„Wir wollen Menschen Zeit zurückgeben“

Für Hannes Gutmeier, CIO des Jahres 2016 und Top CIO 2019, geht es in seinem Job als Konzern-CIO der SORAVIA Gruppe vor allem um Eines: "Wir wollen den Menschen durch effiziente Digitalisierung Zeit ersparen". [...]

Hannes Gutmeier ist Konzern-CIO der SORAVIA Gruppe, CIO des Jahres 2016 und Top CIO 2019. (c) Soravia

Bei der Auszeichnung als CIO des Jahres 2016 war vor allem Ihre Cloud-Expertise der ausschlaggebende Pluspunkt. Was war bei der heurigen Einreichung für den CIO Award ihr Alleinstellungsmerkmal?
Ich habe es geschafft, für SORAVIA eine Digitalstrategie zu entwickeln, die wir sehr schnell umsetzen konnten. In Rahmen dieser Strategie haben wir alle wichtigen Fragen abgedeckt: Was wirkt sich wie auf die beteiligten Menschen aus, wie können wir die Geschäftsprozesse optimieren, wo gibt es neue, digitale Geschäftsfelder und wie decken wir die Themen Kommunikation und Compliance ab.

Die Jury des CIO Awards hat vor allem die Anzahl der umgesetzten Projekte und die Geschwindigkeit der Umsetzung beeindruckt. Ich bin nun seit etwas mehr als einem Jahr bei SORAVIA tätig und habe in dieser Zeit weit über 50 Projekte gestartet und auch größtenteils realisiert.

Was mich noch auszeichnet ist, dass ich ein guter Vernetzer bin. Egal, ob es um Systeme, Abteilungen oder Menschen geht. Ich arbeite zum Beispiel ganz eng mit dem Marketing zusammen, damit Veränderungen sinnvoll kommuniziert werden und wir den Change auch tatsächlich hinbekommen. Wir haben ein ganz neues Intranet und einen Social-Media-Bereich um über verschiedenste Kanäle kommunizieren zu können. Auch mit der Personalabteilung arbeite ich sehr eng zusammen.

Über 50 Projekte in einem Jahr umgesetzt klingt beeindruckend. Was waren da die Highlights?
Auf jeden Fall war ein Highlight die Entwicklung der Strategie und die Umsetzung der notwendigen Vorprojekte für die Digitalisierungsprojekte. Auch ein Highlight war das Personalmanagement-Projekt. Wir hatten drei verschiedene Personalsysteme. Die hab ich alle rausgeschmissen und durch Sage DPW ersetzt. Wir haben einen digitalen Mietvertragsworkflow eingeführt, der seines gleichen in der Branche sucht. Oder das Thema Infrastruktur: Da hatten wir eine eigene Firma, die darauf ausgelegt war, SORAVIA zu betreuen, solange SORAVIA noch klein war. Das hat gut funktioniert, aber da wir laufend wachsen, war es nicht mehr zeitgemäß. Also haben wir eine Ausschreibung gemacht und arbeiten nun mit der Firma d-con.net zusammen, die für uns die Infrastruktur betreibt. Aktuell noch auf unserer eigenen Hardware, aber schon darauf ausgerichtet, dass wenn unsere Wartung ausläuft, wir in die Cloud gehen beziehungsweise in ein externes Rechenzentrum. Da werden wir künftig nur mehr mit VDI, mit virtuellen Clients arbeiten. Das ist alles vorbereitet. Darüber hinaus haben wir die Telefonie auf VoIP migriert, Videokonferenzsysteme eingeführt und das Mobile Device Management auf neue Beine gestellt.

Wie war denn die Ausgangssituation bei Ihrem Jobantritt?
Vor meiner Zeit hatten wir sehr viele Insellösungen, da SORAVIA über weit mehr als hundert Tochtergesellschaften und Beteiligungen verfügt. Es wurde großteils alles selber entwickelt. Deshalb musste ich auch die IT neu strukturieren. Es gab zum Beispiel niemanden im Infrastrukturbereich, niemanden im Applikationsbereich. Ich hatte nur Entwickler in meinem Team. Also habe ich mein acht Menschen starkes Team entsprechend verändert sowie fast alle IT-Dienstleister ausgetauscht. Und ich habe es geschafft, auch unsere Prozesse massiv zu verändern, nicht nur in der IT, damit wir Richtung Digitalisierung gut aufgestellt sind.

Welche Prozesse haben Sie wie verändert?
Auf der einen Seite wurden viele interne Prozesse optimiert: Der Bereich Auftragsabwicklung, Rechnung, Buchhaltung zum Beispiel: vom Rechnungslauf angefangen bis hin zu der Frage, wie wir automatisierte Buchungen absetzen und in den entsprechenden angebundenen Systemen verarbeiten. Oder das Recruiting: Bewerbungen fließen nun automatisiert und DSGVO-konform in unser HR-System.

Auf der anderen Seite haben wir es auch geschafft, etliche Prozesse, die unsere Kunden betreffen zu optimieren. Zum Beispiel die dahinterliegenden Prozesse, wenn jemand eine Wohnung bei uns kauft. Da gibt es nun ein Tool, mit dem Interessenten Sonderwünsche online bekanntgeben, anschauen und verändern können. Ein weiteres Beispiel ist das Bauherrenmodell, bei dem sich mehrere Bauherren für die Errichtung und Finanzierung einer Immobilie zusammenschließen. In diesem Bereich sind wir Marktführer und haben da circa 7.000 Investoren. Für die erledigen wir auch Steuerberaterthemen. Dazu haben wir eine Plattform geschaffen, auf der alle Dokumente, die ein Steuerberater braucht, online zur Verfügung stehen. Auch Investoren können ihre relevanten Dokumente online stellen und somit den Prozess beschleunigen. Auf dieser Plattformen sehen Investoren auch, wie ihre Investments verlaufen, wie hoch die aktuellen Renditen sind. Diese Plattform bauen wir Schritt für Schritt aus, damit unsere Investoren noch besser betreut werden. Wir sind auch eines der ersten Unternehmen, bei dem man online auf unserer Plattform ifainvest.at Anleihen zeichnen kann.

(c) Soravia

Wie geht es weiter mit der Digitalisierung bei SORAVIA?
Wir sind laufend am modernisieren. Derzeit sind wir zum Beispiel dabei, die Prozesse komplett zu verändern, wie ein Mieter oder Eigentümer mit uns kommunizieren kann. Wir arbeiten gerade an einer App, mit der Mieter oder Eigentümer verschiedene Dienstleistungen beauftragen bzw. mit den beteiligten Personen kommunizieren können. Reinigung oder Reparaturen zum Beispiel. Wir wollen ein Rundumpaket für Mieter und Eigentümer schaffen, das uns viel Einzelkommunikation erspart. Wenn zum Beispiel wo der Lift steht, dann bekommen die Bewohner eine Nachricht aufs Handy. Und wenn der Lift wieder funktioniert, dann kommt wieder eine Nachricht. Genauso bei Strom oder Wasser. Das werden wir Zug um Zug ausrollen, damit Mieter oder Eigentümer mehr Informationen haben, ohne, dass es für uns mehr Aufwand ist. Im gesamten Smart-House- beziehungsweise Smart-Home-Bereich haben wir sehr viele Ideen. Da wird Einiges kommen. Wir wollen den Leuten durch Digitalisierung Zeit zurückgeben.

Wie schaffen Sie es, in so kurzer Zeit so viele Projekte parallel umzusetzen?
Die Geschwindigkeit erreichen wir unter anderem dadurch, dass der Fachbereich sehr motiviert ist, da mitzutun. Gute externe Partner sind auch sehr wichtig. Ein Netzwerk aus Spezialisten. Und meine Mitarbeiter können vernetzt denken. Wir wissen genau, was sich worauf auswirkt und können das mit einplanen. Viele Projekte haben ja miteinander zu tun. Das hab ich übersichtlich dargestellt und strategisch so geplant, dass sehr vieles parallel laufen kann.

Voraussetzung dafür ist auch eine gute Marketingabteilung, eine gute Personalabteilung und eine gute Rechtsabteilung. Und ein Eigentümer, der Vertrauen hat und sieht, dass wir am richtigen Weg sind. Er redet kaum drein, dadurch muss ich nichts zweimal machen und nicht immer wieder den Kurs ändern. In Folge geht dann auch Vieles sehr schnell.

Viele Dinge sind auch Standard. Wenn man da Erfahrung hat, geht es nochmal schneller. Über Personalsystem, Rechnungswesen, Controllingsystem muss ich nicht mehr wirklich nachdenken. Das erlaubt es uns, viel Zeit in Überlegungen zu neuen Geschäftsfeldern zu investieren und in Richtung High-End-Digitalisierung zu gehen. Da haben wir die Freiheit, uns irre neue Dinge auszudenken und auch auszuprobieren. Wir machen Piloten und schauen, was funktioniert. Das ist halt der große Unterschied zwischen einem börsenotierten Unternehmen und einem eigentümergeführten wie SORAVIA. Es gibt wenig Bürokratie und es wird schnell entschieden. Wenn der Eigentümer von etwas überzeugt ist, dann sagt er: mach es. Natürlich hätte niemand eine Freude, wenn zehn von zehn Projekten scheitern. Aber grundsätzlich ist Scheitern kein Problem und gehört dazu, man muss dann nur die richtigen Schlüsse daraus ziehen und die Fehler nicht noch einmal machen.

Wie oft kommunizieren Sie mit dem Eigentümer?
Wir haben regelmäßig Geschäftsführersitzungen mit allen Geschäftsführern plus Marketing und IT. Und wir haben ein eigenes Motto: work hard, party hard. Das bedeutet, dass wir etliche firmeninterne Veranstaltungen haben, auf denen sehr viel besprochen und beschlossen wird. Das läuft oft sehr informell ab. Und ein Mal im Jahr, Ende August, lädt der Eigentümer uns für einen zweitägigen Workshop zu sich nach Hause an den Millstätter See ein. Da kommen rund 40 Führungskräfte zusammen und besprechen die weitere Strategie.


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