Wie steuert man das Unternehmen erfolgreich in Richtung Digitalisierung? Im Rahmen der Citycom-Gesprächsreihe WeITblick diskutieren darüber Experten aus Wissenschaft und Wirtschaft. [...]
Digital statt analog, automatisiert statt händisch – rein technisch gesehen ist klar, was man unter Digitalisierung versteht. Und auf organisatorischer Ebene?
Viktoria Pammer-Schindler (Know-Center und TU Graz): Digitalisierung kann einerseits ein Treiber für Veränderung sein, also dass man seine Geschäftsmodelle an die digitale Welt anpassen muss. Andererseits kann Digitalisierung auch Teil der Lösung sein, also man reagiert mit Digitalisierung auf Veränderungen in der Welt. Dabei gilt aber: Digitalisierung ist kein Allheilmittel. Oft geht es auch einfach darum, die Arbeit neu zu organisieren.
Igo Huber (IKT-Dienstleister Citycom): Digitalisierung kann die Effizienz steigern, hat aber auch einen disruptiven Aspekt. Das sind zwei Paar Schuhe, die Effizienz betrifft die technische Komponente. Disruptiv kann Digitalisierung aber nur dann wirken, wenn sich das Topmanagement darum kümmert. Das Management steht dann vor der Entscheidung, entweder Digital Leader oder Digital Loser zu werden.
Dabei ist allerdings auch relevant, dass Mitarbeiter Angst haben, durch die Digitalisierung ihre Jobs zu verlieren …
Ralf Parfuss (IoT-Experte t-matix solutions): Bei den meisten Unternehmen steht meiner Erfahrung nach der Mensch im Mittelpunkt. Es geht darum, digitale Lösungen zu finden, die dem Menschen die Arbeit einfacher machen. Ein Mitarbeiter in der Wartung hat viel weniger Stress, wenn Fehler automatisiert und frühzeitig gemeldet werden.
Was konkret wäre aus Managementsicht zu tun?
Parfuss: Klare Ressourcen hinterlegen! Oft wird das Thema getreu dem Motto „mach bitte mal schnell Industrie 4.0“ an einen Mitarbeiter delegiert. Anfang der 2000er-Jahre war es so, dass die IT-Abteilung die wichtigste war, dann hat sich das Blatt gewendet. Das muss sich wieder umdrehen. Die IT-Abteilung muss an vorderster Front mitspielen, nur dann kann man quer über alle Abteilungen hinweg neue Modelle entwickeln.
Pammer-Schindler: Oftmals ist das Management damit überfordert. Ein Ansatz, den wir auch bei Kunden sehen, ist Dezentralisierung bzw. Open Innovation: mehr Entscheidungskompetenz bei den Mitarbeitern.
Huber: Es heißt nicht umsonst, dass man alles erreichen kann, wenn man bereit ist, das Lob zu teilen. Im Endeffekt geht es darum, aus Information eine Aktion zu machen.
Der Weg in die Digitalisierung muss von der obersten Ebene des Unternehmens gesteuert werden, sind Igo Huber (Citycom), Veronika Pammer-Schindler (TU Graz und Know-Center) und Ralf Parfuss (t-matix solutions) überzeugt.
Und es braucht natürlich auch die richtigen Rahmenbedingungen …
Parfuss: In der Ausbildung muss sich noch viel tun. Wir tun uns immens schwer, Fachkräfte mit IT-Kompetenz zu finden.
Huber: Auch bei der Infrastruktur gibt es angesichts der explodierenden Datenmengen Handlungsbedarf. Wir als Citycom arbeiten an einem eigenen LoRa-Netz für Graz. LoRaWAN ist ein Low-Power-WLAN-Protokoll, das für Kommunikation im Internet der Dinge entwickelt wurde. Solche Netze werden wir in wenigen Jahren dringend brauchen.
www.citycom-austria.com
Über die Diskussionsteilnehmer:
- Igo Huber ist Geschäftsführer des Grazer IKT-Dienstleisters Citycom in Graz, der u.a. die innovative Rechenzentrumslösung Knox Data anbietet.
- Ralf Parfuss ist Geschäftsführer des Unternehmens t-matix solutions, das eine IoT-Plattform entwickelt hat. Kunden sind u.a. CATERPILLAR, Garmin, STRABAG, AVL, Zodiac, Pewag, …
- Viktoria Pammer-Schindler ist Assistenzprofessorin an der TU Graz und Leiterin der der Area Ubiquitous Personal Computing am Know-Center, eines der führenden Forschungszentren für Big Data in Europa.
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