„Wir wollen in einer frühen Phase helfen“

Gerold Weiß ist Vorstand des akademischen Startup-Netzwerks akostart, das jungen Unternehmen vor allem in der sogenannten "seed-Phase" helfen will. Das Interview in voller Länge finden Sie auf COMPUTERWELT.at. [...]

Gerold Weiß ist seit 2007 an der FH Oberösterreich in Wels für Firmengründungen zuständig und auch in der Lehre tätig, unter anderem in Hagenberg. Um das Thema der Startups auch hochschulübergreifend zu gestalten, hat Weiß den Verein akostart ins Leben gerufen, der Absolventen dabei unterstützen soll, den steinigen Weg von einer guten Idee ins erfolgreiche Berufsleben zu gehen. Im exklusiven Gespräch mit der COMPUTERWELT hat Weiß die Startups-Szene in Oberösterreich analysiert und einen Einblick in sein Leben mit den Jungunternehmern gegeben, mit denen er sich seit nunmehr fast 15 Jahren beschäftigt.

Wo setzt akostart bei der Begleitung der Startups an?
Gerold Weiß:
Wir wollen mit akostart in erster Linie in der sehr frühen Phase helfen, wo andere Institutionen noch nicht ansetzen, weil sie den direkten Zugang zu den universitären Projekten nicht haben. Das war auch unser Ansatz. Wir begleiten Jungunternehmer schon, wenn sie sich noch im universitären Umfeld befinden.

Alle von akostart betreuten Unternehmen kommen also aus dem universitären Umfeld?
Ja, das trifft auf 99 Prozent zu, wobei wir uns natürlich nicht wehren, ein gutes Projekt zu unterstützen, das nicht aus diesem Bereich kommt. Akostart versteht sich aber schon in erster Linie als Hochschulplattform.

Wie hoch ist der Anteil der IKT-Unternehmen unter den Startups?
Der Anteil der IT-Unternehmen ist bei uns sehr hoch, ich würde sagen über 90 Prozent.

Wie beurteilen Sie das Umfeld, das Startups in Oberösterreich vorfinden?
Ich beschäftige mich seit 15 Jahren mit diesem Thema, da hat sich schon sehr viel getan. Vor allem in den letzten zwei bis drei Jahren ist unglaublich viel passiert, nicht nur in Oberösterreich. Es gibt unterschiedliche Unterstützungseinrichtungen, die sich sehr positiv entwickelt haben. Es könnte natürlich immer besser sein, aber ich bin mit dem Umfeld in Oberösterreich im Grunde sehr zufrieden, vor allem was die fachliche Ebene betrifft. Bei der finanziellen Ebene gäbe es noch deutlich mehr zu tun. Das betrifft vor allem die frühe Phase der Unternehmensgründung, da ist fast überhaupt kein Geld als Risikokapital da, das gilt aber für ganz Österreich. Natürlich muss man auch sagen, dass gerade diese Phase sehr heikel und für Unterstützer riskant ist, weil man noch nicht genau absehen kann, ob ein Projekt erfolgreich am Markt reüssieren kann oder nicht.
Vom fachlichen Knowhow und von den Institutionen sind wir in Oberösterreich aber sicher bundesweit am besten aufgestellt, weil wir eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Institutionen pflegen.

Welche Rolle spielt hier der IT-Cluster Oberösterreich oder Hagenberg?
Hagenberg spielt eine große Rolle, weil auch sehr viele Unternehmensgründungen aus diesem Umfeld entstehen oder am Campus zu Hause sind. Der IT-Cluster ist noch relativ jung, wir sind aber in sehr gutem Kontakt mit dem Team rund um Robert Stubenrauch und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den nächsten Jahren eine sehr enge Kooperation haben werden.

Wie ist es denn um die Infrastruktur im Land bestellt, Stichwort Breitbandausbau oder Büroflächen?
Büroflächen gibt es in Oberösterreich sehr viele, mittlerweile auch Coworking Spaces. Da bin ich sehr zufrieden. Auch hier ist Hagenberg wichtig. Die Breitbandversorgung könnte besser sein, aber das gilt für ganz Österreich. Die Breitbandinitiative beginnt erst jetzt, richtig zu greifen. Internet ist aber inzwischen eine unverzichtbare Ressource.

Können Sie einige Erfolgsbeispiele für Startups nennen? Runtastic ist das bekannteste der jüngeren Vergangenheit.
Runtastic ist sicher eine Ausnahmeerscheinung. Wenn wir in Österreich jedes Jahr so ein Beispiel hätten, wäre das ein Traum. Da hat einfach alles gepasst, angefangen vom Team über das Timing bis zum Produkt. Ich freue mich auch, dass ich hier in der Anfangsphase unterstützen konnte. Es gibt auch andere Beispiele wie das Startup Bissanzeiger, die sehr gut unterwegs sind. Das Unternehmen hat eine App und eine Plattform für Angler entwickelt. Das ist ein Riesenmarkt, das mag man gar nicht glauben.

Sind die meisten Startups App-Entwickler?
Es gab da vor Jahren, als die verschiedenen Appstores aufgemacht wurden, eine Art Goldgräberstimmung. Das ist aber mittlerweile etwas abgeflacht, weil man darauf gekommen ist, dass allein mit dem Verkauf der App kaum Geld zu verdienen ist, zumindest nicht für die Entwickler. Unternehmen wie Bissanzeiger, aber auch Bizzify haben es geschafft, den Kunden Mehrwert anzubieten. Letztgenanntes Projekt ist ein Managementtool für Kongresse und Veranstaltungen im Business-Umfeld. Die App stellt Teilnehmern eine mobile Lösung bereit, die sowohl das Business Networking unterstützt als auch die Produktivität der Teilnehmer steigert. Mit Bizzify lassen sich Firmentagungen und interne Meetings abwickeln. Heutzutage setzen sich nur noch App-Entwickler durch, die wirklich ein nachhaltiges und langfristiges Geschäftsmodell haben.

Haben die Platzhirsche im Land das Potenzial der Startups erkannt?
Leider noch nicht wirklich, so ehrlich muss man sein. Durch das Thema Industrie 4.0 gibt es aber Chancen für die Zukunft. Unternehmen wie KTM oder Voest Alpine haben sich auch schon dazu bekannt und sind offen für neue Ideen. Die Strukturen sind aber noch zu starr, das Potenzial wird einfach noch nicht erkannt.
Veranstaltungen wie das Pioneers Festival oder die Plattform Austrian Startups helfen hier natürlich auch enorm. Beim Pioneers Festival waren 4.000 Startups und inzwischen werden auch immer mehr öffentliche Institutionen und politische Entscheidungsträger darauf aufmerksam. Angefangen hat das mit 30 Leuten. Es ist schon gewaltig, was hier erreicht wurde. Auch Puls 4 hat mit der Sendung „2 Minuten 2 Millionen“ diesen Gedanken aufgegriffen. Das Thema Startup wird dadurch auch in der Öffentlichkeit immer mehr wahrgeworden.

Ist die Förderung von Startups eher ein Bundes- oder Landesthema?
Die Förderinstitutionen der öffentlichen Hand sind im Großen und Ganzen noch sehr zentralistisch organisiert. Auf der i2-Börse vom aws sind etwa 200 Business Angels gelistet, wie viele dann tatsächlich investieren, entzieht sich aber meiner Kenntnis. Wir haben aber eine Förderung vom Land Oberösterreich bekommen und können uns jetzt immerhin 1,5 Vollzeitmitarbeiter leisten. Bis jetzt waren alle ehrenamtlich tätig. Förderungen sollen auch in Länderhoheit gehen, weil man auf Landesebene einfach einen besseren Einblick in die Projekte hat. Wir betreuen mit akostart gegenwärtig über 30 Projekte.

Das Gespräch führte Alexander Wolschann.


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