„Wir brauchen Leuchttürme in der IT“

Fabasoft ist ein führender europäischer Softwarehersteller und Cloud-Betreiber mit über 20 Jahren IT-Erfahrung bei Großkunden in der öffentlichen Verwaltung und im privaten Sektor. [...]

Was sind aus Ihrer Sicht die Stärken des IKT-Standortes Oberösterreich?
Helmut Fallmann:
Oberösterreich hat generell erkannt, dass die universelle Verfügbarkeit leistungsfähiger Kommunikationsinfrastrukturen der letzten Generation und der breite Einsatz innovativer Informationstechnologien die Wettbewerbsfähigkeit und ökonomische Entwicklung und damit die Lebensqualität unserer Staaten und Regionen bestimmen. Die Bemühungen des IT-Clusters OÖ, einen breiten politischen Konsens für eine oberösterreichische „Digitale Agenda“ herbeizuführen und die Region damit der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft irreversibel zu etablieren, ist ein Asset. Einiges wurde ja schon in der Vergangenheit begonnen.
Der Softwarepark Hagenberg, mit dem eine ganze Grenzlandregion wie das Mühlviertel wirtschaftlich aufgewertet und integrierte Forschung, Lehre und Ausbildung auch auf der Science-Weltkarte sichtbar gemacht wurden, ist ein Benchmark. Heute profitieren dort 60 Unternehmen, 1.000 anerkannte Experten und 1.500 Studenten von kurzen Wegen im Innovationsmanagement von IKT.  

Wo gibt es Aufholbedarf?
Der Bedarf ist enorm. Im Grunde geht es um die großen „building blocks“, die miteinander intelligent zu einer digitalen Agenda verschränkt werden müssen, um das Potenzial der IT-Branche in Oberösterreich an die Zukunftserfordernisse anzuheben und die verbesserten Leistungen auch im größeren Maßstab auf internationaler Bühne bewerben zu können. Im Wesentlichen muss Oberösterreich seine Forschung und Entwicklung rund um die Johannes Kepler Universität noch stärker internationalisieren. Große Chancen bestehen in diesem Zusammenhang auch in der fächer­übergreifenden Kooperation im Bereich der Medizintechnik mit der neuen MED-Fakultät in Linz. Es muss in der oberösterreichischen IT-Landschaft weiters gelingen, „Leuchttürme“ in verschiedenen IT-Sparten zu generieren. Wir brauchen vor allem eine produzierende IT-Industrie, d.h. Unternehmen, die eigene IT-Lösungen für verschiedenste Anforderungen konstruieren, planen, bauen und vermarkten. Die Entwicklungsfähigkeit einer Wirtschaftsbranche wie der IT steht und fällt auch mit der professionellen Marktkommunikation und der internationalen Dissemination von Entwicklungs- und Forschungsleistungen sowie dem Aufbau von Partnerschaften zwischen Wirtschaft, Ausbildung und Forschung.
Der Bekanntheitsgrad innovativer Unternehmen oder auch marktnaher, zielgruppenrelevanter IT-Lösungen kann für eine hohe weitere Anschubwirkung sorgen. Natürlich braucht es auch einen Schwerpunkt in der regionalen IT-Bildungspolitik. Wir müssen daher in unseren Bildungseinrichtungen auf allen Ebenen – von der Universität, den Fachhochschulen und HTBLAs bis hin zu WIFI und BFI – den naturwissenschaftlichen Fächern und der Informatik verstärkt Rechnung tragen, indem wir die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen, entweder durch noch attraktivere Spezialangebote in Computer Science oder durch Bildung spezieller Ausbildungs- und Schulzweige.

Wie war das abgelaufene Geschäftsjahr?
Das Geschäftsjahr 2014/2015 ist sehr erfolgreich verlaufen: Mit einem Anstieg von zehn Prozent verglichen mit dem Vergleichszeitraum des Vorjahres stellten die Umsätze im Geschäftsjahr 2014/2015 mit TEUR 27.554 Euro einen Rekordwert dar. Das Konzern-EBIT konnte im gleichen Zeitraum um 42,9 Prozent auf TEUR 3.037 gesteigert werden.
Diese positive Entwicklung speiste sich überdies – wie auch im Vorjahr – aus mehreren Quellen: Sowohl das klassische Geschäft mit Softwarelizenzen als auch die wiederkehrenden Umsätze sowie die Dienstleistungsumsätze wiesen Zuwächse auf.

Wie beurteilen Sie den Mangel an IT-Fachkräften?
Schon heute fehlen der IT-Industrie europaweit an die 700.000 IT-Professionals. Die Lücke zwischen besetzbaren hoch qualifizierten Jobs in der IT und tatsächlich verfügbaren akademisch oder beruflich gebildeten Fachkräften der Branche wird nicht zuletzt durch neuere technologische Entwicklungen wie Big Data und Cloud Computing bis 2020 auch in der Digitalregion Oberösterreich noch weiter auseinanderklaffen. Als regional verankerter, aber international agierender IT-Konzern müssen wir hohe Anstrengungen unternehmen, um hochqualifizierte Fachkräfte nach Linz zu locken. Das wird für die gesamte Branche ein immer drängenderes Problem. Fabasoft versucht daher auch, ein besonders attraktiver Arbeitgeber zu sein, und investiert viel in die Aus- und Weiterbildung und in die „sozialen Rahmenbedingungen“.

Für welche Technologien erwarten Sie heuer eine verstärkte Kundennachfrage?
Zweifelsohne ist die Nachfrage nach Cloud Services, die einen sicheren europäischen Rechtsrahmen und Datenschutz erfüllen und das Vertrauen der Kunden besonders ernst nehmen, weiterhin groß. Ebenso sehen wir eine Nachfrage bei Big-Data- Lösungen. Unternehmen beschäftigen sich verstärkt damit, ihre Unternehmensinformationen effizient zu nutzen, um daraus einen Mehrwert zu generieren.

Was war Ihr Vorzeigeprojekt in den letzten zwölf Monaten?
Am spannendsten finde ich unsere Zusammenarbeit mit Siemens, wo die Produkt- und Projektdokumentation für internationale Kraftwerksprojekte in die Fabasoft Cloud verlagert wurde. Das optimiert den Informationsaustausch mit Partnern, die Transparenz und Effizienz. Spannende Mindbreeze-Projekte in Österreich waren vor allem die Einführung von Mindbreeze InSpire für effizientes Wissensmanagement bei der Oberbank und die Automatisierung der Posteingangsklassifikation von 25.000 Seiten pro Tag bei der Wüstenrot Versicherung. Wir haben in beiden Projekten eindrucksvoll gezeigt, wie effizient semantisches Verstehen von Informationen von den Fachbereichen genutzt werden kann. (red.)


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