Das Justizministerium arbeitet an einer gesetzlichen Regelung, den so genannten Bundestrojaner zu legalisieren. Der Arbeitskreis Vorratsdaten Österreich (AKVorrat) warnt. [...]
Justizminister Brandstetter bemühe sich zwar, der geplanten Überwachungssoftware einen anderen Namen zu geben, aber „von Behörden auf fremden Rechnern eingeschleuste Software, die Daten an sie liefert, ist und bleibt ein Trojaner“, so AKVorrat heute in einer Aussendung. Ob die Installation bloß vor Ort und nicht allein über die Ferne zulässig sein soll, würde nichts daran ändern. „Wenn der Staat Spionagesoftware gegen die eigene Bevölkerung einsetzt, ist dies nicht nur aus Grundrechtsperspektive problematisch, es untergräbt auch die Sicherheit aller anderen Nutzer“, so der Arbeiskreis weiter.
Für die von Minister Brandstetter genannten Dienste wie WhatsApp oder Skype wären gelindere Mittel wie Überwachung mittels Lawful Intercept Schnittstellen absolut ausreichend, meinen die Datenschützer. Technisch versierte Menschen könnten nämlich sehr einfach erkennen, dass Spionagesoftware Daten von ihrem Rechner ausleitet und ihr Verhalten entsprechend anpassen. Es könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass die Software manipuliert wird oder später neue Befehle erhält, was die Verwertung der Überwachungsergebnisse als Beweismittel vor große Probleme stellen würde. Der AKVorrat fasst die wichtigsten Argumente gegen die angekündigte Regelung zusammen und will damit möglichst frühzeitig eine breite Debatte zum Thema starten.
„Staatliche Überwachungssoftware ist eine ganz schlechte Idee. Wenn der Staat sich am Schwarzmarkt für Sicherheitslücken bedient, um die eigene Bevölkerung zu überwachen, dann macht uns das alle nicht sicherer. Das Justizministerium hat mit diesem Gesetzesvorschlag nur auf den nächsten schrecklichen Terroranschlag gewartet. Mit der Angst der Bevölkerung sollte man keine Politik machen“, so Thomas Lohninger, Geschäftsführer des AKVorrat, zu den Ankündigungen von Justizminister Brandstetter. Diese Woche soll ein Entwurf für die Überwachung von Internettelefonie in Begutachtung gehen, der unter anderem auch vorsieht, dass im Zuge von Hausdurchsuchungen unbemerkt Überwachungssoftware auf den Rechnern der Zielpersonen installiert werden kann.
PROBLEME ÜBER PROBLEME
Diese Regelung beseitigt jedoch laut den Datenschützern keines der grundsätzlichen Probleme von Überwachungssoftware dieser Art. Diese beginnen schon bei der Programmierung, gehen über die bewusste Nutzung von Sicherheitslücken und ihren Einkauf am Schwarzmarkt über die Unmöglichkeit, die Übermittlung von Daten durch einen Trojaner zu verschleiern bis hin zu Fragen nach der Zulässigkeit von Beweismitteln, die durch technische Eingriffe jederzeit manipuliert werden können.
Der AKVorrat hat die wichtigsten Gegenargumente entlang des gesamten Lebenszyklus – von Beschaffung und Installation bis zu Überwachung und Deinstallation – in einer Übersichtsgrafik zusammengefasst. „Schon die Ankündigungen zu diesem Gesetz lassen vermuten, dass es sich hier um einen weiteren Versuch handelt, die Grundrechte der Menschen zurückzubauen, ohne damit einen angemessenen Nutzen für Verbrechensverhütung bzw. -bekämpfung zu erzielen. Wir werden – wie schon bei der Vorratsdatenspeicherung und beim Staatsschutzgesetz – eine breite öffentliche Debatte anstoßen und der Vernunft eine laute Stimme geben“, so Christof Tschohl, Obmann und Jurist des AKVorrat.
Die Bürgerrechtsorganisation ruft das Justizministerium auf, den Gesetzesvorschlag zurückzunehmen und in Österreich statt staatlicher Überwachungssoftware ausreichende gelindere Mittel einzusetzen. (pi/rnf)
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