Was Netflix mit Socken zu tun hat

Die Entwicklung sinnvoller IoT use cases stellt Unternehmen vor große Herausforderungen. Doch die Türen zu mehr Kundennutzen und neuen Geschäftsmodellen stehen umsetzungsstarken Organisationen offen. Ein Praxisbeispiel aus Österreich. [...]

Einen weiteren use case liefert ein Sensor, der meldet, dass etwas kaputt wird, bevor etwas kaputt wird: In Handtuchspendern kommt Papier zum Einsatz, ein Material, welches feinen Staub abgibt. Ist die Antriebswalze in einem Papierhandtuchspender verstaubt, so steigt die Stromaufnahme. Bei Überschreitung eines Schwellenwertes, wird ein Servicemitarbeiter vor Ort bestellt. Dadurch kann rechtzeitig und gezielt gereinigt werden. Ein Ausfall des Spenders sowie eine kostspielige Reparatur werden dank Predictive Maintenance vermieden.

Durch die Sammlung bisheriger Verbrauchswerte werden wesentlich treffendere Vorhersagen als bislang für den künftigen Materialverbrauch und -verschleiß möglich. Nachbestellungen werden optimiert und ein unnatürlicher Schwund fiele schneller auf.

TÜRKNAUF PRÜFT GEWASCHENE HÄNDE

Für die Zukunft ist ein smarter Türknauf in Entwicklung, dessen Betätigung eine vorhergehende Desinfektion der Hände voraussetzt. Dies kann in Spitälern ebenso wie in Lebensmittel verarbeitenden Betrieben von Vorteil sein. Mit den gewonnenen Daten und dem Beleg der tatsächlich desinfizierten Hände kann die Einhaltung von Hygienestandards deutlich vereinfacht und auch dokumentiert werden.

In den bislang beschriebenen use cases ging es um das Verkaufen von intelligenten „Things“ (Spendern inklusive Sensoren). IoT geht aber viel weiter und verändert Geschäftsmodelle. So wie zahlreiche SaaS-Anbieter den einmaligen Verkauf eines Softwarepaketes nun wiederkehrendem Umsatz und fortlaufender Kundenbindung vorziehen, werden nicht mehr Drucker gekauft, sondern es wird nach Nutzung bezahlt. Damit schreitet für viele Produzenten der Wandel zum Dienstleister voran; Pay per use statt Kapitalbindung, Anschaffungs- und Instandhaltungskosten.

HAGLEITNER sei hier nochmals als Beispiel herangezogen: Mittels weiterer Sensoren im Waschraum kann der Besucherstrom gemessen werden. Das ermöglicht ein Pay-Per-Use-Modell auf der Toilette. Der Betreiber eines Einkaufszentrums beispielsweise hat damit funktionierende Waschräume und bezahlt je nach Benutzungsgrad und Anzahl der Besucher. Dienstleistungen stehen damit immer mehr im Mittelpunkt. Das wird auch die Automotive Industrie zu spüren bekommen. Es wird nicht mehr um das Auto als Besitz und Statussymbol gehen, das mit neuen Features ausgestattet und verkauft wird, sondern um den Service, einfach, sicher, stressfrei und komfortabel mobil zu sein.

Die Idee alleine für einen tragfähigen IoT-use-case reicht freilich nicht aus. Förderlich bei HAGLEITNER war, dass IT und F&E ineinander verzahnt und demselben Geschäftsführungsbereich unterstellt sind. So wurden gemeinsam 130 Szenarien diskutiert, Prototypen entwickelt und Installationen in der eigenen Firmenzentrale getestet. Erst danach hat man Bestandskunden eingebunden, die Produkte weiter angepasst und schrittweise einen Rollout begonnen.

IoT bietet dem CIO und seiner Abteilung gerade jetzt Chancen, sich zu positionieren: Oft fehlen übergreifende Standards und Protokolle sowie die nötigen Skills im Unternehmen. IoT ist auch für viele Technologieunternehmen Neuland und erste IoT Projekte verfolgen oft nur das Ziel, auf Aktivitäten des Wettbewerbs zu reagieren. Mit anderen Worten –  und das kann ich aus der eigenen Praxis bei Kundenunternehmen nur bestätigen – Orientierung ist hier dringend gefragt. Nach Business-IT-Alignment sollten CIO nun IoT-IT-Alignment vorantreiben und ihren Unternehmen die erforderliche Orientierung geben.

Oliver Loisel |ATLAS Group


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