Healthcare: Der Ruf nach Digitalisierung

Der Druck auf das heimische Gesundheitswesen steigt unaufhörlich – ein Ventil lautet »digitale Transformation«. Welche digitalen Angebote in erster Linie nachgefragt werden, zeigt eine aktuelle Studie von Cisco. [...]

41 Prozent der Befragten hält unser Gesundheitswesen für veraltet und eine Modernisierung für dringend notwendig, insbesondere die Generation X. (c) Midjourney – W. Franz
41 Prozent der Befragten hält unser Gesundheitswesen für veraltet und eine Modernisierung für dringend notwendig, insbesondere die Generation X. (c) Midjourney – W. Franz

Lange Wartezeiten in der Praxis, schwierige Terminfindung in Spitälern, an vielen Stellen fehlendes Personal: Das österreichische Gesundheitswesen gerät immer mehr an seine Belastungsgrenzen. Digitale Lösungen können den Druck auf das Gesundheitswesen sowie auf Patienten und Patientinnen deutlich reduzieren und eine faire Gesundheitsversorgung für alle ermöglichen. Eine österreichweite Erhebung von Marketagent, beauftragt durch Cisco Österreich, zeigt deutlich: Digitalisierung im Gesundheitswesen ist dringend notwendig.

»Unsere Digital Healthcare-Studie zeigt generationenübergreifend große Nachfrage nach digitalen Gesundheitsangeboten. Der Einsatz digitaler Technologien senkt Kosten, steigert Effizienz und wirkt Personalmangel entgegen – und bedeutet damit eine Erleichterung für alle Beteiligten. Basis dafür ist allerdings eine hochsichere Netzwerk-Infrastruktur. Die wichtigsten Anwendungen und Dienste müssen jederzeit reibungslos und sicher funktionieren – auch in Zeiten hoher Auslastung«, so Peter Schuller, Digital Healthcare-Experte bei Cisco Österreich.

63 Prozent der Befragten wollen die digitalen Angebote im Gesundheitsbereich der COVID-19-Zeit zurück. Besonders Personen der Generation X und Baby Boomer sowie Wiener wünschen sich Online-Krankschreibung und Co. zurück. Die Angebote kamen bei den österreichischen Patienten sehr gut an, wurden jedoch nicht flächendeckend fortgesetzt. Fest steht, dass digitale Lösungen dabei helfen können, den Druck auf das Gesundheitswesen, Patienten und Fachpersonal zu reduzieren.

Ein System, das in die Jahre gekommen ist

41 Prozent der Befragten hält unser Gesundheitswesen für veraltet und eine Modernisierung für dringend notwendig, insbesondere die Generation X. Nur knapp ein Viertel empfindet es als modern und fortschrittlich. Die Transformation geht den Befragten zu langsam: Die Hälfte fordert mehr Tempo bei der Digitalisierung. Auch das Bedürfnis nach mehr Information ist hoch, denn nur ein Viertel fühlt sich ausreichend über Lösungen und Möglichkeiten der digitalen Gesundheitsversorgung informiert. Schon im Medizinstudium sollte nach Meinung von 47 Prozent der Befragten dieser Aspekt eine stärkere Rolle spielen, damit die nächste Generation an Ärzten und Ärztinnen als »Digital Natives« ihrer Branche in den Jobmarkt eintritt. Die Studie hat eine der Kernerkenntnisse aus drei Pandemie-Jahren nochmals erwiesen: Digitalisierung kann dabei helfen, Krisen zu bewältigen. Die jüngste Pandemie hat die Wichtigkeit nochmals in den Fokus der Bevölkerung gerückt: Knapp 44 Prozent der Befragten halten digitale Lösungen für ein Mittel zur besseren Krisenbewältigung. Besonders Familien hat COVID-19 dahingehend geprägt: Haushalte mit zwei Elternteilen und Kindern empfinden digitale Angebote als entlastend in Krisenzeiten. Bei 46 Prozent hat sich das Bewusstsein dafür in den letzten Jahren verstärkt, darunter signifikant viele Personen zwischen 20 und 29 Jahren.

Geforderte Angebote

Zu den größten Anliegen der Österreicher zählen Angebote, die ihnen den Alltag erleichtern und Zeit ersparen. 71,6 Prozent wünschen sich einfachere Prozesse, 68,4 Prozent erachten die Möglichkeit zur Online-Terminvereinbarung als wichtigen Aspekt. Jeweils rund 60 Prozent der Befragten wünschen sich einen digitalen Impfpass sowie die Möglichkeit zur digitalen oder telefonischen Krankschreibung. Auch Angebote wie virtuelle Sprech- oder Therapiestunden stoßen auf Zustimmung. Besonders Frauen und Personen der Generation Z und Millennials wünschen sich eine bessere Verfügbarkeit von Online-Therapie, beispielsweise im Rahmen einer Psychotherapie. So wünscht sich die Hälfte der 14 bis 19-jährigen mehr Online Psychotherapiestunden-Angebote.

Die mobile Gesundheitsversorgung ist etwa der Hälfte der Befragten ein Anliegen, besonders aber Personen zwischen 50 und 69 Jahren beziehungsweise Baby Boomern, sowie Menschen aus der Steiermark, Kärnten und Wien, weiters Einpersonenhaushalten. Erst im vergangenen Jahr hat Cisco ein entsprechendes Pilot-Projekt erstmals in Österreich präsentiert: Durch einen zur vollständig ausgestatteten, rollenden Arztpraxis umgebauten Niederflurbus könnten künftig auch Gemeinden ohne niedergelassene Medizinern mit Gesundheitsdienstleistungen erreicht werden. In Deutschland ist das Projekt bereits seit 2018 ausgerollt, so die Informationen von Cisco.

Digital aber sicher

Ein weiteres Projekt, das darauf abzielt, das Gesundheitssystem besser und gleichzeitig auch sicherer zu machen, ging unter anderem in Oberösterreich über die Bühne. Im EU H2020 Gemeinschaftsprojekt SERUMS (»Securing Medical Data in Smart Patient-Centric Healthcare Systems«) entwickelte das Software Competence Center Hagenberg (SCCH) mit neun internationalen Forschungspartnern einen Prototyp für ein datenschutzkonformes Gesundheitssystem. Oberstes Ziel ist der Schutz der gespeicherten, persönlichen Gesundheitsdaten vor unbefugten Zugriffen. Außerdem kann es mittels KI-Algorithmen vorhersagen, wie wirksam verschiedene Behandlungstherapien sind. Das Medizindatensystem soll die Bedürfnisse, die künftige Gesundheitsversorgung sowie die persönliche Betreuung und Behandlungsqualität von Patienten optimieren, so die Informationen von SCCH.

Hintergrund des Projekts ist die Entwicklung, dass zukünftig werden immer mehr Gesundheitssysteme dezentralisiert werden. An diesen werden mehrere Parteien wie Ärzte, Physiotherapeuten, Pflegefachpersonal sowie viele Endgeräte beteiligt sein, die verschiedene Arten persönlicher Informationen speichern. Das können Röntgenbilder, Arztbriefe aus verschiedenen Ländern und in verschiedenen Sprachen sowie Daten von persönlichen Gesundheitsgeräten, wie beispielsweise Blutdruckmesser oder eine Fitness-App sein. Die großen Datenmengen fließen oft über nicht vertrauenswürdige Netzwerke. Die Herausforderung für die Anbieter medizinischer Leistungen ist daher: den Schutz der Daten vor Cyberangriffen sowie die Wahrung der Privatsphäre während der gesamten Kommunikation zu gewährleisten.

Es sei erwiesen, so SCCH, dass die Integration häuslicher Gesundheitsversorgung, wie beispielsweise Blutdruck beziehungsweise Blutzucker messen oder eine Physiotherapie, in einen ganzheitlichen Behandlungsplan qualitativer sowie kostengünstiger ist. Gleichzeitig müssen jedoch die immer strenger werdenden Datenschutzvorschriften gegenüber Patienten erfüllt werden. Deshalb sind effizientere, effektivere, sicherere und auf den Patienten zugeschnittene Gesundheitssysteme stark nachgefragt.

Beim neu entwickelten System soll der Patient oder die Patientin selbst entscheiden können, welche Krankenhausabteilungen oder andere medizinische Einrichtungen Zugang zu seinen Daten bekommt. Zudem kann er verschiedenen Abteilungen unterschiedliche Zugriffsstufen erteilen, und auch wieder entziehen. Autorisiertes Fachpersonal kann, je nachdem, welche Berechtigung der Patient erteilt, auf Informationen im Datenpool zugreifen. Sowohl die gewährten Zugriffsrechte als auch sämtliche getätigten Zugriffe auf Patientendaten werden in einer eigens entwickelten Blockchain unveränderbar gespeichert.

Der Artikel erschien in der ITWelt.at-Sonderausgabe transform! 01/2023.


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