Kundenerwartungen im digitalen Zeitalter: Sind Automatisierung und Datenschutz Fluch oder Segen? Eine aktuelle mm1-Studie gibt Auskunft. [...]
Welche Erwartungen haben Kunden gegenüber digitalen Angeboten? Was verstehen Kunden heute unter gutem Kundenservice? In erster Linie wünschen sie sich schnelle Antworten auf ihre Fragen und Abläufe ohne Zeitverlust. Automatisierung scheint die ideale Lösung für Unternehmen und deren digitale Kontaktpunkte zu sein. So beschäftigen sich u.a. auch Telekommunikationsanbieter mit den aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung – im speziellen mit der Automatisierung. Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung mm1 im Auftrag eines führenden Telekommunikationsanbieters zeigt, dass Automatisierung – gerade auch vor dem Hintergrund der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung – im Hinblick auf Kundenakzeptanz Grenzen hat. Detailliert wurden der Zusammenhang zwischen zunehmend höherer Automatisierung und deren Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit untersucht und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Das Ergebnis: Trotz Bedenken stehen viele Nutzer der Automatisierung grundsätzlich positiv gegenüber. „Unternehmen sollten mutig sein und auf automatisierte Anwendungen setzen. Aber sie sollten sich im Vorfeld mit den Bedenken der Nutzer auseinandersetzen, um dann bedarfsgerecht auf Widerstände schnell reagieren zu können“, empfiehlt David B. Hofmann, Managing Partner bei mm1.
Acht Faktoren entscheiden wesentlich über die Kundenzufriedenheit
Um die ambivalente Kundenperspektive auf Chancen und Risiken der Automatisierung gezielt zu untersuchen, hat mm1 eine repräsentative Kundenbefragung in Deutschland (n = 504) durchgeführt und relevante Anwendungsfälle analysiert. Es wurde untersucht, wie sich der verstärkte Einsatz von Automatisierungstechnologien mit zunehmend höheren Automatisierungsgraden auf die Zufriedenheit der Kunden auswirkt. Für viele Anwendungsfälle, in denen zunehmend mehr Automatisierung Einzug hält, kann zunächst ein Anstieg der Kundenzufriedenheit festgestellt werden. Bei zu hohen Automatisierungsgraden sinkt die Zufriedenheit jedoch zumeist stark (siehe Grafik).
Die Zufriedenheit der Nutzer hängt dabei wesentlich von acht Faktoren ab: Dies sind vor allem der wahrgenommene Kontrollverlust durch die Nutzer bzw. Einschränkungen bei deren Autonomie, mögliche Einschränkungen hinsichtlich Privatsphäre und persönlicher Daten sowie der Gewinn von Nutzerfreundlichkeit durch die Automatisierung. Außerdem haben die Rahmenbedingungen Erwartungshaltung, „Human Touch“, Transparenz, Sicherheit & Zuverlässigkeit und Produktdesign Einfluss auf die Zufriedenheit der Nutzer. Diese Faktoren prägen die Interaktion mit den automatisierten Anwendungen und deren Wahrnehmung durch die Nutzer wesentlich und haben so direkten Einfluss auf deren Zufriedenheit.
Am höchsten ist die Kundenzufriedenheit bei bereits bekannten und etablierten Anwendungsfällen wie etwa der automatisierten Navigation per Smartphone. Bei neuen, unbekannten Anwendungen sind die Zufriedenheitswerte niedriger. Dies gilt insbesondere für Smart Speaker wie Amazon Echo, die sich zudem in dem besonders sensiblen Bereich unseres eigenen Zuhauses bewegen und kritischer gesehen werden.
Mangelndes Verständnis der zugrundeliegenden Technologien und die mediale Berichterstattung sind oft Gründe für Bedenken, Ängste und Sorgen der Nutzer: Viele misstrauen der Technik, haben Angst vor (Daten-)Spionage und Hackerangriffen oder vor finanziellen Schäden.
Handlungsempfehlungen zu Kontrolle, Privatsphäre und Transparenz
Für den Umgang von Unternehmen mit zunehmend höher automatisierten Anwendungen hat mm1 folgende Handlungsempfehlungen hinsichtlich der zuvor als besonders relevant identifizierten Merkmale Kontrolle, Privatsphäre und Transparenz abgeleitet.
1. Vorsicht bei den Themen Privatsphäre und Autonomie der Nutzer!
Es muss im Unternehmen und beim Kunden Klarheit bezüglich des Umgangs und der Verwendung persönlicher Daten der Nutzer herrschen. Der Automatisierungsgrad muss zur Anwendung passen, der Nutzer soll sinnvoll unterstützt, aber nicht zu stark in seiner Autonomie beschränkt werden.
2. Bedenken proaktiv begegnen und auf mögliche Rückschläge vorbereitet sein!
Den Kunden mit einer klaren, transparenten Informationspolitik Sicherheitsbedenken und die Angst vor Kontrollverlust nehmen. Negative Kunden-/ Pressereaktionen bzgl. Automatisierung sollten antizipiert und mit (proaktiven) kommunikativen Maßnahmen begegnet werden. Ein gewisses Maß an Flexibilität zur Reaktion auf neue bzw. nicht antizipierte Anforderungen der Kunden wird benötigt.
3. Beachtung von Rahmenbedingungen beim Produktdesign!
Bei Erhöhung des Automatisierungsgrades sollte ein zusätzlicher Nutzen für den Kunden klar erkennbar sein. Wenn möglich, sollten Produktvarianten für Kundensegmente mit unterschiedlichen Bedürfnissen bzgl. Komfort und Kontrolle/Privacy angeboten werden. Besonders bei Anwendungen, bei denen die Automatisierung z.B. die Verantwortung für Menschenleben übernimmt, müssen dem Nutzer die Grenzen der Automatisierung aufgezeigt werden. Bei der Automatisierung von Consumer-Produkten sollten „Touchpoints“ des Nutzers zum Produkt implementiert werden, um dessen Identifikation mit dem Produkt zu verbessern.
Darüber hinaus liefert die Studie ein sogenanntes „Automation-Framework“, um den passenden Automatisierungsgrad mit der höchsten Nutzerakzeptanz aus verschiedenen Eigenschaften und Kontextfaktoren für digitale Angebote und Anwendungsfälle abzuleiten.
Insgesamt wird die zunehmende Automatisierung zur Vereinfachung von Prozessen ohne Einschränkung bei Kontrolle oder Datenschutz von den Nutzern positiv aufgenommen. Für Unternehmen gilt deshalb: „It’s better to get forgiveness than permission.“ (Grace Hopper, Computer Pionierin)
„Automatisierung wird durch die Nutzer insgesamt positiv wahrgenommen – dies ist vor dem Hintergrund der zukünftig weiter zunehmenden Wichtigkeit der Automatisierung Grund genug für Unternehmen, klar auf diese Entwicklung zu setzten und nicht den Anschluss zu verlieren“, so David B. Hofmann.
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