Mobile Office aus dem All

Modernes Arbeiten lässt sich von praktisch jedem Ort aus mobil ermöglichen, doch oft ist der dazu nötige Web-Zugang zu langsam oder unsicher. [...]

Foto: Kris/Pixabay

Alles ist bereit: Das Wohnmobil steht auf dem Campingplatz, der Tisch mit Ausblick ist aufgebaut und der Laptop darauf soll den modernen Worker auch in der Natur produktiv werden lassen. Doch dann zeigt die Anzeige für das WLAN nichts an –und auch das rasch mit Tethering zum Modem umfunktionierte Smartphone geht nur im Schneckentempo ins Netz.

Für mobile Arbeiter, die nicht immer nur im Büro oder im Homeoffice sein wollen, ist das ein Horrorszenario. Denn der Traum von der räumlichen Unabhängigkeit steht und fällt mit der Netzverbindung, die nicht nur schnell, sondern auch sicher sein muss.

Und die wollen seit der Corona-Pandemie immer mehr vor allem jüngere Menschen: Viele ziehen als Freiberufler um die Welt und brauchen lediglich den Web-Zugang und einen Laptop oder ein Tablet zum Arbeiten. Häufig sind sie in Coworking-Spaces anzutreffen, wo sie einen Online-Zugang und gleichgesinnte Arbeitsnomaden­ vorfinden. Doch viele wollen auch in der Natur arbeiten, etwa von ­einem Camper aus, und da wird das Internet schnell zu einem Problemfall.

Selbst wer auf einem Campingplatz oder in einem Café ein öffentliches WLAN erreicht, wird damit nicht ­immer bedenkenlos ins Firmennetz gehen können oder dürfen. Grundsätzlich gelten hier ähnliche Sicherheitsbedenken wie in der Heimat – sei es wegen gezielter Attacken oder auch der Nachlässigkeit der oft unprofessionellen Hotspot-Bereitsteller.

Abhilfe schafft eine verschlüsselte VPN-Verbindung (Virtual Private Network) zur eigenen Firma, die entweder von dieser eingerichtet wird oder über Drittanbieter wie NordVPN per App kostenpflichtig gebucht werden kann. Allerdings erlauben nicht alle Länder die Nutzung von VPNs, man nehme beispielsweise China.

Mobilfunk ist eine sicherere Alternative zu WLAN, aber auch nicht immer verfügbar, etwa auf dem Land oder an abgelegenen Orten. Und wenn Empfang besteht, ist dieser im Datenverkehr oft quälend langsam, zumal gerade für Videokonferenzen nicht nur im Downlink zum Nutzer, sondern auch im Uplink ein hoher Bedarf besteht.

Zoom gibt selbst für Videocalls mit zwei Teilnehmern folgende Werte an: „Für qualitativ hochwertiges Video: 600 KBit/s (Upload/Download. Für 720p HD-Video: 1,2 MBit/s (Upload/Download). Für 1080p HD-Video: 3,8 MBit/s bzw. 3,0 MBit/s (Upload/Download).“ Bei mehreren Teilnehmern steigen die Anforderungen noch weiter.

Wenn die Anzeige im Smartphone dann aber ein „E“ für den 2G-basierten Standard EDGE oder in manchen Ländern auch das bei uns abgeschaltete „3G“ zeigt, gehen maximal 384 KBit/s im Download durchs mobile Netz – für Videokonferenzen reicht das bei Weitem nicht aus.

Die Abhilfe schaffende Flächendeckung mit 5G ist in Europa noch lange nicht erreicht. Selbst an manchen potenziell eigentlich gut versorgten Orten wie Bahnhöfen oder Flughäfen kann es zudem zu Datenstaus kommen, wenn zu viele Nutzer eingebucht sind.

Nicht zum Nulltarif

Dazu kommen Roaming-Kosten in Ländern jenseits der EU, die horrend sein können. Die Videokonferenz vom Strand in Hawaii macht die anderen Teilnehmer vielleicht neidisch, aber spätestens angesichts einer drei- oder vierstelligen Mobilfunkrechnung vergeht der Urlaubsspaß.

Abhilfe schaffen SIM-Karten aus dem jeweiligen Land, auch lassen sich über Anbieter wie Holafly eSIMs mit Datenpaketen auf ein entsprechend ausgestattetes Smartphone installieren.

Noch ist die Auswahl an 5G-fähigen Hotspots­ recht beschränkt
(Quelle: Netgear)

Wer innerhalb der EU unterwegs ist, fährt dagegen mit einer Mobilfunklösung für das mobile Office gut und sicher. Ein spezieller Mobilfunk-Router mit einem entsprechenden Tarif, der ein WLAN einrichtet, ist dabei – zumindest in Deutschland – eine komfortable Nutzungsform, denn er bietet in der Regel einen besseren Empfang und mehr Komfort als ein Smartphone, das im Tethering-Modus als Router herhalten soll.

Alle Netzbetreiber bieten 5G-Router an, wobei die Modelle der ersten Generation, die von Huawei kamen, inzwischen durch andere Hersteller wie TCL (Vodafone), ZTE (Telekom) oder Askey (Telefónica) ersetzt wurden. Selbst 1&1 macht seine ersten zaghaften Endkundenangebote im eigenen 5G-Netz mit Routern zum Heimeinsatz (AVM FritzBox 6850 5G) – allerdings ist dieses Angebot mangels Abdeckung wohl (noch) keine­ Alternative für mobile Worker.  

Mit einem Blick in den Himmel erschließt sich dann noch eine weitere Zugangstechnologie, die es schon länger gibt, aber jetzt einen neuen Schub bekommt. Seit Elon Musk mit Starlink eigene Satelliten ins All schießt, ist wieder Bewegung im Markt. Viele Kunden scheuen allerdings noch die Kosten für Internet über Satellit, denn neben dem Kauf der Antenne und des Modems ist die Nutzung trotz inzwischen gesunkener Preise recht teuer.

Ein Tarif wie „konnect Easy“ von Eutelsat schlägt mit 29,99 Euro im Monat zu Buche und bietet bis zu 30 MBit/s im Downlink und 5 MBit/s im Uplink. Bei Elon Musk gibt es mit „Space X Starlink“ immerhin 150 und 20 MBit/s, dafür werden aber auch 65 Euro im Monat und einmalig 300 Euro für die Hardware fällig. Für mobile Worker, die mit einem Fahrzeug unterwegs sind, kann das eine (teure) Alternative sein, allen anderen dürfte schon der Transport der Sat-Antennen Probleme bereiten.

Doch könnte die Hardware in Zukunft kleiner werden: Smartphones wie die ­iPhone-14-Serie oder das Cat S75 bieten ­Zugang zu Satellitendiensten ­wie Notruf oder eingeschränktem Messaging, und das ist inzwischen mit einer integrierten Antenne möglich. Datenübertragungen sind allerdings noch Zukunftsmusik, doch Starlink und T-Mobile USA arbeiten Ankündigungen gemäß bereits am Thema. 

*Boris Boden leitet die Testredaktion für die Zeitschriften Telecom Handel und com!, außerdem ist er stellvertretender Chefredakteur der Telecom Handel. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Handy, Smartphones und Tablets. Vor seinem Drang, technische Spielzeuge auszuprobieren, ist kein Gerät sicher.


Mehr Artikel

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

News

KI ist das neue Lernfach für uns alle

Die Mystifizierung künstlicher Intelligenz treibt mitunter seltsame Blüten. Dabei ist sie weder der Motor einer schönen neuen Welt, noch eine apokalyptische Gefahr. Sie ist schlicht und einfach eine neue, wenn auch höchst anspruchsvolle Technologie, mit der wir alle lernen müssen, sinnvoll umzugehen. Und dafür sind wir selbst verantwortlich. […]

Case-Study

Erfolgreiche Migration auf SAP S/4HANA

Energieschub für die IT-Infrastruktur von Burgenland Energie: Der Energieversorger hat zusammen mit Tietoevry Austria die erste Phase des Umstieges auf SAP S/4HANA abgeschlossen. Das burgenländische Green-Tech-Unternehmen profitiert nun von optimierten Finanz-, Logistik- und HR-Prozessen und schafft damit die Basis für die zukünftige Entflechtung von Energiebereitstellung und Netzbetrieb. […]

FH-Hon.Prof. Ing. Dipl.-Ing. (FH) Dipl.-Ing. Dr. techn. Michael Georg Grasser, MBA MPA CMC, Leiter FA IT-Infrastruktur der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft m.b.H. (KAGes). (c) © FH CAMPUS 02
Interview

Krankenanstalten im Jahr 2030

Um sich schon heute auf die Herausforderungen in fünf Jahren vorbereiten zu können, hat die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft (KAGes) die Strategie 2030 formuliert. transform! sprach mit Michael Georg Grasser, Leiter der Fachabteilung IT-Infrastruktur. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*