Was können und sollen Smart Citys

Erstmals findet die Urban Future Global Conference (UFGC) in Wien statt. Gründer Gerald Babel-Sutter geht der Frage nach, ob die Digitalisierung das Allheilmittel für alle Herausforderungen der Smart City ist und nennt Beispiele gelungener Umsetzungen. [...]

Gerald Babel-Sutter hat 2014 die UFGC ins Leben gerufen. (c) Lupi Spuma
Gerald Babel-Sutter hat 2014 die UFGC ins Leben gerufen. (c) Lupi Spuma

Vom 28. Februar bis 2. März 2018 findet die URBAN FUTURE Global Conference, Europas größter Konferenz für nachhaltige Städte, erstmals in Wien statt. Von den 7,6 Milliarden Menschen auf der Erde lebt ungefähr die Hälfte in Städten. Laut UN-Prognose wird die Weltbevölkerung bis 2050 auf 9,8 Mrd. Menschen ansteigen, wovon 75 Prozent – also rund 7,35 Mrd. Menschen – in urbanen Zentren leben werden. Schon jetzt findet rund um den Globus eine gigantische Wanderungsbewegung in Richtung Metropolen statt: täglich sind es rund 220.000 Menschen, die dem vermeintlichen Lockruf der Städte folgen.

Die wichtigsten Bereiche, in denen Stellhebel umgelegt werden müssen, sind bekannt: Mobilität, Energieversorgung, die öffentlichen Verwaltungen und der Umgang mit Ressourcen. Aber welche konkreten Lösungen und Strukturen braucht es, um die vielbeschworene „Smart City“ – also die intelligente Stadt – Realität werden zu lassen? Mittlerweile hat man den Eindruck, dass die Digitalisierung und die mit ihr einhergehenden Lösungen reflexartig als Lösung für alle Herausforderungen in Stellung gebracht wird, ob in Städten oder generell in unserer Gesellschaft. Doch kein Trend ohne Gegentrend: mehr und mehr Städteverantwortliche und Zukunftsforscher erkennen die Risiken, die rein technikfokussierte Smart-City-Ansätze und die mangelnde Auseinandersetzung mit den sozialen Aspekten einer Stadt mit sich bringen.

Sie erkennen, dass digitale Tools und Techniken nur die Voraussetzungen dafür schaffen, dass eine Stadt nachhaltiger werden kann. Wichtige Fragen im Zuge der Auseinandersetzung mit der Digitalisierung sind: Haben wirklich alle Bürgerinnen und Bürger den gleichen Zugang zu den digitalen Angeboten der Stadt oder bleiben sozial Schwächere auf der Strecke? Wie kann ich mit den Bewohnern der Stadt in einen Dialog treten, aus dem ich wertvolle Impulse für eine nachhaltige Weiterentwicklung gewinnen kann? Und nicht zuletzt: Welchen Beitrag kann ich leisten, damit meine Bürger nicht nur ihre Einstellung, sondern auch ihr Verhalten ändern und sich aktiv für eine nachhaltige Stadt einsetzen?

Versteckte Fallstricke

Welche Fallstricke beim Einsatz neuer technischer Services manchmal lauern, wenn diese nicht mit einer gleichzeitigen Veränderung des menschlichen Verhaltens einhergehen, zeigen Erfahrungswerte bei der Einführung der City-Maut in London und Stockholm. Wurde in beiden Städten unmittelbar nach Inkrafttreten der Abgabe ein deutlicher Rückgang des PKW-Verkehrs registriert (um bis zu 30 Prozent), so pendelte sich die Verkehrsreduktion nach zwei Preiserhöhungen in London inzwischen bei minus zehn Prozent im Vergleich zu 2003 ein. „Transport for London“ stellte 2014 in einem Argumentarium zur dritten Erhöhung der Maut fest, dass allen Maßnahmen zum Trotz Staus im Maut-Gebiet nicht weniger geworden wären. Auch in Stockholm setzen Kommunalpolitiker auf steigende Abgaben als zentralen Lenkungsfaktor. Wobei in beiden Städten der prinzipielle Erfolg ohne den Ausbau des öffentlichen Verkehrs und der Ausweitung der Angebote nicht möglich wäre. Zum Beispiel indem multimodale Mobilität forciert wird. Am einfachsten mittels einer eigenen App, wie sie zusehends in Metropolen angeboten wird. Fazit: Die digitale Transformation muss die Menschen in den Mittelpunkt stellen.

Gelungene Smart-City-Projekte

Barcelona: Barcelona zeigt anderen europäischen Städten gerade vor, wie man digitale Anwendungen nützen kann, um die Effizienz der Stadtverwaltung zu verbessern. Mittels Microsoft-Cloud-Lösungen hat die katalanische Metropole ihre kommunalen Infrastrukturen intelligent miteinander vernetzt, wodurch die Reaktionszeiten der Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr deutlich reduziert wurden. Darüber hinaus setzt Barcelona heute stark auf eine partizipative und bürgernahe Digitalstrategie. Federführend ist dabei Francesca Bria, Chief Technology and Digital Innovation Officer der Stadt. Sie setzte sich erfolgreich dafür ein, dass Daten aus der Verwaltung Bürgerinnen und Bürgern frei zugänglich gemacht werden. Von diesem Open-Government-Ansatz profitiert nicht nur die Bevölkerung, sondern auch lokale Unternehmen: Etliche Startups nutzen das Datenmaterial als Basis für die Entwicklung von neuen Applikationen für die Smart City.
 
Athen: Die griechische Hauptstadt geht noch einen Schritt weiter, indem die Einwohner hier bei verschiedenen Projekten direkt mit der Stadtverwaltung zusammenarbeiten. Im Rahmen dieser Kooperation sind in den letzten Jahren in Athen zahlreiche Bürgerinitiativen und Startups entstanden, um die nachhaltige Entwicklung von Athen voranzutreiben. Von der Straßenreinigung über die Unterstützung von Migranten bis zur Essensausgabe an bedürftige Menschen hatten sich unzählige Initiativen formiert. Die Stadtverwaltung sah sich mit einer wachsenden Anzahl an Aktivitäten und Initiativen konfrontiert, die alle behördlich genehmigt werden mussten. Bei der Suche nach einem Mechanismus, diese zu bündeln, entwickelte Vizebürgermeisterin Amalia Zepou mit ihrem Team eine eigene Online-Plattform. Seit 2015 verlinkt synAthina mehr als 2.800 Projekte und über 300 Initiativen.

Amsterdam: Durch die Finanzkrise 2009 drohten geplante Sanierungsmaßnahmen für das Stadtviertel Amstel3 unterzugehen. Um das Quartier wieder aufzuwerten, initiierte die Unternehmerin Saskia Beer Projekte mit betroffenen Stakeholdern. Sie organisierte eine Reihe von Veranstaltungen vor Ort und gewann damit das Vertrauen der örtlichen Einwohner. Immer mehr Menschen engagierten sich, wurde selbst aktiv und vernetzten sich mit anderen engagierten Bewohnerinnen und Bewohnern des Viertels. Ein Crowdfunding-Projekt für den Bau eines Gemeinde-Pavillons erregte das Interesse der Stadtverwaltung, die schließlich in das Projekt investierte. Die Initiatve ZO!City wurde binnen kürzester Zeit so bekannt, dass das Kernteam in Folge das Management des Netzwerkhubs neu aufstellen musste. Saskia Beer gründete daraufhin die Online-Plattform TransformCity, die Akteure vernetzt und zum Austausch einlädt. Das Projekt gilt inzwischen weltweit als eines der erfolgreichsten Stadtentwicklungsprojekte und wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.

Urban Future Global Conference
Von 28. Februar bis 2. März 2018 findet erstmalig die URBAN FUTURE Global Conference (UFGC) – Europas größtes Event für nachhaltige Städte – erstmalig in Wien statt. Die Konferenz wird zum Hotspot für rund 3.000 Teilnehmer aus 400 Städten und mehr als 200 Speaker aus den Bereichen Mobilität, Stadtplanung, Kommunikation und Ressourcenschonung. In Wien wird es auch eigene „Field Tour“ zu Microsoft Österreich geben, das in diesem Bereich einige Lösungen anbieten. Die UFGC wurde 2014 von Gerald Babel-Sutter ins Leben gerufen und findet ab 2018 jährlich in wechselnden europäischen Städten statt. Die Teilnehmerzahl hat sich seit 2014 bereits verdreifacht.

*Gerald Babel-Sutter ist CEO von UFGC.


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