„Nachhaltige IT ist für Lenovo kein Lippenbekenntnis“

Lenovo gab letzte Woche ein Rekordquartalsergebnis mit Höchstwerten bei Gewinn und Umsatz bekannt. Das weitere Ziel: die Profitabilität innerhalb von drei Jahren zu verdoppeln. Die COMPUTERWELT sprach mit Michel Neuhold über die Situation in und die Ziele für Österreich. [...]

Michael Neuhold, SMB/Channel-Manager Lenovo Österreich (c) Lenovo
Michael Neuhold, SMB/Channel-Manager Lenovo Österreich (c) Lenovo

Die Ergebnisse des Q2/21 können sich sehen lassen, hat doch Lenovo ihre Leistung im Vergleich zum Vorjahr deutlich verbessern können: Der Nettogewinn stieg im Jahresvergleich um 65 Prozent auf 512 Millionen US-Dollar, die Nettogewinnmarge verbesserte sich um 0,7 Punkte und ist damit auf dem Weg zu dem Ziel der Gruppe, sich innerhalb von drei Jahren zu verdoppeln. Der Gewinn vor Steuern lag bei 742 Mio. US-Dollar, ein Plus von 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr, und der Konzernumsatz setzte seinen starken Wachstumskurs fort und erreichte 17,9 Mrd. US-Dollar, ein Plus von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der operative Cashflow verdoppelte sich im Vergleich zum Vorjahr auf 1,6 Milliarden US-Dollar, und gleichzeitig stiegen die F&E-Ausgaben der Gruppe im Quartal aufgrund erhöhter Investitionen in Innovationen um fast 60 Prozent.

In Österreich ist Michael Neuhold als SMB/Channel-Manager für die Marktentwicklung zuständig. Die Bekanntgabe der Quartalszahlen war ein guter Anlass, um im Interview mit Neuhold Lenovos Marktsituation hierzulande näher zu beleuchten.

Wie teilen sich die B2B- und B2C-Anteile bei Lenovo in Österreich auf?  

Das B2B Geschäft (welches über 1.200 Handelspartner pro Quartal abgewickelt wird) stellt ungefähr 85% des Gesamt-PC-Geschäftes in Österreich für Lenovo dar. Der B2C Anteil, der maßgeblich über unsere Retail-Partner erfolgt, liegt somit (ohne Motorola) aktuell bei 15%. Die Relation zwischen beiden Segmenten ist über die letzten Jahre sehr stabil und zugleich ein Abbild unserer Unternehmens-DNA, welche neben der Markführerschaft im Bereich Consumer primär Lösungen für Geschäftskunden im Fokus hat. Im Mobile-Bereich (Motorola) haben wir zum 1. April 2021 den Markteintritt primär über den B2C Bereich, bzw. über lokale Provider gewählt, um die Markenwahrnehmung zu stärken und das Vertrauen in die Produkte zu beweisen. Jedoch gelingt es uns auch hier vermehrt in den B2B Markt vorzudringen, welcher enorme strategische Relevanz für unsere Mobile-Strategie hat.

Wie wird der Lenovo Partner Hub angenommen?

Der Partner Hub ist unsere One-Stop Interaktionsplattform mit unseren Handelspartnern und Distributoren. Im Sommer 2020 haben wir sowohl den Hub, als auch die darin integrierte Lenovo BID Platform weiter entwickelt um unseren Geschäftspartnern eine signifikant verbesserte User Experience, Ease-of-Doing-Business, als auch Verdienstmöglichkeiten mit Lenovo zu bieten. Seit dem Re-Launch im August letzten Jahres sind regelmäßig 970 Partner (und somit > 80% der Gesamtpartnerlandschaft) als aktive Nutzer im Hub unterwegs. Im Jahr 2022 werden wir die Plattform noch integrativer und effizienter gestalten um ganzheitliche Lösungen (übergreifend über die Geschäftsbereiche) anbieten zu können: Hierbei fokussieren wir uns neben effizienten Lösungsangeboten auch auf mehr Flexibilität in den Konsumationsmodellen (Everything-as-a-Service als Alternative zur klassischen Kauf-Variante) um unseren Kunden bestmögliche Planbarkeit und Skalierbarkeit ihrer IT-Beschaffung zu bieten.

Wie läuft die Digitalisierung der österreichischen Schulen aus Sicht Lenovos? Wurden die gesetzten Ziele erreicht? Welche Ziele werden für das Schuljahr 2021/2022 angepeilt?

Wir sind äußerst stolz in der Umsetzung des 8-Punkte-Plans für die Digitalisierung der österreichischen Schulen proaktiv mitwirken und mitgestalten zu dürfen. Im Herbstsemester 2021 können bereits zahlreiche SchülerInnen der 5. und 6. Schulstufe österreichweit durch Lenovo Devices am digitalen Unterricht teilnehmen. Neben der Ausstattung österreichischer Schulen mit Lenovo Hardware gilt es vor allem Kompetenzen im digitalen Lernen aufzubauen, sowie die Basisinfrastruktur in Österreichs Schulen sicherzustellen.

Mit unserem zum 1. April 2021 eingeführten „Lenovo Education Specialist“ Partner-Programm haben wir uns genau das zur Aufgabe gemacht. Gemeinsam mit unseren zertifizierten Education-Partnern in ganz Österreich unterstützen wir Bildungsträger bei der Planung, Bereitstellung und Wartung der digitalen Lernumgebung. Ein ganzheitliches, partnerschaftliches Konzept, welches pädagogische Anforderungen ebenso wie eine sinnvolle Ausstattung mit Hardware, Software und Services berücksichtigt und volle Konsumations-Flexibilität (Miet- oder Kauf-Option) bietet.

TIPP: Am 29.3.2022 findet die größte virtuelle Konferenz zu Nachhaltigkeit in der IT unter sustain-it.at statt. Jetzt anmelden!

Die Komponentenverknappung war ziemlich bald nach Beginn der Pandemie ein Thema? Es scheint, dass das Thema sich jetzt sogar noch mehr zuspitzt. Wie sehen Sie die Lage? Was können Sie dagegen tun?

Korrekt, die Pandemie, sowie die damit verbunden Work- / Learn- / School-from-Home Konzepte haben die weltweiten Verknappungen in nahezu allen Branchen vorangetrieben und zunehmend verschärft. Als größter PC-Hersteller und viertgrößter Halbleiter-Abnehmer weltweit geht die aktuelle Situation nicht spurlos an uns vorüber. Neben den Chip- und LCD-Panel-Verknappungen entsteht zusätzlicher Druck auf die Logistikbranche, da es bei allen Transportmitteln (Luft-, See-, Bahn- und LKW-Verkehr) zu schwerwiegenden Kapazitätsengpässen kommt. Die Blockade des Suezkanals im März, Staus in Häfen und Engpässe bei Frachtcontainern haben den Seeweg zunehmend beschwerlicher gemacht und zudem signifikant verteuert. Auch der Flugverkehr wurde durch ausgesetzte Buchungen von internationalen Fluggesellschaften nach China wesentlich verteuert. Stornierungen haben hierbei zu einer Kapazitätskürzung von rund 30 Prozent geführt. Auf der letzten Meile (ab Europa) fehlt es schließlich an LKW-FahrerInnen welche die benötigten Waren dann an den gewünschten Zielort bringen.

Neben diversen logistischen Herausforderungen, sowie Verknappungen von Komponenten arbeiten wir jedoch mit Hochdruck an der Verbesserung unserer Supply-Chain. So nutzen wir AI-Technologien um den Abverkauf unserer Produkte vorauszusagen und damit die Planbarkeit für die benötigte Komponentenbeschaffung automatisiert zu erhöhen. Über Blockchain und IOT-Technologien sind wir in der Lage, die Bewegungen von Komponenten über ein Blockchain-Network effizient zu steuern und zwischen den Produktionsstätten zu balancieren um Durchlaufzeiten dramatisch zu verringern. Dies hilft uns gemeinsam mit unseren Distributoren die Hochverfügbarkeitslager mit den benötigten Produkten effizient zu befüllen, sowie auf flexible Lösungen (z.B. kurzfristiger Umbau von Lagermodellen auf abweichende Kundenanforderungen) zurückzugreifen.

Schlussendlich ist die frühzeitige Vorausplanung mit unseren Handelspartnern & Endkunden jedoch unumgänglich um eine fortlaufende Versorgung, und damit dem Produktivbetrieb der österreichischen Betriebe sicherzustellen.

Welche Neuerungen konnte Lenovo 2021 im immer wichtiger werdenden Bereich Nachhaltigkeit und Green IT setzen?

Das Thema Kreislaufwirtschaft und nachhaltige IT-Lösungen ist von zentraler Bedeutung für die Unternehmensstrategie von Lenovo. Dies ist kein Lippenbekenntnis, sondern zeigt sich messbar in unseren Leistungsangeboten. So hat unser CO2-Kompensationsservice „CO2-Offset“ kürzlich die international anerkannte DEKRA-Validierung im Bereich Nachhaltigkeit erhalten. Hierbei wurde unser Berechnungsprozess für den CO2-Fußabdruck von Lenovo-Produkten eingehend untersucht, sowie die Richtigkeit der ausgewiesenen Kompensationen verifiziert.

Unsere Kunden haben damit die Möglichkeit, die durch die Anschaffung von Lenovo Hardware verursachten CO2-Emissionen durch von der UN unterstützte Umweltprojekte auszugleichen. Die Rückverfolgbarkeit wird unseren Kunden mitgeteilt sodass die Emissionen der gekauften Hardware kompensiert, sowie in der CO2-Balance unserer Kunden berücksichtigt werden können. Unser Ziel dabei ist es die Nachhaltigkeit der IT-Beschaffung auf der ganzen Welt transparenter, greifbarer und nachvollziehbarer zu machen. Bereits 19 Monate nach dem Start des Dienstes haben unsere Kunden weltweit bereits ungefähr 375.000 Tonnen Kohlendioxid ausgeglichen – dies entspricht der Menge an Treibhausgasen die rund 80.000 PKWs in einem Jahr ausstoßen.

Neben definierten Leistungsangeboten setzen wir bereits seit Jahren auf nachhaltige Verpackungsstrategien sowie effiziente Herstellungsprozesse (z.B. Niedrigenergie-Löten).

Welche Ziele hat sich Lenovo für das nächste Jahr in Österreich gesetzt? Wie sieht es diesbezüglich speziell im Bereich Motorola aus?  

Das nächste Jahr steht für Lenovo im Zeichen der Kompetenzbündelung innerhalb der Geschäftsbereiche (PC/Infrastruktur/Mobility). Neben dem Ausbau des erfolgreichen PC-Geschäfts in weitere vertikale Geschäftsbereiche (OEM/Healthcare/Education) gilt es vor allem im Infrastruktur-Bereich (Server/Storage), sowie im Mobility-Bereich (Motorola) die notwendigen Schritte zu gehen, weiter zu skalieren und den Erfolgskurs am österreichischen Markt fortzusetzen. Die Bündelung von Kompetenzen sowie die Nutzung von Synergien im Rahmen ganzheitlicher Lösungskonzepte (z.B. Edge-Computing/VDI/Cloud) wird hierbei im Fokus aller Geschäftsbereiche stehen. Jedoch ändert sich neben der zunehmenden Verschmelzung der Fachbereiche im Sinne der Problemlösung auch die Art der Konsumation von IT Lösungen. Neben der klassischen Kauf-Option wird künftig über das Lenovo „TruScale“ – Everything-as-a-Service Konzept auch die Subscription-Variante (bzw. Mietmodell) zu größtmöglicher Planbarkeit, Skalierbarkeit und Flexibilität angeboten werden.

Das in den letzten zwei Jahren um 25 Prozent verstärkte Vertriebsteam wird weiterhin ausgebaut um die Anforderungen des Marktes bestmöglich abzudecken, sowie zusätzliche Spezialisten-Kompetenzen, vor allem in vertikalen Geschäftsbereichen einzubringen.

Für Motorola stehen relevante Listungen im Retail, als auch im Provider-Geschäft an der Tagesordnung, um die Marke wieder in die Köpfe der KonsumentInnen zu rufen. Zusätzlich werden wir unseren Fokus auf den B2B Bereich durch die Einführung des Motorola Enterprise Partner Programms in Österreich flankieren. Neben attraktiven Verdienstmöglichkeiten für unsere Handelspartner soll dieser programmatische Ansatz primär Enterprise-Kompetenzen (Zero-Touch Deployment / MDM / Security-Lösungen) für Geschäftskunden abdecken, sowie eine Experten-Community für den Motorola B2B-Bereich in Österreich etablieren.

Unser realistisches Ziel ist es 5 Prozent Marktanteil im österreichischen Android-Markt bis Ende 2022 zu erreichen.


Mehr Artikel

Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, über die Digitalisierung im Mittelstand und die Chancen durch Künstliche Intelligenz. (c) timeline/Rudi Handl
Interview

„Die Zukunft ist modular, flexibel und KI-gestützt“

Im Gespräch mit der ITWELT.at verdeutlicht Gregor Schmid, Projektcenterleiter bei Kumavision, wie sehr sich die Anforderungen an ERP-Systeme und die digitale Transformation in den letzten Jahren verändert haben und verweist dabei auf den Trend zu modularen Lösungen, die Bedeutung der Cloud und die Rolle von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Unternehmenspraxis. […]

News

Richtlinien für sichere KI-Entwicklung

Die „Guidelines for Secure Development and Deployment of AI Systems“ von Kaspersky behandeln zentrale Aspekte der Entwicklung, Bereitstellung und des Betriebs von KI-Systemen, einschließlich Design, bewährter Sicherheitspraktiken und Integration, ohne sich auf die Entwicklung grundlegender Modelle zu fokussieren. […]

News

Datensilos blockieren Abwehrkräfte von generativer KI

Damit KI eine Rolle in der Cyberabwehr spielen kann, ist sie auf leicht zugängliche Echtzeitdaten angewiesen. Das heißt, die zunehmende Leistungsfähigkeit von GenAI kann nur dann wirksam werden, wenn die KI Zugriff auf einwandfreie, validierte, standardisierte und vor allem hochverfügbare Daten in allen Anwendungen und Systemen sowie für alle Nutzer hat. Dies setzt allerdings voraus, dass Unternehmen in der Lage sind, ihre Datensilos aufzulösen. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*