Big Data steckt in Österreich zwar noch in den Kinderschuhen, die Anzahl der umgesetzten Projekte wird aber immer größer. Mit der richtigen Herangehensweise können sich Anbieter gerade jetzt am Markt etablieren. Die COMPUTERWELT hat mit IDC-Österreich Analyst Mario Meir-Huber über die Akzeptanz und den Hype rund um Big Data in Österreich gesprochen. [...]
Der internationale Analyst und Marktforscher IDC beschäftigt sich traditionell immer mit den neuesten Entwicklungen und Technologien in der IT-Branche, um sowohl Anbietern, aber vor allem Anwendern möglichst punktgenau sagen zu können, ob und wann es Sinn macht, eine neue Technologie im Unternehmen einzusetzen. Die COMPUTERWELT hat mit IDC-Österreich Analyst Mario Meir-Huber über die Akzeptanz und den Hype rund um Big Data in Österreich gesprochen.
Was ist eigentlich der wesentliche Unterschied zwischen BI und Big Data bzw. gibt es ihn überhaupt?
Mario Meir-Huber: Grundsätzlich gilt zu sagen, dass hier nicht so viele Unterschiede bestehen. Das Konzept ist sehr ähnlich, nur mit dem Unterschied eben, dass durch die aktuellen Entwicklungen wie günstigere Speichersysteme, leistungsfähigere Hardware, billigere Cloud-Lösungen und dergleichen das Thema einfach eine Massentauglichkeit erlangt hat. Mit relativ wenig Aufwand kann man Daten speichern, analysieren und verarbeiten, was früher einer gewissen Unternehmensgröße vorenthalten war. Wir betrachten innerhalb der IDC beide Themen als zusammenhängend – der Unterschied zwischen diesen verschwindet, BI ist jedoch oftmals als ein Sub-Thema von Big Data zu sehen.
Wie mit vielen anderen Technologien auch, hinkt der österreichische Markt der internationalen Entwicklung hinterher. Ist der Zug für uns bereits abgefahren? Können wir hier noch zu den Gewinnern zählen?
Diese Frage bekomme ich sehr oft gestellt. Es ist leider tatsächlich so, dass der lokale Markt hinterher hinkt. Da ich für das Thema auch in Osteuropa zuständig bin und im europäischen und globalen Team mitarbeite, spüre ich das doch sehr stark. Letzte Woche hatte ich ein interessantes Gespräch mit dem CIO einer großen nordeuropäischen Bank. Wenn man sieht, was die im Big-Data-Umfeld machen, wird man wirklich neidisch. In der selben Woche habe ich mit einigen heimischen IT-Entscheidern gesprochen, wobei sich herausstellte, dass wir in Österreich derzeit erst in der Anfangsphase sind.
Big-Data-Projekte werden gestartet, doch wir sind noch nicht soweit, diese systematisch anzugehen. In meiner Tätigkeit als Lead Analyst für Big Data in CEE berate ich hier viele IT-Unternehmen und selbst in Osteuropa wird viel zu diesem Thema gemacht. Doch es ist bei weitem nicht so schlimm, wie es sich zu Beginn anhören würde: Wir haben in Österreich sehr innovative Unternehmen, die hier bereits frühzeitig auf den Big-Data-Zug aufgesprungen sind. Ein Beispiel hierfür ist LineMetrics, welchem ich sehr hohes Potenzial zuschreibe, oder auch verschiedene Consulting-Unternehmen. Unlängst habe ich erst mit einem Unternehmen gesprochen, das Satellitendaten für die ESA auswertet. Es gibt hier eine ganze Reihe von Möglichkeiten – man sollte sich nicht davon abschrecken lassen, dass es offenbar zu spät ist.
Was kann man tun, damit man im lukrativen Big-Data-Markt teilnehmen kann?
In erster Linie ist es sehr wichtig, in Vorleistung zu gehen. Man muss damit leben, dass es vielleicht sehr lange dauert, bis man ein Projekt lukrieren kann. Davon darf man sich jedoch nicht ablenken lassen. Ich habe beobachtet, dass zahlreiche erfolgreiche Unternehmen, die ein sehr hohes Zukunftspotenzial im Dienstleistungsmarkt zeigen, viel in das Thema investiert haben. Mit „investieren“ meine ich nicht nur die Salesforce auf das Thema anzusetzen, sondern einen wesentlich umfangreicheren Ansatz zu fahren: Auf Konferenzen vertreten sein, Forschungsprojekte in diesem Umfeld starten, die Mitarbeiter schulen, … Viele Unternehmen, die nun lautstark „Big Data“ schreien und kein einziges Projekt haben, haben keinen dieser Punkte erledigt.
Mit Big Data wird oftmals eine Technologie, nämlich „Hadoop“ genannt. Wie bedeutend ist diese Technologie tatsächlich?
Hadoop ist bestimmt eine der wichtigsten Technologien – aber nicht nur! Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Technologien wie etwa Splunk, Apache Spark, Stratosphere, … Wenn man sich jedoch mit Hadoop auskennt, hat man bestimmt gewisse Vorteile – am Arbeitsmarkt wie auch im Projektbereich. Ich hatte bereits im Jahr 2009, als ich mein Buch zum Thema Cloud Computing verfasst habe, die ersten Berührungen mit Hadoop. In diesem Zuge habe ich mit Eric Baldeschwieler, dem Hadoop Lead bei Yahoo, gesprochen. Yahoo war Hadoop User der ersten Stunde und ist eines der Unternehmen, die die Entwicklung nach wie vor maßgeblich vorantreiben. Auch am Hadoop Summit dieses Jahr in Amsterdam war die „Revolution“ zu spüren. Ich konnte mit vielen Projektmanagern und Anwendern von Hadoop sprechen. Was in den nächsten Monaten auf uns zukommen wird, ist schlichtweg gigantisch.
Was kann ein Endanwenderunternehmen machen, um Big-Data-Lösungen erfolgreich zu erstellen?
Hierfür gibt es leider keine generelle Handlungsanweisung. Das Problem ist, dass Big-Data-Lösungen sehr stark von der Fachabteilung und damit der Anwendungsdomäne getrieben werden. Lösungen sehen daher von Unternehmen zu Unternehmen anders aus. Ein produzierendes Unternehmen hat andere Möglichkeiten als etwa ein Handelsunternehmen oder ein Telekommunikationsbetreiber. Um ideale Lösungen zu finden, muss man sich jeweils die individuelle Domäne ansehen und die IT im Unternehmen analysieren. Es gibt eine ganze Reihe von Potenzialen für gewisse Domänen, diese können dann auf das jeweilige Unternehmen maßgeschneidert werden. Durch meine Arbeit habe ich viele Unternehmen kennen gelernt, die sich durch Big-Data-Lösungen oftmals einen starken Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Unternehmen erarbeitet haben oder aber auch signifikante Prozessoptimierungen erreichen konnten. Die Möglichkeiten sind hierfür mannigfaltig, es macht jedoch keinen Sinn sich an der Technologie aufzuhängen. Wenn man Big-Data-Technologien einführt, weil es gerade „hip“ ist, dann wird man sehr schnell scheitern. Big Data hat als Modewort dazu geführt, dass sich IT-Entscheider in Unternehmen mittlerweile Gedanken machen. Es geht jedoch darum, was man erreichen will, erst wesentlich später kommt eine konkrete Technologie. Wichtig ist also die Unternehmensstrategie und wie man diese mithilfe der IT erfolgreich umsetzen kann. Alles andere wird nicht unbedingt zum Erfolg führen.
Bedeutet Big Data das Ende des Zufalls?
Mithilfe von Predictive Analytics kann sehr viel Zufall wegrationalisiert werden. Das bringt natürlich gewisse Vor- und auch Nachteile mit sich. Am IDC DataHub haben wir einen ganzen Track, wo es nur um Predictive Analytics geht. Besonders interessant finde ich den Vortrag „Who will win the soccer world cup“, wo sich der Vortragende mit Predictive Analytics ansieht, wer die besseren Chancen hat, Weltmeister in Brasilien zu werden. Ähnlich wie in „Minority Report“ kann man auch Verbrechen ableiten und Menschen, die potenziell gewalttätig werden könnten, frühzeitig erkennen. Auf der anderen Seite ist die damit einhergehende Überwachung natürlich abzulehnen. Und schlussendlich ist ja der Zufall immer wieder das Schönste. Es sollte uns Unangenehmes abnehmen, aber es muss dennoch genug Platz sein, einfach Mensch zu sein. (aw)
Mario Meir-Huber:
Mario Meir-Huber arbeitet bereits seit vielen Jahren in den Bereichen „verteilte Systeme“. Hierbei sind seine Schwerpunkte Cloud Computing und Big Data. Sein umfangreiches Fachwissen hat er in zwei Büchern niedergeschrieben, welche an vielen internationalen Lehreinrichtungen verwendet werden. Außerdem ist er regelmäßig als Vortragender auf verschiedenen internationalen Konferenzen unterwegs. Seit 2012 ist Mario Meir-Huber für die IDC als Research Analyst tätig, wo die Bereiche Big Data und Cloud Computing zu seinen Kernaufgabebereichen zählen.
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