Wertschöpfung im Multi-Cloud-Ökosystem

Der Siegeszug der Cloud hält unvermindert an. Profitieren vom Cloudwachstum nur die Hyperscaler? Nein, denkt Mareike Jacobshagen, Head of Global Business Partner Program bei DE-CIX. Richtig aufgesetzt bringt ein Multi-Cloud-Ökosystem allen Beteiligten einen Mehrwert, von Distributoren, Managed Service Providern, System- und Beratungshäusern bis zu den Endkunden. [...]

Mareike Jacobshagen, Head of Global Business Partner Program beim DE-CIX. (c) DE-CIX

Unternehmen, die heute die Cloud-Transformation stemmen wollen, stehen vor vielen Fragen. Oft suchen sie sich dann externe Hilfe. Doch auch für Dienstleister sind solche großen Transformationsprojekte oft noch eine Herausforderung. Daher möchte der DE-CIX (Deutscher Commercial Internet Exchange) diese Unternehmen zu Enablern der Cloud machen und sie mit modernen Interconnection-Produkten versorgen.

Komplexe IT-Landschaften und Cloud-Dschungel

Die Anforderungen an IT-Abteilungen werden immer komplexer. Es gilt, verschiedenste on-premise und Cloud-Ressourcen geschickt einzusetzen, Schnittstellen für verschiedenste Dienste bereitzustellen oder clever in interne Systeme einzubinden sowie ein Netzwerk zu managen, das mit all diesen Herausforderungen umgehen kann, und dazu noch die Anbindung an Partner und Lieferanten einzubeziehen. Gerade die vergangenen Pandemiejahre haben diesen Trend beschleunigt. Schnell mussten Remote-Work-Konzepte technisch umgesetzt werden und viele Digitalisierungsprojekte wurden vorgezogen. Vor allem der Run auf die Cloud wird nicht langsamer: Praktisch alle Unternehmen nutzen inzwischen auf die eine oder andere Art Cloud Services.

Allerdings läuft die Cloud-Transformation nicht immer rund. So gaben in einer DE-CIX Marktstudie im Jahr 2021 90 Prozent der befragten Unternehmen an, mit der Performance ihrer Cloud-Dienste wie Microsoft 365 zu kämpfen. 50 Prozent der Befragten gaben zudem an, Probleme mit kritischen Daten, Sicherheits- oder Kostenaspekten zu haben. Das hat viele verschiedene Gründe. Einer der wichtigsten: Es ist nicht DIE Cloud, sondern es gibt eine Vielzahl verschiedener Cloud-Services, SaaS-Angebote aus der Cloud für unterschiedliche Einsatzszenarien sowie die Möglichkeit, einen Großteil der Unternehmens-IT in eine Cloud zu verlagern. Da wird es schnell unübersichtlich und komplex, ein reibungsloses Zusammenspiel sicherzustellen.

Alles auf eine Cloud-Karte setzen?

Es ist nicht verwunderlich, wenn IT-Abteilungen unter diesen Voraussetzungen gern alles auf eine Cloud-Karte setzen und Daten, Anwendungen oder andere Ressourcen von nur einem Anbieter beziehen. Doch diese Konzentration auf nur eine Cloud birgt erhebliche Risiken. Was ist, wenn es trotz eines Service-Level-Agreements zu einem massiven Störfall kommt – man denke nur an den Brand im Rechenzentrum eines französischen Cloudbetreibers im Frühjahr 2021, mit dessen Folgen viele Unternehmen noch Tage später zu kämpfen hatten.

Setzt man auf nur einen Cloudpartner, schafft man zwangsläufig einen „Single Point of Failure“ – schließlich kann es auch bei den größten Tech-Unternehmen zu Ausfällen kommen. Vor allem in der Finanzbranche ist die Diskussion um eine Regulierung des „Cloud Concentration Risk“ im Fokus. So sieht beispielsweise die Europäische Bankenaufsichtsbehörde die Aufgabe, dieses Risiko zu monitoren und zu managen, bei den Finanzinstituten. Aber auch aus eigenem Interesse sollten Unternehmen beim Thema Cloud nicht alles auf ein Pferd setzen. Eine Multi-Cloud-Strategie kann Risiken besser verteilen.

Multi Cloud schafft Flexibilität

Durch einen Multi-Cloud-Ansatz lassen sich resilientere Infrastrukturen aufbauen und der sogenannte Vendor Lock-in wird vermieden. Doch das kommt zu einem Preis: Solche Ökosysteme sind komplexer als ein zentralistischer Ansatz und funktionieren nur, wenn die verschiedenen Cloud-Ressourcen, SaaS-Angebote und die Anbindung an eigene Rechenzentren harmonisch zusammenspielen. Es braucht also eine Stelle, die dies alles orchestriert.

Diese Rolle können IT-Systemhäuser und Managed Service Provider einnehmen, die bereits seit längerer Zeit partnerschaftlich mit Unternehmen zusammenarbeiten und nun als Cloud Navigator fungieren können. Von einem solchen Partner können Unternehmen nicht nur SaaS-Angebote aus der Cloud beziehen, er stellt inzwischen auch die direkte und performante Anbindung an die verschiedenen Provider sicher. Da die Berater Angebote der verschiedenen Anbieter und die Bedürfnisse ihrer Kunden genau kennen, können sie neue, passende Dienstleistungen ihrem Portfolio hinzufügen, wenn diese für ein Unternehmen interessant sind.

Interconnection, der Schlüssel in die Cloud

Nur durch das Reselling von SaaS-Angeboten wird man noch nicht zu einem Cloud-Navigator. Dazu muss auch die Anbindung der Kunden an die Cloud bewerkstelligt werden. Zu diesem Zweck müssen sich die Beratungs- und Systemhäuser auch mit dem Thema Interconnection, also der direkten Zusammenschaltung von Netzwerken, befassen. Dafür benötigen sie wiederum die Hilfe eines Interconnection-Spezialisten.

Fazit

Auch wenn immer gerne von DER Cloud die Rede ist, sollte man nicht vergessen, dass es nicht nur eine einzige gibt. Aus Resilienzgründen, um den Vendor Lock-in zu vermeiden und individuelle Use-Cases abzubilden sind Unternehmen sogar gut beraten, auf mehrere Anbieter zu setzen. Dadurch wird das Ökosystem allerdings auch entsprechend komplex und die verschiedenen Ressourcen wollen verbunden werden. Das ist eine Chance für Berater und Systemhäuser, die durch die Aufnahme moderner Interconnection-Services in ihr Portfolio zu einer Art zentralen Cloud-Aggregator werden können. Dadurch profitieren einerseits sie selbst, andererseits aber auch die Endkunden, die alle Services sowie Know-how aus einer Hand erhalten.

*Die Autorin Mareike Jacobshagen ist Head of Global Business Partner Program beim DE-CIX.


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