Ob Kleidung, Preise oder Produktion: McKinsey zeigt, wie Unternehmen die Kunden besser einbeziehen und ihre Wünsche individuell erfüllen können. [...]
Jeder Jeck ist anders, behauptet nicht nur der Kölner im Karneval. Die Idee vom individualisierten Produkt wird sich in absehbarer Zeit zur Realität entwickeln, sagen die Berater von McKinsey in dem Papier „How technology can drive the next wave of mass customization“. Die Analysten haben sieben Technologien identifiziert, die Unternehmen dabei helfen sollen, für jeden Kunden Einzelstücke anzufertigen.
Als Beispiele nennt McKinsey Kleidung, die genau auf die Figur zugeschnitten ist, oder Lebensmittel, die individuelle Bedürfnisse nach Vitaminen und Nährstoffen erfüllen. Auch der Wunsch der Verbraucher nach Laptops und Autos in Lieblingsfarbe und -form steigt.
Das setzt zwei Dinge voraus: Das Unternehmen muss erkennen, welche Produkte sich dafür anbieten, und wie eine solche Customisierung bezahlt werden kann. Glaubt man McKinsey, bleiben diese Überlegungen kaum einem Unternehmen erspart. Nach der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise habe sich gezeigt, dass die Markentreue der Konsumenten auch im Hinblick auf weltweit anerkannte Brands abnimmt. Der Kunde muss wieder neu gewonnen werden.
Im Einzelnen führt McKinsey folgende sieben Technologien auf:
1. Social Media: Kaffeetrinker können beispielsweise über Frappuccino.com angeben, ob sie ihr Heißgetränk mit Himbeer- und Nussgeschmack mögen oder eine extra Portion Proteine wünschen. Das heißt: Unternehmen brauchen keine Marktforscher zu befragen, sondern können die Kunden selbst sprechen lassen. Auf diese Weise machen sie die Konsumenten zu Co-Entwicklern neuer Services und Produkte.
2. Interaktive Produkt-Konfigurierer: Ein Tool zum Umsetzen individualisierter Produkte sind interaktive Konfigurierer. Wichtig ist laut McKinsey, dass das Produkt visuell gut dargestellt wird. Dann macht es den Verbrauchern Spaß, mit verschiedenen Varianten zu experimentieren.
Als Beispiel nennt McKinsey „Shoes of prey“ aus Sidney. Soll es ein flacher Schuh in taubenblauem Wildleder sein oder doch lieber ein High Heel aus knallrotem Lack – die Kundin kann sich jede Version online ansehen. Sie bestimmt, ob der Schuh eine Zehenöffnung hat – und wie groß diese sein soll – und wie hoch und schmal der Absatz sein wird. Glaubt man „Shoes of prey“, steigt die Zahl der Kaufentscheidungen mit der Qualität der Technologie des Produkt-Konfigurierers.
3. 3-D-Druck: Die Nutzung von 3-D-Druckern ist bisher nicht billig. Wer die Figur der Kunden scannen und als 3-D-Modell konstruieren wollte, hatte nicht unerheblichen Installationsaufwand für die Technik. Doch hier zeichnen sich Fortschritte ab, so die Analysten, so dass kostengünstigere Angebote zu erwarten sind. Die ersten Rückmeldungen von zufriedenen Kunden zeigen, dass die Technologie besser Maß nimmt als ein ausgebildeter Schneider.
4. Empfehlungs-Maschinen: Zwar stellt Software keine neue Idee dar, die Nutzern aufgrund vorangegangener Entscheidungen Produkte und Services empfiehlt. Doch auch hier beobachtet McKinsey, dass die Maschinen immer ausgefeilter agieren und den Nutzern treffgenauere Angebote unterbreiten.
5. Algorithmen für das Pricing: Verschiedene Faktoren fließen in die Preise für Produkte oder Dienstleistungen ein. Je ausgeklügelter die Algorithmen, die diese Faktoren berechnen, umso höher der wirtschaftliche Erfolg. Dabei spielt auch die Wartezeit der Konsumenten eine Rolle. Diese soll möglichst kurz gehalten werden, um Kunden nicht zu verärgern.
Nach Einschätzung von McKinsey bekommt ein US-Pizzalieferant das gut hin. Dieser Pizzabäcker bietet überhaupt keine Standard-Produkte an – der Verbraucher stellt sich jede Pizza selbst zusammen. Dabei zeigte sich, dass bestimmte Zutaten – wie Gemüse, das in Scheiben geschnitten werden muss – teurer zu Buche schlagen als etwa eine Extraportion Käse. Solche Daten beeinflussen die Preise.
6. Unternehmens- und Produktionssoftware: Klassisches Lieferketten-Management hält mit dem Trend zu individualisierten Produkten nicht Schritt. Entscheider brauchen Software, die individuelle Design-Features tracken und verarbeiten kann, also etwa in die Produktionsanweisungen einspeist.
7. Flexible Produktionssysteme: Wenn Massenproduktion individualisierte Produkte ermöglichen soll, braucht sie flexiblere Systeme. Als Beispiel gilt Ford. Der Autokonzern investiert in dynamisch programmierbare Roboter, die mit austauschbaren Werkzeugen arbeiten. Das soll den Wechsel zwischen verschiedenen Modellen und Varianten bei laufender Produktion ermöglichen. Ein langer Weg von der Tin Lizzie bis zum einzigartigen Lieblingsauto.
Die Konsumwelt wird bei der Customisierung noch weitergehen, so McKinsey. Die New Yorker 3-D-Druckspezialisten von Shapeway’s verbinden bereits Kunst und Handwerk: Nutzer können ein Gedicht einschicken – Shapeway’s zeigt, wie es als Vase aussieht.
* Christiane Pütter ist Redakteurin der deutschen CIO.
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