Zwischen Wahnsinn und Feigheit

Im Rahmen der Ergebnispräsentation des Blockchain-Think-Tanks der Linz Center of Mechatronics (LCM) diskuitierten die Teilnehmer darüber, wie sich die Blockchain-Technolgie weiterentwickeln wird. Das Meinungsspektrum war breit gestreut. [...]

Regina Gattringer (ism), Gerald Schatz (LCM), Johann Hoffelner (LCM), Wolfgang Berger (Wolfgang Berger Management Consulting), Thomas Buchegger (LCM) und Bernhard Bergmair (LCM).

Wie entwickelt sich die Blockchain bis 2033? Wird sich diese dezentrale und damit manipulationssichere Datenbankstruktur zur disruptiven Technologie entwickeln oder ein Nischendasein fristen? In dieser Frage waren sich die rund 70 Teilnehmer selbst nach der Ergebnispräsentation des Blockchain-Think-Tanks der Linz Center of Mechatronics (LCM) uneinig. Die Abstimmung dazu endete in einem Patt. Schon in seiner Einleitung hatte LCM-Experte Thomas Buchegger die Expedition in die Zukunft der Blockchain treffend als Suche nach der Grenze zwischen Wahnsinn und Feigheit bezeichnet. Die Teilnehmer am einjährigen Think-Tank – neben LCM auch Atos, Energie AG, Engel, Fabasoft, Greiner, JKU, Oberbank, voestalpine und Wolfgang Berger Management Consulting – haben diese Grenzen jedenfalls ausgiebig ausgetestet. Diese Präsentation fand am 26. November im Linzer Ars Electronica Center statt.

Digitale Identitäten

In einer per Smartphone durchgeführten Blitzumfrage bewerten die Gäste die Relevanz von 16 Kernthesen zur Zukunft der Blockchain bis zum Jahr 2033. So sah rund ein Drittel die größten Chancen durch die neue Technologie darin, dass damit eindeutige digitale Identitäten – für Personen und Dinge – als Voraussetzung für manipulationssichere Geschäftsprozesse geschaffen werden. Etwa genauso viele erhoffen sich, dass in Geschäftsprozessen Diskretion durch Transparenz ersetzt und Kooperationen ohne Dominanz durch einen Marktteilnehmer möglich werde. Obwohl die Energie AG als Infrastrukturanbieter etwa bei Strom- und Gasnetzen diese dominante Rolle einnimmt, wird die Blockchain als hochinteressante Technologie angesehen. »Die Energie AG hat bereits den ersten Stromgroßhandel via Blockchain abgeschlossen«, erklärte deren Abteilungsleiter für Konzernstrategie Peter Stöckler. Die Anbindung von Photovoltaikanlagen auf Dächern von Privathäusern könnte eine zentrale Anwendung sein. Auch die digitale Identität von Dingen sei ein wichtiger Impulsgeber. »Schließlich wissen die Wärmepumpe und der Kühlschrank am besten, wann sie Strom brauchen, und nicht die Energie AG.«

Vertrauen durch Kontrollverlust

Dass sich der Einstieg in die Blockchain-Technologie und Feigheit nicht vertragen, unterstrich auch Klaus Fellner, Assistent der Geschäftsleitung beim Spritzgussmaschinen-Produzenten Engel. »Kundendaten, die auf den Serviceboxen unserer Maschinen gespeichert sind, kommen zu uns zurück. Der Kunde kann nicht kontrollieren, ob Engel wirklich nur die vereinbarten Daten abholt. Die Blockchain macht das transparent. Wir geben damit zwar Kontrolle ab, gewinnen aber Vertrauen beim Kunden.« Das Arbeitsprogramm des Think-Tanks umfasste sechs Workshops.

UNESCO-Initiative

Dass die Blockchain längst kein abstraktes Zukunftsthema mehr ist, verdeutlicht das Beispiel einer UNESCO-Initiative in Jordanien. Dort wurde binnen sechs Monaten die manipulationssichere Identifikation von 100.000 geflüchteten Menschen mittels Scan der Iris realisiert. Jeder bekam ein Konto, auf das die UNESCO Geld überweist. Mit diesem Geld können die Menschen etwa in speziell ausgestatten Supermärkten einkaufen. Der Bezahlvorgang erfolgt über den Scan der Iris. »Dieses Beispiel zeigt, dass neue Technologien immer dann Markterfolg haben, wenn sie eine ganz konkrete Problemstellung lösen. Dass die Blockchain genau dieses Potenzial hat, untermauern die Ergebnisse unseres einjährigen Think-Tanks nachdrücklich«, resümierte LCM-Geschäftsführer Gerald Schatz.

Die COMPUTERWELT hat den Event live im Internet übertragen. Der Stream kann hier nachgesehen werden: http://bit.ly/blockchain-linz.


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