Wie Angreifer ins Netzwerk eindringen

Sicherheitsforscher von Barracuda haben die häufigsten Extended Detection and Response (XDR) Erkennungen des Jahres 2023 analysiert. Die Ergebnisse zeigen die häufigsten Wege, auf denen Angreifer versuchten – und scheiterten – dauerhaften Zugang zu Netzwerken zu erlangen. [...]

Merium Khalid, Director SOC Offensive Security bei Barracuda. (c) Barracuda
Merium Khalid, Director SOC Offensive Security bei Barracuda. (c) Barracuda

Im Jahr 2023 wurden 66.000 Hochrisiko-Bedrohungen erkannt, die so schwerwiegend waren, dass sie an SOC-Analysten zur Untersuchung weitergeleitet werden mussten, sowie weitere 15.000, die dringende, sofortige Abwehrmaßnahmen erforderten. Beide Bedrohungskategorien verzeichneten im Laufe des Jahres einen stetigen Anstieg, der im Oktober, November und Dezember seinen Höhepunkt erreichte. Diese Monate sind eine Hauptsaison für Online-Einkäufe sowie Feiertage. Beide Faktoren sind für Angreifer attraktiv, da der erste eine große Anzahl potenzieller Ziele und Angriffschancen bietet und im Fall der Urlaubssaison IT-Teams nicht am Arbeitsplatz oder weniger aufmerksam sind. Eine weitere, kleinere Angriffsspitze zeigte sich im Juni, der für viele Länder ebenfalls ein wichtiger Urlaubsmonat ist.

Häufige Hinweise auf Identitätsmissbrauch

Die meisten der Top-10-Erkennungen des Jahres 2023 konzentrierten sich auf eine Art des Identitätsmissbrauchs, um ein Konto zu kompromittieren. Zu den Erkennungen, die auf diesen Identitätsmissbrauch hindeuten, gehören verdächtige Anmeldungen, Brute-Force-Angriffe und die Deaktivierung der Multifaktor-Authentifizierung durch Angreifer.

Das Hochladen einer verdächtigen ausführbaren Datei kann dabei darauf hindeuten, dass Angreifer versuchen, zusätzliche Tools oder Malware von einem externen, vom Angreifer kontrollierten System wie einem Command-and-Control-Server in ein zuvor kompromittiertes Konto zu verschieben.

Verdächtige Anmeldungsaktivitäten

Superhelden – Anmeldung von zwei voneinander weit entfernten Standorten: Es wurden über 17.000 Hochrisiko-Vorfälle über die sogenannte „Impossible Travel“-Regel entdeckt. Diese Regel fängt Angreifer ab, die versuchen, sich bei einem kompromittierten Konto anzumelden. Wenn zwei Anmeldungen von zwei verschiedenen Orten aus erkannt werden, bei denen der Benutzer in kurzer Zeit eine unmögliche Strecke überwinden müsste, wird eine Sicherheitswarnung ausgelöst. Dabei wird geprüft, ob die Anmeldung mit einer VPN-IP verbunden ist, um ein falsch-positives Ergebnis auszuschließen.

Geister – Verdächtige Anmeldungen durch inaktive Benutzer: Weiterhin erkannte das System mehr als 7.000 ungewöhnliche Benutzernamen in den Authentifizierungsprotokollen. Diese spezielle Erkennungsregel hilft Anwendern dabei, Angreifer aufzuspüren, die Anmeldeinformationen eines ruhenden oder inaktiven Benutzers missbrauchen, der beispielsweise das Unternehmen bereits verlassen hat.
Darüber hinaus werden Benutzernamen entdeckt, die nicht in das typische Namensschema des Unternehmens passen. Dies ist ein Hinweis auf Bedrohungsakteure, die neue Benutzer erstellen, um im Netzwerk persistent zu bleiben.

Schlaflose – Anmeldungen zu ungewöhnlichen Uhrzeiten: Zudem wurden mehr als 4.600 Anmeldungen durch Benutzer zu für sie ungewöhnlichen Uhrzeiten erkannt. Dies kann darauf zurückzuführen sein, dass ein Angreifer in einer anderen Zeitzone versucht, auf ein kompromittiertes Konto zuzugreifen. Außerdem finden nicht autorisierte Benutzeraktivitäten oft außerhalb der üblichen Geschäftszeiten statt.

Ausnutzung kritischer Sicherheitslücken

Eine Analyse der häufigsten Intrusion Detection System (IDS) Erkennungen zeigte zudem, dass Angreifer immer wieder bestehende kritische Sicherheitslücken und Schwachstellen ausnutzen, die noch nicht durch Patches behoben wurden. Auch gehörten Angriffe auf Schwachstellen aus „Shellshock“, eine zehn Jahre alte Sammlung von Bugs, zu den häufigsten erkannten Bedrohungen. Die Tatsache, dass Shellshock-Angriffe nach wie vor so häufig vorkommen, deutet darauf hin, dass Angreifer wissen, dass immer noch viele ungepatchte Systeme im Umlauf sind.

Weiterhin sind auch zwei Jahre nach Bekanntwerden der Log4Shell-Schwachstelle im Log4j-Protokollierungsprogramm Angriffe hierauf nach wie vor weit verbreitet. Log4j ist so tief in Anwendungen und andere Software eingebettet, dass viele Unternehmen nicht einmal wissen, dass das Programm vorhanden ist und, dass es daher schwierig und zeitaufwändig sein kann, die Schwachstellen zu beseitigen.

Maßnahmen zum Schutz vor Cyberbedrohungen

Für eine starke Cyberresilienz bedarf es zunächst grundlegender Sicherheitsmaßnahmen. Dazu gehören robuste Authentifizierungs- und Zugangskontrollen (mindestens Multifaktor-Authentifizierung und idealerweise eine Umstellung auf Zero Trust), ein solider Ansatz für das Patch-Management und die Datensicherheit sowie regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter zum Thema Cybersicherheit.

Angesichts der steigenden Zahl hochgradiger Bedrohungen, die auf die wachsende digitale Angriffsfläche eines Unternehmens abzielen, und der Tatsache, dass Angreifer zunehmend KI für immer ausgefeiltere, schnellere und gezieltere Angriffe nutzen, müssen Security-Teams sicherstellen, dass ihre Sicherheitstools über die gleiche Leistungsfähigkeit verfügen.

Ein vielschichtiger, KI-basierter Sicherheitsansatz mit mehreren Ebenen für eine immer tiefer gehende Erkennung und Prüfung ist deshalb unerlässlich. Dieser KI-basierte Ansatz sollte in ein umfassendes Security-Framework eingebettet sein, das robuste Sicherheitstechnologien der nächsten Generation umfasst.

Unterstützt werden sollte dies durch Expertenanalysen und eine 24/7-Sicherheitsüberwachung, um unbekannte Bedrohungen und Anomalien aufzuspüren, sowie ein SOC-as-a-Service, um auf Angriffe zu reagieren und sie zu entschärfen. Für Unternehmen, die nicht über die Zeit oder Fachkräfte-Ressourcen verfügen, kann ein Managed XDR-Service, der ein SOC-as-a-Service umfasst, eine passende Lösung sein, der jeden Winkel der IT-Umgebung rund um die Uhr überwacht.

*Merium Khalid ist Director, SOC Offensive Security bei Barracuda.


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*