Wissensmanagement als Essenz

Das Linzer Unternehmen Mindbreeze gehört zu den globalen Premium-Herstellern in den Bereichen Enterprise Search und Insight Engine. Die COMPUTERWELT sprach mit dem Gründer und Geschäftsführer Daniel Fallmann. [...]

Mit welchen kundenseitigen Problemen sind Sie heute konfrontiert? Digitalisierung im Allgemeinen?
Fast alle Unternehmen, mit denen wir heute zu tun haben – also meist Großkonzerne -, haben in der einen oder anderen Form das Thema Digitalisierung der Informationen schon gelöst. Konzerne wären gar nicht so groß geworden, hätten sie nicht schon relativ früh dafür gesorgt, dass ihre Prozesse verschlankt, digitalisiert und effizienter werden. Was diese Kunden alle gemeinsam haben, ist die Frage: Was weiß eigentlich mein Unternehmen über ein bestimmtes Thema, über Geschäftspartner, Kunden oder Produkte? Das ist eine Frage, die kaum ein Unternehmen punktgenau beantworten kann. Daher steht das Thema Wissensmanagement heute ganz oben. Man kann sogar behaupten, dass Wissensmanagement nicht ein Teil der Digitalisierung ist, sondern ihre Quintessenz. Außerdem beobachten wir eine verstärkte Nachfrage nach Systemen, mit denen man auf natürliche Weise interagieren kann, Stichwort Mensch-Maschinen-Dialog.   
Haben Sie Ihr Unternehmen entsprechend neu ausgerichtet?
Bei Mindbreeze geht es immer weniger darum, einfach nur Dokumente in vielen verschiedenen Datenquellen im ganzen Unternehmen im Rahmen spezifischer Berechtigungen zu finden. Das können wir seit über zehn Jahren richtig gut. Der Use Case, der uns als Mindbreeze und unsere Kunden heute sehr stark bewegt und auch in der Forschung und Entwicklung eine große Rolle spielt, ist: Wie schaffe ich es, auf eine konkrete Frage eine konkrete und akkurate Antwort zu bekommen? Dazu braucht es ein Tool, das die Daten analysiert, sie versteht, und voll automatisiert zusammenführt und aufbereitet. Genau das macht Mindbreeze. Hier spielen auch sehr stark die Themen Humanized Big Data und Artificial Intelligence hinein, worauf wir uns zunehmend fokussieren. 
Wie lässt sich Mindbreeze in der Legacy-Landschaft der Kunden positionieren?
Wir sind zu allen datenführenden Systemen additiv. Was wir machen, ist, die meist über hunderte Applikationen verstreuten Informationen etwa zu einem Thema oder einer Person zusammenzuführen und so aufzubereiten, dass der Anwender im Fachbereich einen tatsächlichen Mehrwert in seiner täglichen Arbeit hat. Wir sind also in keinster Weise ein Mitbewerb zu Systemen wie SharePoint oder SAP. Diese verwalten die Informationen. Wir versuchen hingegen, die Informationen zu verstehen und damit Ergebnisse zu erzielen, die dem Anwender punktgenau helfen, seine Aufgaben zu erledigen. 
Man kennt Mindbreeze als Enterprise Search-Spezialisten. Ist diese Bezeichnung überhaupt noch zutreffend?
Enterprise Search hat sich in den vergangenen Jahren massiv weiterentwickelt. Es ist, wenn man so will, erwachsen geworden. Bei den Premium-Herstellern, zu denen uns die großen Analystenhäuser zählen, sieht man ganz klar den Schritt weg vom Dokument, hin zu den Inhalten des Dokuments, also zu den Informationen. Daher ist heute die Bezeichnungen Insight Engine wesentlich zutreffender.  
Außerdem beobachten wir den Trend, dass viele Kunden nicht mehr suchen wollen. Wenn eine bestimmte Frage auftaucht, will man proaktiv die Antwort bekommen, ohne sie explizit gestellt zu haben. Es geht also darum, unser System nicht nur für Abfragen nutzen zu können, sondern auch als persönlichen Assistenten, der den User auf nützliche Informationen aufmerksam macht. Es geht also beim Informationsmanagement sehr stark in Richtung Push statt Pull – ein Ansatz, der über das klassische Enterprise Search weit hinausgeht. 
Sie haben Humanized Big Data als einen der aktuellen Trends genannt. Wie lässt sich Big Data „vermenschlichen“?
Bei Humanized Big Data geht es darum, dass Daten für Menschen handhabbar sein müssen. Ein Flugzeug zum Beispiel produziert bei einem gewöhnlichen Flug von Europa nach Amerika rund 20 TB an Log Files, die schwierig zu verstehen sind. Um die Daten interpretieren zu können, muss man sie stark verdichten und proaktiv Muster markieren, die potenziell spannend sind. Vergleichbar ist das mit einem Laborbefund, wo nur signifikant abweichende Werte markiert sind, den Rest kann man getrost vernachlässigen, weil unauffällig. Genauso ist es bei Humanized Big Data: Muster, die nicht selbstverständlich sind, werden so aufbereitet, dass sie für Menschen verständlich sind. Dieser Ansatz lässt sich etwa im Bereich „User Intent“ nutzen oder bei qualitativ-quantitativen Aussagen zu einer Anfrage. 
Artificial Intelligence haben Sie als zweiten Trend genannt.
Bei uns ist das kein Hype-Thema, wie bei vielen anderen Anbietern, die von heute auf morgen entsprechende Lösungen aus dem Hut zaubern oder ihre Visionen für die kommenden fünf Jahre verkünden. Wir machen das seit zwölf Jahren. Schon die ersten Versionen von Mindbreeze hatten gewisse Intelligenz an Bord, noch keine Highend-AI, sondern einfache, lernende Mechanismen. Uns geht es darum, den Kunden zu zeigen, was Mindbreeze schon heute alles rund um Artificial Intelligence zu bieten hat – und das out of the box. Wo wir uns nicht sehen, ist, den Anwender zu bevormunden. Wir wollen ihn unterstützen. Ein wichtiger Bereich, wo Künstliche Intelligenz eine große Rolle spielt sind Chatbots. Chatbots sind nicht nur spannend, weil man versucht, eine neue Form der Interaktion massentauglich zu machen. Mit Mindbreeze im Hintergrund können sie auch als Tor zu den Unternehmensdaten dienen, wobei man mit unserer Lösung gleichzeitig dafür sorgen kann, dass der Anwender nur über jene Informationen sprechen kann, auf die er zugreifen darf. 
Welche Art von Anwendern profitieren am meisten von Ihrer Lösung?
Den Mehrwert haben aber ganz klar die Fachabteilungen. Typische Use Cases finden sich in den Bereichen Customer Service, wo die Mitarbeiter dank Mindbreeze alle Informationen zu einem Kunden am Bildschirm haben  -, weiters Business Development, Forschung und HR. Einfaches Beispiel ist das Skillmanagement. In einem Großunternehmen Experten zu einem bestimmten Thema zu identifizieren, ist keine triviale Aufgabe. Da diese aber Spuren etwa in Arbeitsprozessen hinterlassen, die sich mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz automatisiert auswerten lassen, findet man sehr schnell echte Experten. 
Sie fahren einen holistischen Ansatz. Würde da Vertikalisierung überhaupt Sinn machen?
Wo Mindbreeze eine klare vertikale Fokussierung hat, und wo man sie auch braucht, ist das Gesundheitswesen, da sich die Prozesse deutlich von anderen Branchen unterscheiden. In unseren anderen Bereichen – Wissensmanagement und Posteingangsverarbeitung – fokussieren wir eher auf die Fachbereiche, und das branchenunabhängig. Fachbereiche wie der Einkauf haben sehr ähnliche Aufgabenstellungen – egal ob er in der Holzindustrie angesiedelt ist und in der Luftfahrt. 
Was sind Ihre nächsten Schritte?
Wir sind in der letzten Zeit personell stark gewachsen und wollen das auch in Zukunft tun. Daher suchen wir permanent die hellsten Köpfe. Es gibt in unserem Bereich jedoch nur sehr wenige echte Experten. Wir haben auf der anderen Seite das Glück, viele junge motivierte Mitarbeiter zu haben, die das Thema fasziniert und davon partizipieren wollen, dass wir über zwölf Jahren Erfahrungen mitbringen und damit nicht nur in Österreich, sondern auch weltweit zu den führenden Unternehmen in diesem Bereich zählen. Dazu kommt die internationale Expansion. Wir wollen besonders in Nordamerika und Asien stark wachsen. Die letztjährige Ankündigung Googles, den Vertrieb seiner Search Appliance einzustellen, hat den Bekanntheitsgrad von Mindbreeze dramatisch erhöht. Vor ein paar Jahren habe ich mehr oder weniger allein die Anfragen von Interessenten bearbeitet, heute macht das ein ganzes Team.


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