Telekommunikationsbranche: Vier Schlüsseltrends für die Zukunft

In den letzten 12 Monaten stand die Telekommunikationsbranche vor bedeutenden Herausforderungen und Entwicklungen. Der Aufstieg generativer künstlicher Intelligenz und anhaltende makroökonomische Instabilitäten zwangen die Unternehmen, ihre Geschäftsmodelle und Strategien grundlegend zu überdenken. [...]

Chivas Nambiar, General Manager Global Telco Business Unit bei AWS. (c) AWS
Chivas Nambiar, General Manager Global Telco Business Unit bei AWS. (c) AWS

Während in den Jahren zuvor traditionell das Umsatzwachstum im Vordergrund stand, verlagert sich der Fokus nun auf die Steigerung der Effizienz, insbesondere angesichts steigender Finanzierungskosten. Laut Omdia hat nur ein kleiner Teil der Unternehmen seine Betriebsausgaben im Verhältnis zum Umsatz reduziert. Angesichts der Prognose, dass die weltweiten Ausgaben für die digitale Transformation bis 2027 fast 3,9 Billionen US-Dollar erreichen werden, stehen tiefgreifende Veränderungen bevor, besonders in Bezug auf Investitionen. Zudem führen steigende Kosten für den Aufbau und Betrieb von Netzwerken dazu, dass Telekommunikationsunternehmen ihre Ausgabenstrategien anpassen müssen, um mit den aktuellen Entwicklungen Schritt zu halten.

1. Übergang in die nächste Phase mit generativer KI

Keine andere Technologie hat in letzter Zeit so viel Aufmerksamkeit erregt wie generative KI. Laut einer Umfrage von Altman Solon könnten die Ausgaben für generative KI bei Telekommunikationsunternehmen um das Sechsfache steigen, und die Einsatzmöglichkeiten werden innerhalb des nächsten Jahres durchschnittlich von 34 % der Unternehmen genutzt, und innerhalb der nächsten zwei Jahre wird dieser Wert auf 48 % ansteigen.

Telekommunikationsfirmen stecken momentan noch in der Anfangsphase bei der Nutzung generativer KI. Sie nutzen beispielsweise Anrufzusammenfassungen und Chatbots, um ihre bestehenden Systeme zu verbessern. Diese Tools sind schnell einsetzbar und leicht anzunehmen. Vor allem kundenorientierte Chatbots sind in der Branche beliebt. 92 % der Telekommunikationsbieter planen, Chatbots zu implementieren, 63 % davon haben bereits einen Chatbot im Einsatz. 

2024 markiert die nächste Phase in der Adaption, in der Telekommunikationsunternehmen ihre auf generativer KI basierenden Tools und Anwendungen ausbauen und skalieren werden. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung der Kundenerfahrung durch generative KI. Das äußert sich in personalisierten Produktangeboten und Marketingstrategien, um neue Wertschöpfung zu erzielen. Beispielsweise hat One New Zealand eine generative KI-Lösung eingeführt. Diese unterstützt Callcenter-Mitarbeiter dabei, die Gründe für Kundenanrufe besser zu verstehen und die Beantwortung der Fragen zu verbessern. Das führte zu einer Steigerung des Kundenvertrauens um 10 %. Amdocs zeigte mit der Einführung von Stellar Elements, wie schnell unternehmensweit Anwendungsfälle auf Basis von generativen KI-Tools entwickelt werden können, um den Geschäftswert zu erhöhen. Auch Cox Communications nutzt generative KI, um Innovationen voranzutreiben und die Arbeit im Kundenservice zu verbessern, indem die zuvor für manuelle Dokumentationssuchen aufgewendete Zeit von 2-3 Stunden auf wenige Sekunden reduziert wurde.

2. Steigende Nutzung von Software as a Service (SaaS)

Traditionell haben sich viele große Telekommunikationsunternehmen darauf konzentriert, durch die Kombination unterschiedlicher Technologien eigene Dienste zu entwickeln. Heutzutage wenden sich diese Unternehmen jedoch vermehrt Software-as-a-Service (SaaS)-Lösungen zu. Dies dient dazu, um technische Altlasten schneller zu überwinden und das Kundenerlebnis insgesamt zu verbessern. Anbieter wie T-Mobile nutzen beispielsweise SaaS-Angebote von Salesforce, Adobe, Amdocs und anderen. Ihr Ziel ist es, das Kundenerlebnis im Einklang mit ihrer „digital-first“ Strategie schnell zu modernisieren, während sie gleichzeitig komplexe Migrationen ihrer Systeme vornehmen.

Im Jahr 2024 wird der Fokus von Telekommunikationsunternehmen weiterhin auf der Nutzung von Software-as-a-Service (SaaS) liegen. Ihr Ziel ist es, die Zeit bis zur Markteinführung neuer Produkte zu verkürzen und gleichzeitig ihre finanzielle Performance und Flexibilität zu steigern.

3. Erschließung neuer Netzwerkfähigkeiten durch APIs

Telekommunikationsfirmen werden sich darauf konzentrieren, ihre Netzwerkfunktionen mittels Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) zu erweitern. Sie zielen darauf ab, Daten aus 5G-Netzwerken zugänglich zu machen und mehr Kontrolle über die Netzwerkprogrammierbarkeit zu erhalten, zur besseren Qualitätssteuerung von Services und Bandbreiten.

Da die Branche APIs über Betreiber hinweg standardisiert hat, müssen Telekommunikationsunternehmen bewerten, ob sie ihr eigenes API-Netzwerk hosten oder mit Cloud-Anbietern zusammenarbeiten werden. Es ist wichtig, die Komponenten für ein Netzwerk-API zu berücksichtigen, einschließlich Rechenleistung, Speicher, Datenbanken und maschinellen Lernfähigkeiten, die benötigt werden, um den Entwicklern verbesserte Unterstützung bieten.

4. Wertsteigerung der Betreiber durch Cloudnutzung zur Transformation der wichtigsten Netzfunktionen

Viele Telekommunikationsunternehmen nutzen die Cloud, um kosteneffizientere Netzwerke zu schaffen, die das Verhältnis von Betriebsausgaben zu Einnahmen um mehr als 10 % reduzieren können.

Auch 2024 wird der Fokus weiterhin auf Cloud-RAN liegen, und Unternehmen aus der Branche werden das volle Spektrum der Vorteile ausschöpfen, einschließlich höherer Effizienz, Kostenreduktion und reduziertem Energieverbrauch. Telekommunikationsanbieter wie NTT DOCOMO und NEC Corp haben gezeigt, dass sie ihren Energieverbrauch um über 70 % reduzieren können, indem sie Cloud-RAN nutzen.

Die Nutzung der Cloud bietet Telekommunikationsunternehmen nicht nur Möglichkeiten zur Kostensenkung, sondern eröffnet auch Chancen für neue Einnahmequellen. Dazu zählt beispielsweise die Überarbeitung von Produktreihen und deren Funktionen. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, ein weltweit verteiltes Unternehmensnetzwerk zu etablieren. Ein Beispiel hierfür ist die Deutsche Telekom, die ihre Connectivity Services mit externen Rechen- und Speicherkapazitäten kombiniert hat. Im Jahr 2023 hat TELUS eine Smart-Home-Lösung eingeführt, die den Bedarf an mehreren Smart-Home-Apps verringert und das Hinzufügen neuer Geräte vereinfacht.

Fazit

Die Wahl des richtigen Cloud-Anbieters beeinflusst maßgeblich die Verfügbarkeit von unternehmenstauglichen und sicher einsetzbaren generativen KI-Lösungen. Ebenso wichtig ist die Vielfalt der angebotenen Cloud-native SaaS-Dienste, die Unterstützung durch Entwicklergemeinschaften für APIs und die branchenspezifische Expertise. Diese Faktoren sind entscheidend für den Aufbau fortschrittlicher Ausführungskapazitäten. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Telekommunikationsunternehmen flexibel sein. Sie sollten kontinuierlich bewerten, wie neue Trends und Technologien das Erreichen ihrer Geschäftsziele unterstützen können und langfristigen Erfolg über das Jahr 2024 hinaus sichern können.

*Der Autor Chivas Nambiar, General Manager Global Telco Business Unit bei AWS.


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