Die Corona-Pandemie hat die IT nachhaltig verändert. Viele Unternehmen waren gezwungen von heute auf morgen neue Wege zu gehen. Auch im Heimnetz- und Smart-Home-Bereich hat sich Einiges getan. Was dabei vor allem zählt, ist Funktionalität und Qualität. [...]
In vielen Unternehmen hat man sich lange gegen einen Neuanfang bei der IT gewehrt. Mit der Corona-Krise hat sich das abrupt geändert. Alte Zöpfe, die noch vor wenigen Wochen als Heiligtum galten, wurden und werden radikal abgeschnitten. Denn die Corona-Krise stellt nahezu alle Unternehmen und Betriebe vor gewaltige Herausforderungen, die mitunter nur mit brachialen Umbrüchen zu bewältigen sind. Allein im Mittelstand müssen Tausende von Geschäftsführern und IT-Entscheidern dafür sorgen, dass der Betrieb so normal wie eben möglich aufrechterhalten wird. Vor allem dort, wo das Arbeiten von zuhause noch komplettes Neuland war, mussten quasi über Nacht neue Strukturen aufgebaut werden.
Aber auch dort, wo das Home Office bereits Bestandteil der Unternehmensphilosophie war, galt es, die Kapazitäten teils drastisch zu erhöhen. Reichten vor kurzem noch einige wenige virtuelle Arbeitsplätze mit Fernzugriff aufs Firmennetz, müssen mancherorts nun hunderte oder gar tausende Mitarbeiter von zuhause aus arbeiten können.
Mit dem radikalen Umbau der IT haben viele Unternehmen nun gezwungenermaßen die Potenziale entdeckt, die Cloud Computing und Home Office bringen. Privatanwender wie Unternehmen haben dabei mitunter schmerzhaft feststellen müssen, wie wichtig Premium-Breitband ist. »Bis vor Kurzem wurde dem Router oftmals kaum Beachtung geschenkt«, sagt Andreas Erhart, Country Manager für Österreich und die Schweiz beim FRITZ!Box-Hersteller AVM.
Heimnetz und klassisches Festnetz besonders gefragt
»Jetzt, da oftmals vom Home Office aus gearbeitet wird, die Schule digital stattfindet und das Streamen von Filmen und Serien besonders populär ist, wird vielen klar, dass der Router mindestens so wichtig ist wie ein gutes Smartphone«, so Erhart. »Die Nachfrage nach Premium-Produkten ist größer denn je.« Gleichzeitig kam es in vielen Ländern zu einer Renaissance des Festnetzes. Dabei wurden auch im Mobilfunkland Österreich die Grenzen der Provider getestet. Laut dem Forum Mobilkommunikation (FMK) stieg das tägliche Gesprächs-Volumen im Vergleich zu Vorkrisenzeiten zeitweise um 81 Prozent auf 112 Millionen Minuten. Da nur noch knapp 46 Prozent aller Haushalte in Österreich einen Festnetz-Anschluss haben, stieg die Anfrage stark.
Standards anstatt Fleckerlteppich
Herausforderungen gab es zu Beginn der Corona-Krise geballt. Wer die IT-Infrastruktur von mittelständischen Unternehmen kennt, weiß, wie viel leichter das Leben mit standardisierten Modellen ist, mit denen sich nach dem Baukastenprinzip eine passende Infrastruktur aufbauen lässt. Dies war vor der Corona-Krise in mittelständischen Unternehmen teils nur schwer vermittelbar. Das lag nicht zuletzt daran, dass die meisten Unternehmen eine Infrastruktur nutzen, die über viele Jahre gewachsen ist – und nunmehr einem individuellen Fleckerlteppich gleicht. Würde man die IT heute neu aufbauen, käme niemand auf die Idee, das vorhandene System zu kopieren. Wie sich jetzt überdeutlich herausstellt, ist es in den meisten Fällen letztlich nicht entscheidend, ob man die jeweils besten Komponenten hat. Angelehnt an die Gastronomie zählt auch in der IT: Zu viele Anbieter verderben den Brei. Am wichtigsten ist, dass die einzelnen Bausteine des IT-Systems miteinander kompatibel sind und zueinander passen. Wer vorher auf einheitliche Standards geachtet hat, dürfte die derzeitigen Herausforderungen deutlich besser meistern als Wettbewerber, die den größten Server und die umfangreichsten EDV-Programme haben, wo aber nichts systematisch aufgebaut wurde.
Anbieter wie Dell Technologies bieten heutzutage Service-Lösungen an, die den IT-Verantwortlichen die Arbeit deutlich einfacher machen. Anstatt sich um jedes Detail kümmern zu müssen, erhält man als IT-Dienstleister oder Unternehmen beispielsweise Rechen- und Speicherkapazitäten in definierten Kategorien für eine festgelegte Laufzeit von fünf Jahren. Diese Angebote gab es auch schon vor der Corona-Krise. Um Unternehmen in der aktuellen Situation zusätzlich zu helfen, hat man bei Dell verschiedene Maßnahmen ergriffen. »Unabhängig von der Größe des Partners und der Kooperation helfen wir Unternehmen, ihre Arbeitsprozesse zu digitalisieren und ihre Lieferketten zu stabilisieren und umzustrukturieren«, sagt Benjamin Krebs, der als Senior Director bei Dell den kompletten Sales-Bereich »Enterprise« verantwortet im Gespräch mit der COMPUTERWELT. »Im Vertrieb gilt es, intelligente Zahlungsmodalitäten zu etablieren und neue, digitale Vertriebswege zu entwickeln. Ansonsten würden viele dieser Unternehmen diese Krise nicht überstehen«, befürchtet Krebs.
Am härtesten betroffen von der aktuellen Situation sind unter anderen Hersteller, Zulieferer und Maschinenbauer. Für diese sei es besonders schwierig, in der jetzigen Situation eine effiziente digitale Wertschöpfung aufrechtzuerhalten bzw. neu zu entwickeln. »Teil des Problems ist, dass bisher vielerorts nur Ware, die man anfassen kann, als echte Ware galten. Die meisten Unternehmen haben mittlerweile zwar verstanden, wie wertvoll digitale Daten sind, aber noch längst nicht alle«, so Krebs. Bis es soweit sei, werde es wohl noch ein wenig dauern. »Es gibt aber auch positive Beispiele. Und damit meine ich nicht Google oder Microsoft, sondern beispielsweise Hersteller von Sensoren oder Nischenprodukten, die die Herausforderungen angenommen haben und jetzt neue Wege gehen.«
Premium-Produkte aus Europa derzeit besonders gefragt
Wie sich während der Corona-Krise zeigt, zahlt es sich für Hersteller nun mitunter doppelt aus, wenn diese auf hiesige Produktion und Qualität setzen. Der Erfolg von AVM beispielsweise basiert laut Erhart zum einen darauf, dass das Unternehmen mit Sitz in Berlin und mit weitgehend deutscher bzw. europäischer Produktion auch während des Lockdowns die Vorteile einer überwiegend lokalen Produktion nutzen konnte – im Gegensatz zu vielen Wettbewerbern. Noch wichtiger ist aber, dass die Hardware sowohl im privaten als auch im Business-Umfeld Möglichkeiten bietet. »Unsere Produkte sind so angelegt, dass private Nutzer wie auch Unternehmen eine breite Auswahl an Features und Funktionen zur Verfügung steht, mit denen sich die individuellen Bedürfnisse abdecken lassen«, sagt Erhart.
„Sprachsteuerung gehört zweifelsohne die Zukunft“, sagt Ulrich Grote, Vorsitzender der ULE Alliance. „Leichter lässt sich das Smart Home nicht steuern. Wichtig ist allerdings, dass das System auch dann funktioniert, wenn zeitweise keine Verbindung zur Cloud oder App besteht. Anders als etwa bei Alexa und ähnlichen Lösungen ist dies mit dem ULE-Funkstandard möglich“, erklärt Ulrich Grote. Denn der ULE-Funkstandard basiert auf DECT-Frequenzen, wie man sie von der Schnurlostelefonie kennt. Somit sind ULE-Lösungen prädestiniert für die Übertragung von Sprache – vom Anwender zum System wie auch umgekehrt. Eine Verbindung zum Internet ist dabei nicht zwingend notwendig. Hinzu kommt, dass Smart-Home-Geräte die von der ULE Alliance zertifiziert wurden bzw. das HAN-FUN-Protokoll des ULE-Standards unterstützen, prinzipiell miteinander kompatibel sind. So können etwa die Bewegungsmelder oder auch Wandtaster und Tür-/Fensterkontakte der Deutschen Telekom mit einer FRITZ!Box verknüpft werden. „Auch das ist für viele Anwender wichtig: dass die nicht auf einen Hersteller eingeschränkt sind“, weiß Ulrich Grote.
Vernetzte Türsprechstellen erweisen sich als besonders hilfreich
Besonders hilfreich sind in den letzten Monaten und Wochen Türsprechstellen, die sich mit der Telefonanlage verbinden lassen. „Die Nachfrage ist deutlich gestiegen – sowohl in Unternehmen als auch bei Privatanwendern“, berichtet Andreas Hopf, Mitglied der Geschäftsleitung beim DoorLine-Hersteller Telegärtner Elektronik. Da bei Türsprechstellen, die mit der Telefonanlage vernetzt sind, das Türgespräch auch über Festnetztelefone angenommen werden kann und zudem Rufweiterleitungen möglich sind, muss beispielsweise der Empfang in Unternehmen nicht zwangsläufig besetzt sein. Außerdem verpasst man selbst vom Home Office aus keinen Besucher oder Lieferanten und kann selbst während eines Video-Calls auf die Türklingel reagieren. „Viele Menschen sind auf Lieferungen etwa von Online-Händlern angewiesen, nach der Lockerung des Lockdowns aber nicht immer zuhause“, nennt Andreas Hopf ein weiteres Einsatzszenario. „Mit einer vernetzten Türsprechstelle weiß man immer, wer zu Hause vor der Tür steht, und kann selbst aus dem Garten oder von unterwegs mit der Person vor der Tür sprechen und gegebenenfalls auch gleich die Tür öffnen“, so Hopf. Damit sind entsprechende Türsprechanlagen derzeit nützlicher denn je.
Ob die gesamte IT-Infrastruktur umgekrempelt, der Router ausgetauscht oder eine Türsprechanlage installiert werden muss: Für jedes Unternehmen und jeden Privatanwender macht es Sinn, die Corona-Krise dazu zu nutzen, die IT bzw. das Heimnetz auf den neusten Stand der Technik zu bringen. Denn wer aus der ersten Welle nichts gelernt hat, dürfte spätestens in der zweiten Welle Schiffbruch erleiden.
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