In der diesjährigen Ausgabe der HANNOVER MESSE standen die Schwerpunktthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit im Mittelpunkt. Präsentiert wurden Themen der industriellen Wertschöpfungskette – von der Einzelkomponente bis hin zur intelligenten Fabrik sowie Trends wie gemeinsame Datenplattformen, modulare Produktion oder Wärmerecycling. [...]
Die HANNOVER MESSE, die „wichtigste Industrieschau der Welt“, so die Eigendefinition, ist 2020 coronabedingt ausgefallen und letztes Jahr stark abgespeckt über die Bühne gegangen. Heuer setzte man wieder auf das übliche Präsenzformat, allerdings auf vier Tage verkürzt.
Ende Mai, Anfang Juni präsentierten rund 2.500 Aussteller auf dem Gelände der niedersächsischen Landeshauptstadt ihre Neuheiten und Konzepte. Zum Konferenzprogramm meldeten sich nach Angaben der Deutschen Messe 600 Teilnehmer an.
Schwerpunkte waren Klimaschutz und Digitalisierung bei verschiedenen Fertigungstechnologien, in der Logistik und Mobilität. Angesichts des Krieges in der Ukraine und unter Druck geratener Lieferketten waren Fragen der Energieversorgung und Energiesicherheit zentral. Hier ein paar Highlights der Messe.
Zuverlässige Kennzeichnung
Der HERMES Startup AWARD ging in diesem Jahr an MIP Technology Hannover. Bei dem ausgezeichneten Projekt handelt es sich um eine magnetische Identifikationslösung als Alternative zu optisch lesbaren Codes und RFID-Tags. Der ID-Tag wird unter einer nicht magnetischen Deckschicht angebracht und in das jeweilige Produkt integriert. Diese Einbettung kann durch Aufschweißen, Einvulkanisieren oder auch Einspritzen erfolgen. Insbesondere die Robustheit der Datenträger im Hinblick auf thermische und chemische Beständigkeit sei ein großer Vorteil in der industriellen Anwendung, da Produktionsmittel automatisch identifiziert und erfasst werden können. Darüber hinaus soll das Produkt einen zuverlässigen Plagiatsschutz bieten.
„Es freut mich, mit MIP Technology ein junges Unternehmen auszuzeichnen, das mit seiner Magnetischen Informationsplattform, MIP, den sicheren Transport von Daten umsetzt“, sagt Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft und Vorsitzender der Jury für den HERMES Startup AWARD. „Durch die hohe Zuverlässigkeit der Kennzeichnung können Kreislaufprozesse von Bauteilen, deren Oberflächen stark belastet wurden, in zahlreichen Branchen gewinnbringend angewendet werden.“
Gaia-X in der Praxis
Am Stand des österreichisch-deutschen Forschungsprojektes „EuProGigant“ konnten die Besucher erleben, wie die Zustandsüberwachung von Fertigungsprozessen auch kleinen und mittleren Unternehmen durch eine Kooperation bei der Erstellung der erforderlichen Datenbasis gelingen kann. Die dafür notwendigen Datenmengen stellen KMU vor zahlreiche Herausforderungen, da ihnen oft nicht genügend gleiche Maschinen zur Verfügung stehen, um ausreichend Betriebsdaten zu generieren, oder Möglichkeiten zur Auswertung vorhandener Daten fehlen. Die vom Projektteam entwickelte Validierungsplattform will deshalb kleineren Betrieben neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit eröffnen. Dazu setzt die Validierungsplattform auf die neue Dateninfrastruktur Gaia-X, um einen sicheren und souveränen Datenaustausch zwischen Produktionsunternehmen gewährleisten zu können.
Modulare Produktion
Die Sonderschau lief unter dem Motto „Process Industry: Future Production is Modular & Open“. Schwerpunkte waren zum einen die Kerntechnologie der modularen Automation – das Module Type Package (MTP), das den einzelnen Modulen eine digitale Beschreibung gibt – und zum anderen die NAMUR Open Architecture (NOA), die einen sicheren zweiten Kanal für Vitaldaten unter anderem für Monitoring und Optimierung von Prozessanlagen ermöglichen soll, ohne den eigentlichen Prozess zu stören. »Durch die modulare Produktion können Prozessanlagen schnell erstellt und umgerüstet werden«, sagt Felix Seibl vom Verband der Elektro- und Digitalindustrie. »Gleichzeitig ermöglicht es den Unternehmen, flexibel auf neue Marktanforderungen zu reagieren und den Engineering-Aufwand erheblich zu reduzieren.« Die modulare Produktion mit MTP soll ein wichtiger Bestandteil der Digitalisierung der Prozessindustrie sein. Somit lassen sich wichtige KPIs von Prozessanlagen wesentlich verbessern. Im Durchschnitt können die Zeit bis zum Markteintritt halbiert, der Engineering-Aufwand um 70 Prozent reduziert, die Flexibilität um 80 Prozent erhöht werden, so die Angaben der Aussteller.
„Startups beleben das Innovationssystem mit frischen Ideen, Wagemut und Unternehmergeist.“
Reimund Neugebauer, Fraunhofer-Gesellschaft
Wärmerecycling made in Austria
Die TU Wien präsentierte unter anderem Innovationen in Sachen Wärmerecycling in produzierenden Betrieben. Laut TU Wien entspricht das Potenzial der Abwärme in der Industrie, das genutzt werden könnte, fast einem Drittel des Gesamt-Energieverbrauchs in diesem Bereich. Deshalb soll ein neuartiges Modul zum Wärmerecycling – bestehend aus einem Wärmetauscher, feinem Granulat aus kostengünstigem Festmaterial sowie einem industriellen Reaktionsgas – helfen, dieses Potenzial zu heben. Das Modul lässt sich laut der Forschenden an den Bedarf konkreter Industriesparten und -betriebe anpassen. Übrigens: Das Knowhow steht gemeinsam mit modernsten Analyse- und Herstellungsapparaten an der TU Wien zur Verfügung.
Be the first to comment