KI bietet eine große Chance, wenn sie in großem Maßstab zur Unterstützung bestehender Unternehmen eingesetzt wird. Natürlich ist es bei so viel Aufmerksamkeit für KI schwierig, praktikable Strategien vom Hype zu unterscheiden. Für CIOs und CTOs stellen sich eine Reihe von Fragen. [...]
Ihnen ist sicher nicht entgangen, dass das Thema Künstliche Intelligenz allgegenwärtig ist. Die Frage, ob Führungskräfte im Technologiebereich ihre begrenzten operativen Budgets heute in KI investieren sollten, ist ein komplexes Thema, weshalb ich mich hier auf generative KI für den Unternehmenseinsatz beschränken möchten.
Die verschiedenen Arten der generativen KI
Für diejenigen, die mit dem CIO- und CTO-Leitfaden zur generativen KI von McKinsey vertraut sind, konzentrieren wir uns auf die „Shaper“ aus Schritt vier. Zur Erläuterung für die „too long, didn’t read”-Leute: Laut McKinsey gibt es drei Archetypen für die Nutzung von KI-Modellen: Taker, Shaper und Maker. Taker nutzen öffentlich verfügbare, kommerzielle KI-Lösungen wie ChatGPT, Microsoft 365 Copilot, GitHub Copilot oder Googles Bard. Shaper nutzen bestehende Modelle, die mit ihren eigenen Datenquellen verknüpft sind, z. B. die Verknüpfung des Azure AI Bot Service mit Ihren Support-Wikis, um Ihren Kunden Chatbot-Funktionen zur Verfügung zu stellen. Maker erstellen grundlegende Modelle, die von anderen genutzt und trainiert werden können: GPT4 von Open AI, PaLM 2 von Google oder Amazon Bedrock. Innerhalb einer größeren Organisation kann es auch Gruppen für jeden Archetyp geben.
Während KI-Tools für Mitarbeiter schnell zum Standard werden und zu Premium-Preisen von 20 bis 30 Euro pro Nutzer und Monat angeboten werden, sind CIOs möglicherweise schockiert, wenn sie feststellen, dass Microsoft 365 Copilot unter Umständen mehr kostet als ihr Office 365-Abonnement pro Subscription, das ebenfalls noch bezahlt werden muss. Das erscheint als zusätzliche Ausgabe, die nur schwer zu rechtfertigen ist. Wie bei jeder neuen Technologie ist es wahrscheinlich, dass die Preise im Laufe der Zeit sinken werden. Allerdings wird es eine untere Preisgrenze geben, da generative KI immer noch massive Rechenzentrumskapazitäten erfordert.
Im Lager der Taker liegt der Schwerpunkt auf dem geistigen Eigentum. Wem gehört das geistige Eigentum an den Ergebnissen eines verbraucherorientierten KI-Tools? Wie können Sie verhindern, dass kritische Daten und Wissen Ihres Unternehmens in das Trainingsmodell einfließen, wie es bei Samsung der Fall war? In diesem Fall benötigen Sie kein maßgeschneidertes KI-Team. Stattdessen sollten Sie Ihre Mitarbeitenden in der zulässigen Nutzung dieser Tools schulen und die Tools so konfigurieren, dass sie nicht zum Lernen beitragen. Außerdem sollte Ihr Legal-Team die geistigen Eigentumsrechte und das Risiko der Aneignung fremden geistigen Eigentums prüfen.
Wenn Sie zu den ‚Makers‘ gehören, haben Sie möglicherweise bereits KI-Ingenieure eingestellt, die unter starken Sicherheitsvorkehrungen an GPT5, PaLM3 oder anderen hochmodernen Skills arbeiten. Sie haben die Technologie von Korrelationsalgorithmen bis hin zum maschinellem Lernen und nun zu generativen KI-Schnittstellen weiterentwickelt, die auf großen Sprachmodellen basieren.
Bleiben die Shaper. Sie haben sich also entschieden oder wurden von Ihrem CEO oder Vorstand angewiesen, Ihre wertvollen operativen Technologiebudgets in generative KI-Tools zu investieren. Um sicherzustellen, dass sich diese Investition auszahlt, muss darauf geachtet werden, dass Generative KI effektiv eingesetzt wird. Jedes Unternehmen, das Kundensupport, Forschung, regulatorische oder juristische Dienstleistungen anbietet oder reale Menschen in seinen Vertriebs- und Marketingabteilungen beschäftigt, kann von der internen Implementierung generativer KI unter Anwendung des Shaper-Archetyps profitieren. Und wer es nicht tut, wird langfristig benachteiligt sein.
Abteilungsübergreifende Investitionen
Generative KI-Projekte sollten genauso streng bewertet werden wie andere Technologieinvestitionen. A/B-Tests mit Cloud-basierten Tools und Vertragsarbeitern sollten durchgeführt werden, um die Effektivität in kürzester Zeit zu messen.
- Chatbots mit menschenähnlichem Wissen können dazu beitragen, Personalkosten zu senken, indem sie Anrufe umleiten. Zudem können sie sich auf die Qualität der Support-Wissensdatenbank konzentrieren, die in jedem Unternehmen ein Problem darstellt. Um den ROI zu maximieren, sollten Sie ein Produkt mit einem umfangreichen und gut gepflegten Support-Wiki wählen und es mit einem öffentlichen, Cloud-basierten Tool für künstliche Intelligenz verknüpfen, um Ihren Chatbot auf Ihrer Support-Website zu trainieren. Der Support ist eine der am besten überwachten Funktionen in einem Unternehmen. Es gibt eine ausgereifte Reihe von Metriken, um die Effektivität des KI-aktivierten Chatbots im Vergleich zu einem nicht KI-aktivierten Chatbot oder sogar einem menschlichen Agenten zu bewerten. Anhand der Ergebnisse dieser Bemühungen kann festgestellt werden, ob sich weitere Investitionen lohnen. Der Business Case ergibt sich von selbst.
- Die Recherche in öffentlichen Datenquellen wie Vorschriften oder Patenten kann die zeitaufwändige manuelle Datensammlung auf verschiedenen Websites reduzieren. Durch die zentrale Verfügbarkeit dieser Daten kann auf eine effizientere und bereits strukturierte Informationsquelle zurückgegriffen werden. Das spart Zeit für die Überprüfung der Ergebnisse der Datensammlung und die Bestimmung der Anwendung innerhalb des Produktportfolios. Das automatisierte Modell muss jedoch von Fachleuten trainiert werden, um zu bestimmen, welche Regierungsseiten überprüft werden müssen und wie sich die Regulierung auf Produkte oder Kunden auswirkt. Es ist eine Herausforderung, geeignete Kontrollen zu identifizieren, um die Ergebnisse zu validieren und das Modell zu verbessern. Ein erfolgreicher Prozess kann erhebliche Vorteile bieten und dazu beitragen, dass Mitarbeitende in Forschungs- oder Regulierungsteams nicht abwandern. Sie gewinnen wertvolle Zeit zurück und die Mitarbeiterzufriedenheit steigt.
- Vertriebs- und Marketingfunktionen könnten von einer besseren Kenntnis der Kundensegmentierung, der Ziele von Marketingkampagnen und der Planung von Vertriebskonten profitieren. Vor sechs Monaten wäre dies noch ein Pilotprojekt gewesen. Mit den jüngsten Ankündigungen von Salesforce mit Einstein GPT, Microsoft Sales Copilot, SAPs Business AI, People.ai mit Account GPT und Marketo AI entwickelt sich dieser Bereich schnell vom Maker zum Archetyp des Takers. Es ist dennoch sinnvoll, parallele Marketingkampagnen zur Nachfragegenerierung durchzuführen. Eine KI-gestützte Kampagne und eine traditionelle Kampagne werden durchgeführt, wobei einem vertikalen Team KI-gestützte CRM-Tools und Schulungen zur Verfügung gestellt werden, um die Leistung mit der nicht KI-gestützten Hälfte des vertikalen Teams zu vergleichen.
Die genannten Anwendungsbeispiele verdeutlichen die Herausforderungen bei der Finanzierung von KI-Investitionen. Das Kundenbetreuungsbeispiel ist das einfachste und hat das sauberste Business-Case-Modell. Das Forschungsbeispiel erfordert umfangreiche Planung und Fachwissen und ist möglicherweise schwieriger zu verkaufen. Die Bedeutung des Go-to-Market-, Marketing- und Vertriebsbeispiels nimmt ab, da alle großen Plattformanbieter aktiv daran arbeiten, künstliche Intelligenz in ihre Produkte zu integrieren. Dies sollte vor allem an Ihr Learning- und Development-Team weitergegeben werden, vorausgesetzt, Sie verfügen über die Tools und können ein Pilotprojekt finanzieren. Es ist wichtig zu erfahren, wie der Plattformanbieter KI in sein Toolset integriert hat und wie Sie den größtmöglichen Nutzen aus den höheren Lizenzkosten ziehen können. Die Risiken, die zuvor in den Taker-Beispielen genannt wurden, sind auch hier vorhanden.
Ihr KI-Team leiten
Wir haben das Brainstorming zur Aktivierung der KI durchgeführt, die Anwendungsfälle validiert und den Markt evaluiert. Jetzt müssen wir das Pilotprojekt durchführen. Die nächste Hürde ist das Recruiting der passenden Talente. Mit wem sollen wir zusammenarbeiten? Und dann stellt sich die Frage nach dem Hosting: Sollen wir es On-Premises im eigenen Rechenzentrum hosten oder doch lieber in der Public Cloud? Pilotprojekte dieser Art bieten eine hervorragende Möglichkeit, Leistungsträger/High Potentials mit externem Fachwissen für einen bestimmten Zeitraum zusammenzubringen. Wir haben festgestellt, dass es sinnvoll ist, das Innovation Lab und das Team der KI-Architekten mit Schlüsselpersonal aus der jeweiligen Fachabteilung zu besetzen und durch externe Experten zu ergänzen.
Dies ist die beste Option. Das Innovation Lab und die Architekten bringen Governance und Prozesse in das Pilotprojekt ein. Externe Auftragnehmer steuern neues Know-how bei. Und das Schlüsselpersonal bekommt die Möglichkeit, an etwas Innovativem zu arbeiten, während es eine – wenn auch nur partielle – Auszeit von seiner normalen Arbeit bekommt.
So bilden wir ein AI-Team aus internen Experten, externen Experten und High Potentials. Sie kommen für einen bestimmten Zeitraum zusammen, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzielen. Dies hält nicht nur die Anlaufkosten niedrig, sondern erzeugt auch einen Halo-Effekt, da Sie mit Ihren Führungskräften und externen Experten ein hohes Arbeitspotenzial haben. Dies zahlt sich aus, wenn es darum geht, das Engagement über die Ziele des Pilotprojekts hinaus aufrechtzuerhalten.
Da wir nun ein Pilotteam haben, müssen wir uns mit der Frage des Hostings befassen. Angesichts der Natur eines Pilotprojekts ist es sinnvoll, eine Public-Cloud-Lösung zu verwenden. Jeder Cloud-Anbieter wird in der Lage sein, Ihre KI-Pilotplattform zu hosten. Also entscheiden Sie sich einfach für den Anbieter ihres Vertrauens. Die Public Cloud ist für jeden Ansatz sinnvoll, da sie bei einem Scheitern des Pilotprojekts schnell abgeschaltet werden kann und Ihr Budget nicht weiter belastet.
Sobald Sie den Umfang Ihres Pilotprojekts definiert, interne und externe Mitarbeitende eingestellt und einen flexiblen Hosting-Stack implementiert haben, ist es an der Zeit, das Modell zu implementieren, die Beteiligten zu schulen und die Ergebnisse zu messen. Das kann einige Wochen oder einige Quartale dauern, und an einem bestimmten Punkt müssen Sie alle Beteiligten wieder zusammenbringen, um die Ergebnisse zu überprüfen. Die Entscheidungen, die bei diesem Treffen getroffen werden, bestimmen die nächsten Schritte. Wenn der Pilot nicht überzeugend war, haben Sie vielleicht die Möglichkeit, ihn noch einmal zu verfeinern und zu messen, oder Sie sagen: „Schluss damit“.
Unter der Annahme, dass alles gut geht und der Pilot die Akzeptanzkriterien erfüllt oder übertrifft, befinden Sie sich nun an einem Wendepunkt. Sie müssen nicht nur Personal einstellen, um das Pilotprojekt am Laufen zu halten, sondern es vielleicht sogar auf andere Kohorten ausweiten. Im Beispiel des Kundendienstes werden Sie beispielsweise Opfer Ihres eigenen Erfolgs, wenn Sie eine Flut neuer Anfragen für die KI-Aktivierung erhalten, da jeder Geschäftsführer versucht, den Umsatz zu steigern und die Betriebskosten zu senken. Dann wissen Sie, dass es an der Zeit ist, einen Personalplan aufzustellen, um ein maßgeschneidertes KI-Team aufzubauen, und zwar nicht auf der Grundlage von Vermutungen, sondern auf der Grundlage eines greifbaren Nutzens für Ihr Unternehmen.
*Der Autor Eric Lefebvre ist CTO bei Sovos.
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