Kommt er, oder kommt er doch nicht, der Chief Digital Officer? Während manche glauben, die Digitalisierung mache ihn notwendig, urteilen andere, dass es ihn niemals geben wird – und wenn, dann nur auf Zeit. [...]
Mehr als zwei Drittel (68 Prozent) aller CDO stehen in der internen Hierarchie auf Vorstands- oder Direktorenebene. In über einem Viertel (27 Prozent) der Unternehmen entsprechen die Positionen der CDO jedoch nur der eines Abteilungsleiters. „Telekomunternehmen sind gut beraten, ihrem Chief Digital Officer die Kompetenzen und Entscheidungsfreiräume zu geben, die sie für ihre Arbeit benötigen. Für Unternehmen in diesem hochdynamischen Marktumfeld entscheidet der Digitalisierungsprozess schließlich über zukünftigen Erfolg oder Misserfolg“, so Klaus Hölbling weiter. „Nur einem CDO mit weitreichenden Befugnissen wird es gelingen, überkommene Organisationsstrukturen, erstarrte Prozesse und IT-Altlasten zu entsorgen und den Kunden beim Digitalisierungsprozess in den Mittelpunkt zu stellen.“
JOB MIT ABLAUFDATUM?
Trotz alledem ist man nicht allerorten von dem Konzept eines Chief Digital Officer überzeugt. Vielfach hört man auch die Meinung, dass die Aufgaben eines CDO doch eigentlich Sache des CIO seien. Forrester-Chef George Colony bezeichnete den CDO beispielsweise vergangenen Sommer am Rande des „Forum for Technology Leaders“ in Lissabon als eine „kurzfristige Randerscheinung“. (Siehe dazu auch Seite 16). Das Hauptmanko sei die Konkurrenz, in die der CDO zwangsläufig gerät: Er steht zwischen CIO und Chief Marketing Officer (CMO) und wird von beiden als existenzbedrohend wahrgenommen. Grundsätzlich hält Colony wenig davon, sich immer neue Positionen auszudenken. „Eine schlechte Idee“ sei auch der Chief Technology Marketing Officer, den einige Unternehmen bereits installiert haben. In den meisten Fällen mangele es diesen Managern an Technikverständnis, kritisiert Colony. Für ihn ist die Sache klar: Der CIO muss das Steuer übernehmen, wenn auch im Verein mit dem CMO.
- „Die Position des CDO wird in keinem Unternehmen überleben.“
Und auch der eine oder andere CDO versieht sich selbst mit einem Ablaufdatum. Die These von Stefanie Waehlert, die als CDO die „Digital Journey“ von TUI Deutschland seit mittlerweile knapp zwei Jahren verantwortet, spricht vom CDO ebenfalls als „temporäre Erscheinung“. Binnen fünf Jahren sollte er ihrer Meinung nach – in enger Zusammenarbeit mit dem CIO – das Unternehmen auf Spur gebracht haben. Zumindest in den ersten vier, fünf Jahren einer digitalen Transformation brauche ein Unternehmen jedoch sowohl den Chief Digital Officer als auch den CIO, erklärt Waehlert.
DÜMMSTER TREND 2015
Besonders pointiert auf den Punkt gebracht hat die Meinung der „CDO-Gegner“ Horst Ellermann, der Chefredakteur unseres Schwestermagazins CIO, in seinem Kommentar „Dümmster Trend 2015: Der CDO soll‘s richten“. Darin schreibt er: „Digitalisierung lässt sich nicht wegdelegieren, schon gar nicht an CDOs auf Stabsstellen. Wenn Unternehmenslenker aus den besonders betroffenen Branchen Auto, Banken, Handel, Transport und Versicherungen nicht realisieren, dass ihre Geschäftsmodelle bröckeln, helfen keine Beauftragten“, und weiter: „Die Position des CDO wird in keinem Unternehmen überleben, genauso wenig wie die E-Business-Beauftragten, die rund um das Jahr 2000 für neuen Schwung sorgen sollten. Keiner davon konnte sich halten.“ Ob Ellermann recht behält, werden wir in ein paar Jahren sehen. (idg/rnf)
Dieser Artikel stammt aus dem COMPUTERWELT-Magazin „IT-Macher 2015“. Premium-Leser können dieses und viele weitere Magazine hier kostenlos lesen.
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