„Work-Life-Balance ist sehr wichtig geworden“

APC Business Services, ein auf IT spezialisierter Personaldienstleister, hat sich Mitte des Jahres neu aufgestellt. Die beiden Eigentümer Stefan Vycudilik und Gunnar Björn Heinrich haben das Profil weiter geschärft und kennen den heimischen Markt perfekt. [...]

APC ist ein rein österreichischer Personaldienstleister, der sich inzwischen voll und ganz auf die IT-Branche spezialisiert hat. Im Gespräch mit der COMPUTERWELT geben die beiden Gründer Stefan Vycudilik und Gunnar Björn Heinrich Einblick in die heimische Arbeitsmarktsituation und schildern ihre Vorstellungen für den Wirtschaftsstandort.

Wie lange gibt es die APC schon, was war die Motivation zur Gründung?
Stefan Vycudilik:
APC in der jetzigen Form oder mit dem jetzigen Fokus gibt es seit 2008. Speziell deswegen, weil ich für mehrere deutsche Personaldienstleister am Standort Österreich tätig war und mir immer so ein bisschen das Gespür für das Land gefehlt hat. Wir haben hier eine wirkliche österreichische Lösung, die sehr nah am Kunden dran ist und wirklich auf die Bedürfnisse des österreichischen Markts eingeht.

Haben sie festgestellt, dass in einer Branche wie der Personaldienstleistung die lokale Präsenz sehr wichtig ist?
Gunnar Björn Heinrich:
Es ist vor allem die Zeit, die man als Keyaccounter aufbringen muss oder mit dem Kunden verbringen muss, um ihn wirklich verstehen zu können. Die deutschen Konzerne haben sehr stark geschaut, wie viele Kontakte die Mitarbeiter haben, also wie viele mögliche Interessenten hat er am Tag erreicht. Das ist klassisches Telesales und das war mir und auch meinen Kollegen damals einfach zu wenig. Dadurch kann man keine Kunden kennenlernen und kein wirklich gutes Matching zusammenbringen.

Wie finden sie die passenden Kandidaten? werden da technische skills und softskills beurteilt?
Stefan Vycudilik:
Ja, das kann man so sagen. APC hat aber noch ein weiteres Asset. Wir sind auch immer bemüht, den fachlichen Aspekt miteinzubeziehen. Ein Java-Developer ist ein Java-Developer, wenn jetzt aber eine Bank einmal einen Java-Developer sucht, dann wünscht sie sich, dass der schon Erfahrungen im Finance-Bereich gemacht hat. Natürlich schreibt er auch weiter Java-Code, Branchenkenntnis hilft aber trotzdem sehr.
Darüber hinaus ist uns auch wichtig, dass wir 100 Prozent österreichisch sind und dass uns auch die Wertschöpfung in Österreich am Herzen liegt, da unterscheiden wir uns auch im Vergleich zu den vielen internationalen Mitbewerbern.

Wie viele Mitarbeiter hat APC und wie hoch ist der Jahresumsatz?
Stefan Vycudilik:
Heuer werden wir einen Jahresumsatz von rund 9,5 Millionen machen. Wir haben knapp 40 bis 50 fixe Mitarbeiter im Innen- und Außendienst, dazu kommen noch 40 bis 50 projektbezogene Spezialisten.

Wie schwierig ist es, die wertschöpfung in Österreich zu halten? Viele internationale Unternehmen haben in Österreich ja nur eine Vertriebsniederlassung mit minimalen Ressourcen.
Gunnar Björn Heinrich:
Ja, das ist richtig. Insbesondere wenn es um IT-Dienstleistungen geht, kann das dann zum Problem werden. Die internationalen Experten sind für österreichische Unternehmen dann im Endeffekt oft nicht greifbar. Wenn man auf österreichische Anbieter zurückgreift, kann einem das nicht passieren. Die IT-Wertschöpfung kann und sollte in Österreich bleiben. Dieses ist auch das
Kernziel der ICT Austria, einer Initiative, die wir gemeinsam mit international tätigen österreichischen Anbietern im IT-Umfeld wie Kapsch, Bit und Braintribe ins Leben gerufen haben.
ICT Austria treibt die Entwicklung von Angeboten rund um die Zukunftsthemen Smart City und E-Government, E-Health und Telemedizin und Industrie 4.0 voran. Darüber hinaus engagiert sich ICT Austria für die Vernetzung von Startups mit IT-Anbietern und potenziellen Kunden sowie für Ausbildung und Nachwuchsförderung.

Wie sehen ihre Bemühungen konkret aus?
Stefan Vycudilik:
Wir versuchen, den Unternehmen klar zu machen, dass es nicht immer gut ist, ausschließlich in Richtung Kostenoptimierung zu gehen und Outsourcing in immer weiter entfernten Ländern zu betreiben. Einige Unternehmen haben auch schon erkannt, dass das nicht nachhaltig ist und kehren den Prozess wieder um, weil das auch nicht immer so erfolgreich war, wie man gedacht hat. Wir versuchen auch, die Frauenquote in IT-Berufen zu erhöhen, auch das ist uns wichtig.

Was muss getan werden, um den standort attraktiver zu machen?
Gunnar Björn Heinrich:
Die Lohnnebenkosten und die Steuerlast sind sicher ein Problem. Andererseits ist Wien sehr sicher und attraktiv. Wir wollen eigentlich, dass die Lebensqualität in Wien so bleibt, dass man auch weiterhin in der Nacht rausgehen kann, ohne sich zu fürchten. Wenn man das vergleicht mit Bratislava: Dort verdienen die Leute mit demselben Skillset nicht zuletzt dank der Flattax das gleiche Bruttogehalt bei einer ganz anderen Steuerlast. Viele kommen aber trotzdem nach Wien, weil sie das Leben hier einfach hochwertiger einstufen und auf etwas mehr Geld am Ende des Monats verzichten.

Wie gut ausgebildet sind denn die österreichischen ITler, beziehungsweise wie gut ist denn das Ausbildungsangebot?
Gunnar Björn Heinrich:
Mein Eindruck ist, dass die heimischen IT-Fachkräfte im groben Schnitt eigentlich wirklich gut ausgebildet sind. Vor allem, wenn sie dann ein bis zwei Jahre Berufserfahrung haben, kann man mit diesen Personen eigentlich wirklich viel machen, und sie auch weiterentwickeln. Man muss aber auch sagen, dass die Studenten die jetzt direkt von den Unis aus den CEE-Ländern kommen ein viel höheres Niveau haben als noch vor vier oder fünf Jahren. Die haben da voll nachgezogen.

Sind die Unternehmen in Österreich eigentlich modern genug, um die Anforderungen junger guter Fachkräfte befriedigen zu können?
Gunnar Björn Heinrich: Ich glaube, Dinge wie ein bestimmtes Smartphone oder Social Media Guidelines werden etwas überbewertet. Ich weiß, dass die Work-Life-Balance, vor allem in Bezug auf Homeoffice, ein Thema ist, muss aber eigentlich korrigierend dazu sagen, dass die Leute, die es haben und einen hohen Verantwortungsbereich haben, eher Angst vor Homeoffice haben, weil sie dann gar nicht mehr zur Ruhe kommen, wenn die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben verschwimmen. Die arbeiten dann viel mehr und länger als im Büro.

APC steht ja für „a perfect choice“. was macht sie zur idealen Wahl für Kandidaten, aber auch für Unternehmen, die Kandidaten suchen?
Stefan Vycudilik: Wie eingangs schon erwähnt, wenden wir mehr Filter bei der Kandidatensuche an. Es ist ähnlich wie bei einem Autokauf. Wenn ich einen Audi kaufen will, gibt es Millionen davon. Wenn ich aber will, dass er auch im Gelände fahren kann und Klimaautomatik und Ähnliches haben soll, wird die Auswahl immer konkreter. Die Kombination aus dem Fachlichen, dem Erlebten und dem technischen angeforderten Skillset ist entscheidend.
Das ist in der Regel einfach nur möglich, wenn man wirklich nahe am Kunden ist. Die Unschärfe zwischen einem Stelleninserat und der Erwartungshaltung der Person, die sucht, ist gigantisch, grob geschätzt zwischen 30 und 80 Prozent.

Das Gespräch führte Alex Wolschann.

Stefan Vycudilik & Gunnar Björn Heinrich

Stefan Vycudiliks Kernkompetenzen liegen im Bereich des Sales- und Key-Account-Managements. Vor seiner Position als Chief Sales Officer war er Key-Account-Manager für einige namhafte Unternehmen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik, Personaldienstleistung und Finanzdienstleistung.
Vor seiner Position als Geschäftsführer und CFO der APC war Gunnar Björn Heinrich Führungskraft für internationale Konzerne im Bereich der Telekommunikation. Darüber hinaus fungierte er als Bereichsleiter der KMU-Forschung Austria und veröffentlichte 40 nationale und internationale Publikationen zu den Themen KMU und Unternehmensgründungen.


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