Während KI im Recruiting als Effizienztreiber gilt, blickt die Branche zugleich ambivalent in die Zukunft: 89 Prozent der Personaler glauben, dass KI den Recruiter-Job langfristig ersetzen könnte. Auffällig ist zudem die Diskrepanz zwischen HR-Agenda und Arbeitnehmerwünschen: Flexiblere Arbeitsmodelle zu entwickeln, rangiert bei Personalern aktuell weit hinten. Dieses Thema gehört für Beschäftigte jedoch zu den wichtigsten Faktoren für ein attraktiveres Arbeitsleben. [...]
Österreichs HR-Abteilungen wollen in den kommenden Monaten verstärkt auf Digitalisierung und künstliche Intelligenz setzen – deutlich mehr als noch 2024. Das geht aus dem repräsentativen XING Arbeitsmarktreport 2025 hervor, für den das Markforschungsinstitut Appinio 150 HR-Verantwortliche sowie 1.000 Beschäftigte in Österreich befragt hat.
Stagnation, hohe Inflation, Turbulenzen am Arbeitsmarkt, begleitet von trüben Aussichten auf Wachstum: Die heimische Wirtschaft hat ein herausforderndes Jahr hinter sich. Das hat auch Einfluss auf HR-Abteilungen. Sie wollen sich künftig digitaler aufstellen. Waren 2024 die Pläne der Personaler noch vorrangig, Stellenbesetzungen über Active Sourcing voranzutreiben (2024: 41 Prozent), sind ihre wichtigsten Themen für die kommenden Monate, die Digitalisierung und der Einsatz von künstlicher Intelligenz (35 Prozent). Spannend: Frauen möchten dieses Thema öfter vorantreiben als Männer (41 Prozent vs. 28 Prozent).
Weitere Pläne der Personaler sind Stellenbesetzung über Passive Sourcing, also klassische Stellenausschreibungen (27 Prozent) sowie ex aequo Stellenbesetzungen über Active Sourcing, also aktive Kandidatenansprache (27 Prozent). Wichtig wird für Recruiting-Abteilungen 2026 zudem das Führen von Bewerbungsgesprächen (25 Prozent) und der Cultural Fit und Matching bei offenen Positionen (24 Prozent).
„Diese Entwicklung zeigt: KI ist längst in der Arbeitswelt angekommen und gewinnt auch für die HR an Relevanz. Sie verschiebt dabei die Spielregeln im Job und verändert die täglichen Routinen“, sagt XING-Arbeitsmarktexperte Julian Stahl.
HR-Pläne für die nächsten Monate gehen an den Wünschen der Beschäftigten vorbei
Das Gestalten von neuen Arbeitsmodellen – ein Thema, das die HR-Welt seit der Coronapandemie prägt – liegt auf dem letzten Platz (11 Prozent) im Ranking jener Themen, mit denen sich HR-Abteilungen in den kommenden Monaten verstärkt beschäftigen möchten. Das ist insofern interessant, als dass die Appinio-Ergebnisse, für die auch 1.000 unselbstständig Beschäftigte befragt wurden, zeigen, dass eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie flexiblere Arbeitszeiten zu den Top-4-Wünschen gehören, die das Arbeitsleben der Menschen in Österreich noch attraktiver machen würden. Davor rangieren nur mehr die Wünsche nach einer besseren Entlohnung sowie zusätzliche Prämien und Boni.
Zukunftsaussichten: KI für Personalverantwortliche Erleichterung aber auch Risiko
Obwohl sich Personaler in den kommenden Monaten verstärkt mit Digitalisierung und KI beschäftigen möchten, zeigen sie sich bei Zukunftsaussichten diesbezüglich teilweise ambivalent: Glauben 89 Prozent („stimme eher“ bis „stimme voll und ganz zu“), dass KI den Job von Recruitern künftig obsolet machen wird, sind 97 Prozent der Ansicht, dass Recruiter – ob des menschlichen Faktors – weiterhin unverzichtbar bleiben. Aussagen, die KI im Joballtag begrüßen, finden insgesamt jedoch hohe Zustimmung: 95 Prozent sagen, KI steigert die Effizienz und Geschwindigkeit des Recruitingprozesses erheblich. 94 Prozent sind der Meinung, dass durch KI die Objektivität erhöht werden kann, weil unbewusste menschliche Vorurteile abgebaut werden. Gleichzeitig sind 89 Prozent besorgt, dass KI zum Verlust des Zwischenmenschlichen im Bewerbungsprozess führen könnte.
„Noch ist die Zukunftsangst eher abstrakt, aber die Ergebnisse zeigen, dass sowohl die positiven als auch die negativen Auswirkungen von KI verstärkt wahrgenommen werden“, sagt Julian Stahl. An eine Welt, in der Recruiting ohne Menschen auskommt, glaubt er aber nicht: „Qualifizierte Talente werden angesichts des demographischen Wandels in den kommenden Jahren ein immer knapperes Gut. Mit einem vollautomatisierten und unpersönlichen Einstellungsprozess wird man die Besten von ihnen kaum überzeugen können. Unternehmen können in Zukunft jedoch davon profitieren, ihre Prozesse dank Automatisierung effizienter und schneller zu machen. “

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