Die meisten Unternehmen überdenken nicht ihr Geschäftsmodell angesichts der Digitalisierung. Bitkom hat deutsche Firmen im Auftrag von Tata einem Digital-Check unterzogen. [...]
„Vielen Unternehmen fehlt nach wie vor das Bewusstsein für den disruptiven Charakter der Digitalisierung“, erklärt Sapthagiri Chapalapalli. Der Director Central Europe bei Tata Consultancy Services (TCS) Deutschland fasst damit die Studie „Die zwei Gesichter der Digitalisierung“ zusammen. TCS hatte Bitkom Research mit der Erhebung unter rund 800 deutschen Unternehmen beauftragt.
- 78 Prozent der Digitalisierungsprojekte stößt der CIO an, was Bitkom Research nur dann für sinnvoll hält, wenn der CIO Vorstandsmitglied ist
- 17 Prozent der Befragten erklären, die Digitalisierung habe keinerlei Auswirkungen auf ihr Geschäftsmodell
- In Sachen moderndes Arbeitsumfeld stellt die Studie deutschen Unternehmen ein gutes Zeugnis aus
Bitkom Research hat acht Punkte untersucht:
1. BEWUSSTSEIN FÜR DIGITALISIERUNG
Jeder zweite Befragte (50 Prozent) erklärt Digitalisierung zum „wichtigen“ oder „sehr wichtigen“ Ziel. Das ist wenig, kommentieren die Studienautoren. Meist entwickeln auch nur die Unternehmen, die dem Thema Priorität einräumen, eine Digitalisierungsstrategie. Das heißt für Deutschland: Fast ein Viertel der Befragten können überhaupt keine Strategie vorweisen, ein weiteres Viertel nur bezüglich einzelner Bereiche.
Positiv aufgefallen sind den Forschern drei Branchen: Automotive, Chemie/Pharma und Banken/Versicherungen.
2. VERANTWORTUNG
Rund acht von zehn (78 Prozent) Digitalisierungsprojekten werden vom CIO beziehungsweise der IT angestoßen. Bitkom Research hält das nur dann für sinnvoll, sofern der CIO im Vorstand sitzt. Ideal sei ein auf höchster Ebene verankerter Chief Digital Officer, der solche Projekte initiiert, koordiniert und steuert. Einen solchen haben dreizehn Prozent der Befragten etabliert.
3. (UN)ANTASTBARKEIT DES GESCHÄFTSMODELLS
Zwar gehen deutsche Firmen Digitalisierung in konkreten Fragen an. So wollen sie Produkte und Dienstleistungen stärker individualisieren (44 Prozent) oder erweitern ihr Portfolio um virtuelle, digitale Leistungen (36 Prozent). Manche nehmen Produkte vom Markt (dreizehn Prozent). Bitkom Research merkt jedoch an, dass ein grundsätzliches Überdenken des Geschäftsmodells meist fehlt. 17 Prozent der Befragten erklären denn auch, die Digitalisierung habe überhaupt keinen Einfluss auf ihr Geschäftsmodell.
4. PLATTFORM-GEDANKE
In dieser Studie forciert Bitkom Research den Plattform-Gedanken. „Jedes Unternehmen sollte zumindest prüfen, ob es Plattformen gibt, die für seine Zielgruppe und sein Segment relevant sind“, schreiben die Forscher. Bisher setzt erst gut jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) das um. Eines der Ziele einer solchen Plattform besteht darin, Kunden direkt an der Produktentwicklung zu beteiligen.
5. VIER DIGITALE SCHLÜSSELTECHNOLOGIEN
Auf technologischer Seite gelten vier Punkte als relevant, das sind externe und interne Netzwerke, Cloud Computing und Big-Data-Lösungen. Erst fünf Prozent der Befragten setzen alle diese Technologien integriert ein.
6. VERNETZUNG MIT PARTNERN
Wer sich mit Lieferanten und Dienstleistern vernetzt, kann B2B-Potenzial nutzen, ist Bitkom Research überzeugt. Noch habe sich das in deutschen Unternehmen nicht durchgesetzt.
7. MODERNISIERUNG DER ARBEITSPLÄTZE
Dies ist der einzige Punkt, an dem die Studienautoren den deutschen Unternehmen ein gutes Zeugnis ausstellen. Die Digitalisierung von Büro- und Verwaltungsprozessen und die Optimierung der Arbeitsumwelt sei „relativ weit“ gediehen. Konkret nennen sie die Möglichkeit, flexibel zu arbeiten (69 Prozent), virtuelle Meetings abzuhalten (63 Prozent) und mobile Endgeräte zu nutzen (97 Prozent).
8. BERATUNG
Wichtigste Partner deutscher Entscheider sind IT- und Personalberatungen. So arbeiten 26 Prozent der Befragten mit IT-Consultants zusammen, um ihre Geschäftsmodelle zu digitalisieren. 18 Prozent optimieren Geschäftsprozesse mit externer Unterstützung.
Chapalapalli liegt besonders der Punkt Geschäftsmodelle am Herzen. Es gelte jetzt zu prüfen, an welchen Punkten das Geschäftsmodell einer Firma angreifbar sei – „und das besser heute als morgen“.
*Christiane Pütter ist Journalistin aus München und schreibt für die Computerwoche und CIO über IT, Business und Wissenschaft
Be the first to comment