Eine Bestandsaufnahme der österreichischen Wirtschaft in Sachen KI fällt durchwachsen aus. Demnach beschäftigt sich bislang deutlich weniger als die Hälfte aller Unternehmen aktiv mit dem Thema. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Mind the (AI) Gap: Leadership Makes the Difference" der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) und ihrer Tochterfirma BCG GAMMA. [...]
Für die Studie haben die Berater 2.700 Manager verschiedener Branchen aus Deutschland, China, Frankreich, Japan, Österreich, der Schweiz und den USA zu den KI–Strategien ihrer Unternehmen befragt. Demnach nutzen in Österreich aktuell lediglich 13 Prozent aller Unternehmen konkrete KI-Anwendungen, knapp 30 Prozent entwickeln diese gerade erst. „Wenn Österreich im Wettbewerb um die KI–Technologie vorne mit dabei sein will, besteht jetzt dringender Handlungsbedarf. Schließlich ist KI einer der Pfeiler für künftiges wirtschaftliches Wachstum in allen Branchen“, betont Lukas Haider, BCG-Partner und Leiter des Wiener Büros.
Deutschland, Frankreich und USA auf einem Niveau
Das Rennen um die KI-Vorherrschaft in Europa herrscht derzeit ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Deutschland und Frankreich, wo sich jeweils 49 Prozent aller Unternehmen aktiv mit KI beschäftigen. In den USA zeigt sich ein ähnliches Bild: Für 51 Prozent aller Unternehmen ist KI derzeit schon ein Thema. „In den USA gibt es zwar einige Unternehmen, die zur Spitzenklasse in aktiver KI-Entwicklung und ‑Anwendung zählen. Aber diese Unternehmen befinden sich vorrangig in Regionen mit einem hohen Anteil an Hightech- und New-Economy-Industrie wie dem Silicon Valley. Viele andere Landstriche hinken hinterher“, sagt Jörg Erlebach, BCG-Partner und Chef von BCG GAMMA in Deutschland.
KI-Vorreiter China
Österreich (42 Prozent) wie auch Japan (39 Prozent) liegen mit ihrer KI-Bilanz merklich zurück. Absoluter Vorreiter im internationalen Vergleich ist China. Dort befassen sich fast neun von zehn Unternehmen aktiv mit Künstlicher Intelligenz; jedes dritte Unternehmen setzt KI schon für Produktion oder Dienstleistungen ein. „China profitiert davon, dass die Unternehmen dort über alle Branchen hinweg vergleichsweise jung, agil und innovationsfreudig sind. In reifen Volkswirtschaften und weit entwickelten Branchen tendieren Unternehmen zu einer gewissen Trägheit, was Neuerungen angeht“, erläutert Erlebach die Diskrepanz.
Der Vergleich zwischen den Branchen legt offen, dass sich hierzulande insbesondere in den Sektoren Finanzdienstleistungen sowie Konsumgüter/Handel nur wenige aktive KI-Spieler finden. Besser sieht es bei Unternehmen mit Fokus auf Technologie, Medien und Telekommunikation und in der Energieindustrie aus: Selbst in Österreich sind in dieser Branche mehr als zwei Drittel aller Unternehmen im Bereich KI aktiv.
Innovationszyklen in Österreich doppelt so lang wie in China
Dabei greift der Ruf nach staatlicher Unterstützung bei der Einführung von KI zu kurz. „KI in Unternehmen ist vor allem eine Frage des Managements“, so Erlebach. Erfolgreich sind in der Regel Unternehmen, die kurze Innovationszyklen haben, proaktiv Pilotprojekte starten und abteilungsübergreifende, agile Zusammenarbeit forcieren. „Alle diese Dimensionen kann das Management eines Unternehmens beeinflussen“, hebt Erlebach hervor. Doch noch sind etwa die Innovationszyklen in österreichischen Unternehmen mit durchschnittlich knapp 14 Monaten doppelt so lang wie bei der chinesischen Konkurrenz.
„Die Initiative der österreichischen Regierung, eine KI–Strategie zu erarbeiten, ist begrüßenswert. Die Politik setzt die Rahmenbedingungen – es liegt allerdings vor allem an Österreichs Unternehmen, aktiv zu werden. Sie müssen sich klare Ziele setzen, damit sie mit KI erfolgreich sind“, stellt BCG-Partner Haider fest. Entscheidend sei das Umdenken in Führungsetagen: „Die Topmanager sollten dem Thema KI Priorität einräumen. Sonst könnte Österreichs Abstand zu den führenden Nationen sich sogar noch vergrößern“, so Haider.
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