Neue Technologien wie Künstliche Intelligenz sollen den Arbeitsbeginn neuer Mitarbeiter optimieren. [...]
Gutes Onboarding ist eine Chance, die Produktivität und das Engagement neuer Mitarbeiter schnell zu steigern. Mitarbeiter richtig abzuholen wäre auch wegen des Homeoffice-Trends wichtiger denn je. Doch laut der „Onboarding“-Umfrage 2021 von Haufe sehen 86 Prozent der HR-Verantwortlichen beim Onboarding klaren Handlungsbedarf. In Fachforen und Studien wird oft über mangelhafte bis kaum vorhandene Prozessautomatisierung oder unzureichende fachliche Einarbeitung berichtet.
Überlastete Personalabteilungen
Jedes Onboarding umfasst nicht nur die soziale und fachliche Eingliederung der neuen Mitarbeiter, sondern auch administrative und organisatorische Formalitäten. Zusammenstellen und Ausfüllen der Unterlagen, Dokumentenprüfung, Orientierungsschulungen, Aufnahme ins Personalabrechnungssystem – all das und vieles mehr fällt neben den laufenden Aufgaben in den Verantwortungsbereich der HR.
„Die Herausforderungen für Personalabteilungen beim Onboarding-Prozess bestehen darin, dass er für beide Parteien zeitaufwendig, ermüdend und belastend ist“, so Karen Burke, Knowledge Advisor bei SHRM, dem weltgrößten Berufsverband der Personalbranche.
Eine Folge des enormen Administrationsaufwands ist, dass Neulinge länger auf Antworten auf wichtige Fragen warten müssen, aber auch, dass zu wenig Zeit für wirksame Onboarding-Aktivitäten bleibt. Oft liegt das daran, dass der Automatisierungsgrad beim Onboarding verglichen mit dem, was möglich wäre, noch ziemlich niedrig ist.
„Auch wenn viele Organisationen, die während der Pandemie rekrutieren mussten, Teile des Onboardings automatisiert haben, lässt das Ausmaß der Automatisierung noch Raum für Verbesserungen“, bestätigt Anil Vijayan, der sich als Partner beim Beratungsunternehmen Everest Group intensiv mit HR, KI und Automatisierung beschäftigt.
Laut der Haufe-Umfrage stecken Digitalisierung und Software-Einsatz bei HR in vielen Bereichen noch in den Anfängen. 40 Prozent der Befragten gaben an, dass sie ihre Rekrutierung noch mit analogen Maßnahmen erledigen, während 83 Prozent sagten, ihr Unternehmen habe im vergangenen Jahr „keine zusätzlichen (digitalen) Onboarding-Maßnahmen ergriffen“. Zu ähnlichen Ergebnissen kam schon 2017 eine Studie von Human Capital Institute (HCI) und dem HR-Software-Anbieter Kronos.
Der Automatisierungsgrad lässt sich auf mehreren Wegen erhöhen. Moderne HR-Systeme wie BambooHR oder HiBob verfügen zum Beispiel über eine Pre-Onboarding-Funktion, die mit einer umfassenden Datenerfassung die Automatisierung vieler Prozesse ermöglicht. In den letzten Jahren kamen vermehrt KI-Lösungen auf, die bereits in der frühen Phase des Onboardings durch Automatisierung zeit- und ressourcenintensive Prozesse und Aufgaben beschleunigen – etwa mit Chatbots oder virtuellen Agenten.
„Konversations-KI in Form von virtuellen Agenten kann verwendet werden, um die Anfragen neuer Mitarbeiter zu jeder Tageszeit zu beantworten, insbesondere in einem Remote-Kontext, in dem es möglicherweise nicht einfach ist, sich mit anderen Mitarbeitern zu verbinden“, erklärt Anil Vijayan von Everest Group.
Kavita Ganesan, KI-Beraterin und Autorin des kürzlich erschienenen Buchs „The Business Case for AI“, hat ein konkretes Beispiel parat: „Wenn Mitarbeiter noch keine Informationen zur Gehaltsabrechnung und zu Zusatzleistungen haben, kann die KI-gesteuerte Lösung nach und nach Aufgaben vorschlagen, um das zu erledigen.“
Der Markt für KI-basierte virtuelle Agenten ist noch recht jung, wächst aber schnell. Zu den bereits gut etablierten Anbietern gehört Leena AI. Das Unternehmen will mit seinen Produkten Organisationen helfen, aus dem Onboarding-Prozess ein ansprechendes, interaktives Erlebnis zu machen. Das Ziel ist, Unternehmen ein einheitliches Tool an die Hand zu geben, das einen reibungslosen und stetigen Kommunikationsfluss zwischen einem Kandidaten und einem Personalvermittler gewährleistet – von der Auswahlliste bis zum endgültigen Eintritt ins Unternehmen.
Leena AI lässt sich mit anderen Systemen wie SAP SuccessFactors, Workday oder Microsoft 365 verknüpfen, um eine abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zu ermöglichen.
Diese Prozessautomatisierung führt zu extrem kurzen Reaktionszeiten und zu Personalern, die sich auf personalisierte Dienste oder komplexe Sachverhalte konzentrieren können, statt stets wiederkehrende Fragen beantworten zu müssen. Und sie spart Geld. So berichtet etwa Infopro Learning, dass sein Kunde, ein großes IT-Unternehmen, nach Einführung eines HR-Chatbots 96.000 Dollar Kostensenkung pro Jahr für Onboarding-Programme verzeichnen konnte.
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