Nach Corona: Vier Wege, wie New Work sicher scheitert

Die einen erhoffen sich nach Corona eine umfassende Transformation der Arbeitswelt, bei anderen wird der Wunsch nach der Rückkehr zur Prä-Pandemie Welt laut. Die beiden New-Work-Experten Colin Roth und Rainer Schubert skizzieren vier Negativszenarien, wenn wir nach Corona einfach weiter machen wie bisher. [...]

Colin Roth, BlackBox/Open: "Trotz der neu etablierten und teilweise effektiveren Arbeitsweisen während der Lockdown-Wochen dürfen wir nicht dazu übergehen, alle Firmenstandorte zu verkaufen und komplett in der virtuellen Welt zu bleiben."

Vorteile und Freiheiten der virtuellen Zusammenarbeit ignorieren

Rainer Schubert ist Leiter Entwicklung Neue Arbeitswelten der in Nürnberg und schildert Beispiele von Kolleginnen und Kollegen, die während der Pandemie Home-Office nicht nur als Heimbüro, sondern als mobiles Arbeiten gedacht haben. Beispielsweise haben sie aus dem Wohnmobil, Eltern- oder Ferienhaus gearbeitet. „Durch Remote Work wird die Zeit für den entfallenen Arbeitsweg sinnvoller genutzt“, beobachtet Schubert und dank Home-Office-Zeit würden neue Arbeitsweisen etabliert und die Digitalisierung im Arbeitsleben „mit großen Schritten vorangetrieben.“

Colin Roth, Wirtschaftspsychologe und Gründer der arbeitspsychologischen Unternehmensberatung BlackBox/Open stellt allerdings fest, dass beim mobilen Arbeiten noch einige Herausforderungen wie die Balance von Privat- und Berufsleben, soziale Einbindung und Informationsweitergabe angegangen werden müssen.

Auch neue Regelungen im Arbeitsschutz, zu mobilem Arbeiten im Ausland sowie und IT-Sicherheit sind zu klären. Fakt sei aber auch, so Schubert, dass „sich die Arbeit exponentiell verändert und wir mit Corona die Chance haben, auch in der Veränderung unserer Arbeitswelt einen Sprung zu machen.“ Wenn Arbeitgeber jetzt aber wieder zurückgingen zur Prä-Corona-Zeit mit 100-Prozent Vor-Ort-Arbeit, seien sie weit entfernt, auch nur annähernd mit den Veränderungen Schritt zu halten.

Weiterarbeiten wie im Lockdown

Roth und Schubert erinnern daran, dass sich durch Präsenz die Gemeinschaft im Team und soziale Beziehungen fördern lassen sowie die Trennung von Arbeits- und Wohnort gewährleistet werden kann. Insbesondere bei personellen Veränderungen gestaltet sich das Teambuilding deutlich leichter. Beide sind zudem überzeugt, dass Mitarbeiter die Präsenzwelt brauchen, um zusammenzukommen, Ideen zu entwickeln und Neues zu generieren.

„Trotz der neu etablierten und teilweise effektiveren Arbeitsweisen während der Lockdown-Wochen dürfen wir nicht dazu übergehen, alle Firmenstandorte zu verkaufen und komplett in der virtuellen Welt zu bleiben“, geben die beiden New-Work-Experten zu bedenken. Ansonsten würden vor allem die sozialen Bedürfnisse nach Zusammenhalt und Menschlichkeit in der Arbeitswelt nicht vollständig gestillt.

Innovationen an bekannten und klassisch gestalteten Orten erwarten

Für Produktivität können sich klassische Firmenstandorte und Home-Office hervorragend eignen. „Innovationen und Kreativität entsteht aber vor allem in einer anregend gestalteter Arbeitsumgebung und an neuen Orten“, ist Roth überzeugt. Er bezieht sich dabei auf den Innovationsforscher und Professor Sven Laumer von der FAU Erlangen-Nürnberg, demzufolge das Home-Office insbesondere bezüglich Innovation und Kreativität an seine Grenzen stößt. „Deshalb benötigen wir Präsenz an kreativ gestalteten Orten“, so Roth.

Die setzt mit dem activity based concept auf Freiwilligkeit bei der Wahl des Arbeitsortes. Schubert sieht die Firmenstandorte in Zukunft in einer neuen Rolle, „durch die vor allem Marke erlebbar und Teambuilding ermöglicht werden“. Im Sinne des „Dritten Ortes“ sollten sie außerdem ein Ort für Innovationen sein und entsprechend gestaltet werden. „Wenn wir die Gestaltung der Firmenstandorte nicht neu denken oder die Einbindung externer Kreativräume nicht in Betracht ziehen, werden wir Schwierigkeiten haben, innovative Ideen hervorzubringen“, ist der Datev-Manager sicher.

Bei Arbeitsorten binär in Home-Office und Firmensitz denken

Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo verfolgt die Strategie, Mobilität und Stadt so zu gestalten, dass alle Menschen innerhalb von 15 Minuten Arbeitsort, Einkaufsmöglichkeiten, Kultur- und Freizeitaktivitäten erreichen können. Diese Zeitspanne ist eine von Studien ermittelte Akzeptanzschwelle der Erreichbarkeit von Orten und Dienstleistungen der Grundversorgung. Da sich der Arbeitsort allerdings oft nicht in diesem Radius befindet, untersucht nun Möglichkeiten, um solche Orte verfügbar zu machen. Speziell für sein Unternehmen berichtet Schubert von Lösungen wie Dorfbüros und Stadtquartieren.

Dank Digitalisierung sieht Roth mit der Gründung von Dorfbüros eine Chance für strukturschwache, ländliche Räume – nicht nur für Wirtschaft und die individuelle Lebensqualität, sondern auch für Gesundheit und . „Die zeitliche Verkürzung des Arbeitsweges kann außerdem auch innerhalb des urbanen Raums durch Stadtteilquartiere ermöglicht werden, die als eine Art interne Coworking Spaces aufgebaut sind“, so der Wirtschaftspsychologe.

Rainer Schubert, Datev: „Wir setzen mit dem activity based concept auf Freiwilligkeit bei der Wahl des Arbeitsortes.“

„Wir müssen uns was trauen“

Wenn Arbeitgeber weiterhin nur in Kategorien von Home-Office und Firmensitz denken, blieben Synergien sowie neue Impulse durch Personen außerhalb des eigenen Teams unentdeckt und Zeit durch einen längeren Arbeitsweg ginge verloren.

Roth ruft Arbeitgeber und auch Beschäftigte dazu auf, den Schulterschluss zu wagen zwischen der Veränderungsfähigkeit der Menschen und dem Wunsch nach Veränderung der Organisationen. Neben dafür geeigneten Rahmenbedingungen in Bezug auf Führung, Arbeitsorganisation und -gestaltung sei es unabdingbar, „explizit den physischen Raum strategisch mit evidenzbasierten Erkenntnissen zu formen“. In einer sich ständig wandelnden digitalen Arbeitswelt „sollen wir nicht nur reagieren, sondern proaktiv tätig werden“. Und Schubert ergänzt: „Wir müssen uns was trauen“.

Wie New Work gelingt

Am 23. und 24. Juni lädt BlackBox/Open im Rahmen der hybriden Veranstaltung „CoCreationExpo #21 – New Work City“ ein, die Zukunft von Arbeit und Stadt gemeinsam neu zu denken. Mit dabei sind als Redner unter anderem einer der weltweit führenden Experten in der Meetingforschung Steven Rogelberg, New Work Pionier Bernd Fels, die COO und CHRO der Julia Bangerth sowie der Innovationsforscher Sven Laumer von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Bei Interesse melden Sie sich gerne bei BlackBox/Open unter +49 911 21 53 772 -0 oder per Mail an hq@blackboxopen.com oder sichern Sie sich gleich Live- oder Digitaltickets über https://blackboxopen.com/service/expo.

*Hans Königes ist Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.


Mehr Artikel

News

Bad Bots werden immer menschenähnlicher

Bei Bad Bots handelt es sich um automatisierte Softwareprogramme, die für die Durchführung von Online-Aktivitäten im großen Maßstab entwickelt werden. Bad Bots sind für entsprechend schädliche Online-Aktivitäten konzipiert und können gegen viele verschiedene Ziele eingesetzt werden, darunter Websites, Server, APIs und andere Endpunkte. […]

Frauen berichten vielfach, dass ihre Schmerzen manchmal jahrelang nicht ernst genommen oder belächelt wurden. Künftig sollen Schmerzen gendersensibel in 3D visualisiert werden (c) mit KI generiert/DALL-E
News

Schmerzforschung und Gendermedizin

Im Projekt „Embodied Perceptions“ unter Leitung des AIT Center for Technology Experience wird das Thema Schmerzen ganzheitlich und gendersensibel betrachtet: Das Projektteam forscht zu Möglichkeiten, subjektives Schmerzempfinden über 3D-Avatare zu visualisieren. […]

Be the first to comment

Leave a Reply

Your email address will not be published.


*