Business und IT verstehen einander nicht wirklich. Es braucht bessere Sprachkompetenzen auf beiden Seiten. Bislang fehlten spezifische Weiterbildungsangebote für die Business-Seite. Die Berner Fachhochschule hat dafür neue Konzepte entwickelt und getestet. [...]
Wenn CIOs über Erfolge berichten, so stellen sie derzeit meist drei Aspekte in den Vordergrund: die Etablierung eines Dialogs mit dem Business auf Augenhöhe, die Veränderung der Kultur in der IT-Abteilung und die hohe Komplexität der Aufgaben.
Wenn umgekehrt Führungskräfte aus dem Business über die IT-Abteilung sprechen, hört man viele Beschwerden über die IT als Ganzes, aber auch Lob einzelner Führungskräfte der IT-Abteilung. Diese sind Ansprechpartner in Problemfällen und haben sich das Vertrauen durch erfolgreiche Projekte verdient. Sie können mit Komplexität umgehen, so ist die Wahrnehmung, und das wird ihnen im Einzelfall hoch angerechnet.
Man könnte also meinen: IT und Business verstehen einander gut. Tatsächlich aber bedeutet gegenseitige Wertschätzung nur, dass man respektvoll miteinander umgeht – gegenseitiges Verständnis bedeutet es nicht!
Im Idealfall betrifft die Wertschätzung alle von der „anderen Seite“, häufig wird sie aber nur Einzelnen entgegengebracht, weil es kein echtes Verständnis für die Aufgaben, Ziele, Werte, Praktiken und Artefakte der „anderen Seite“ gibt.
Verständnis fehlt auf beiden Seiten
Neudeutsch formuliert: Die Wertschätzung skaliert schlecht, solange im Business das Verständnis für die Arbeit der IT fehlt oder/und in der IT das Verständnis für die Arbeit des Business. Die beiden Probleme sind aber nicht symmetrisch. Während es viele Weiterbildungsangebote zu Geschäftsmanagement-Themen für die Führungskräfte aus der IT gibt, fehlen die reziproken Angebote für das Business.
Die Führungskräfte des Business haben kaum Möglichkeiten, ein fundiertes Verständnis der IT zu erwerben. In der Folge verstehen sie Konzepte wie Agilität falsch, begreifen den Nutzen von Unternehmensarchitekturen nicht wirklich und sehen die Werkzeuge des IT-Managements als kundenfeindlich an. Das hat konkrete negative Folgen.
„Die Sprachbarrieren zwischen IT und Business sind fast überall riesengroß“
Beispielsweise gibt es selten ein Bewusstsein dafür, dass der „Product Owner“ eine Schlüsselrolle in Scrum-Projekten hat und deshalb das Ausüben der Rolle genügend Zeitressourcen benötigt. Das untergräbt die Wirksamkeit der Scrum-Methodik.
Außerdem ist die Kultur des agilen Arbeitens dem Business meist fremd: Sie verstehen weder die Notwendigkeit hoher Disziplin (die auch für sie gilt, beispielsweise beim Testen) noch die hohe Transparenz in Bezug auf die Fähigkeiten der Mitarbeitenden in agilen Teams.
So lebt man sich in Projekten schnell auseinander und in der Folge gelingt es trotz Agilität nicht, die Innovationsgeschwindigkeit zu erhöhen. Ganz zu schweigen von skalierter Agilität, beispielsweise mittels Scaled Agile Framework (SAFe), was praktisch ausschließlich als „IT-Ding“ vom Business angesehen wird. Das könnte ein Grund für die Probleme damit sein.
Ich erinnere mich an eine eindrückliche Schilderung in diesem Zusammenhang. Die IT-Abteilung einer sehr großen Organisation tat kund, dass sie in Zukunft agil arbeiten werde. Die eine Hälfte der Führungskräfte aus dem Business zuckte mit den Achseln und meinte, wenn es euch Freude macht, unterstützen wir das.
Die andere Hälfte reagierte negativ und wollte die Agilisierung der IT nicht akzeptieren. Ich war nicht dabei, kenne aber die Organisation gut. Sie kommt dem Idealbild einer Expertenorganisation sehr nahe – eine Kultur des „Big Picture“ gibt es kaum, weil ihr Geschäftsfeld intern dafür als „zu komplex“ angesehen wird. Da ist es nur logisch, wenn Führungskräften aus dem Business das Verständnis fehlt, dass sie die IT verstehen sollten.
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