlage. Die Planung läuft derweil auf Hochtouren: 39 Prozent der Unternehmen haben bereits eine „Digitale Agenda“ für den eigenen Betrieb aufgestellt – knapp jedes Dritte will bis Mitte oder Ende nächsten Jahres nachziehen. Größte Stolpersteine für die Umsetzung sind den Angaben zufolge ein Mangel an Fachkräften, Finanzierungslücken sowie Mängel bei der Aus- und Weiterbildung. In Österreich bemängelt laut der Studie außerdem knapp jeder Dritte einen Anbietermangel, um in den digitalen Prozess kostengünstig einsteigen zu können.
INTERPRETATIONS-SPIELRAUM BEIM CDO
Oft gehört zu der Digitalisierungs-Strategie auch der Wunsch nach jemandem im Unternehmen, der sich mit so etwas auskennt – einem Chief Digital Officer eben. Doch die Definition des CDO ist nicht ganz trennscharf und wird gerne auch einmal großzügig interpretiert. Alexander Wink, Senior Client Partner beim Personalberater Korn Ferry, kämpft beispielsweise nicht nur mit der Knappheit geeigneter Fachleute, sondern auch dem schwammigen Nachfrageverhalten mancher Kunden. „Das Bild eines Chief Digital Officers ist noch wenig ausgereift. Mandanten haben da häufig sehr unterschiedliche Vorstellungen“, erklärt Wink. Und so hören seine Kollegen und er dann schon einmal Sätze wie: „Wir brauchen jemanden von Google“ oder „Wir brauchen jemanden von Amazon“. Auf Nachfragen zeige sich schnell, dass aufgrund bisher fehlender Erfahrung nicht genau definiert wird, wer nun eigentlich für welche Aufgabe gesucht wird – mit Folgen für die Besetzung der Position. „Das Risiko einer Fehlbesetzung, die das Unternehmen schnell wieder verlässt, ist in diesem Themenfeld enorm“, seufzt er. „Darum machen wir es bei unseren Besetzungen zur Voraussetzung, im ersten Schritt das genaue Themen- und Aufgabenspektrum eines CDO herauszuarbeiten, auf dieser Basis das Anforderungsprofil zu definieren und erst dann eine zielgerichtete Suche zu beginnen.“
- „Der CDO wird heute als eine Art Brücke zwischen Technologie und Marketing- Abteilung gesehen.“
Günther Strenn, seines Zeichens Geschäftsführer des Personaldienstleisters- und Beratungsunternehmens USG Professionals Österreich, definiert den CDO beispielsweise als „das neue Bindeglied, das IT und Marketing miteinander vereint“. Strenn, der 2014 bereits erste CDO-Positionen auf dem österreichischen Markt besetzt hat, sagt: „Der CDO bringt strategischen Input mit Verständnis für beide Seiten und einem Gefühl für die Bedürfnisse der Kunden.“ Besonders für Unternehmen der Old Economy, in der die Vorstände oft noch kurzfristig orientiert sind, sei ein CDO mit seinen Digitalkompetenzen und Markt-Knowhow unentbehrlich geworden, um die gesamte Organisation „behutsam in das digitale Zeitalter zu führen“. „Der CDO wird heute als eine Art Brücke zwischen der Technologie und Marketing- Abteilung gesehen. Der perfekte Kandidat muss neben gutem technischen Knowhow, jahrelanger Erfahrung und Markt- sowie Kundenorientierung noch eine Reihe weiterer Faktoren mit sich bringen. So wird der CDO oft als Freigeist gesehen, der mit Forschergeist, gedanklicher Flexibilität, dem richtigen Spirit, Mut, Überzeugungskraft und natürlich Datenverständnis an die Sache herangeht. Er muss gewillt sein, zu experimentieren, zu scheitern und weiterzumachen. Denn der CDO begrüßt Daten-basiertes Experimentieren, passt sich schnell an und trifft iterative Entscheidungen. Er muss in der Lage sein, sich schnell orientieren zu können – unabhängig von der Abteilung oder Funktion, Kunden oder Produkt. Das bedeutet, er muss sich in verschiedenen Fachsprachen verständigen können, um zu simplifizieren, was nach komplizierter Technologie klingt. Vor allem aber fordert diese Position Überzeugung, Anpassungsfähigkeit und visionäre Führung.“
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