Business und IT verstehen einander nicht wirklich. Es braucht bessere Sprachkompetenzen auf beiden Seiten. Bislang fehlten spezifische Weiterbildungsangebote für die Business-Seite. Die Berner Fachhochschule hat dafür neue Konzepte entwickelt und getestet. [...]
Ein dreistufiges Konzept
Unsere Zusammenarbeit mit der Praxis hat uns gelehrt, dass ein dreistufiges Sprachkurs-Modell sinnvoll wäre:
- Direkte Kommunikationshilfen – maßgeschneiderte kurze Kurse zur digitalen Transformation für eine Branche oder einen Konzern
- Weiterbildungsangebote zu wichtigen IT-Themenbereichen, welche bewusst Nicht-IT-Expert*innen adressieren
- Umfassende Sprachausbildung, welche nicht nur die richtigen Worte vermittelt, sondern auch die wichtigen Perspektiven und Denkmodelle
Internationale IT-Großkonzerne investieren intern erfolgreich in die erste Stufe. Die Qualität ist dabei oft hoch. Ungenügende Weiterbildungsbeispiele habe ich bislang vor allem außerhalb des IT-Sektors gesehen, konkret bei Weiterbildungen, die primär der Compliance dienen und die die Mitarbeitenden so lange absolvieren müssen, bis sie in den Tests die angeblich richtigen Antworten anklicken. Das legt nahe, dass die erste Stufe auf freiwilliger Basis realisiert werden sollte, damit sie durch Qualität überzeugt und nicht zur Pflichtübung verkommt.
Größere nationale Konzerne können dem Beispiel der Großkonzerne der IT-Branche folgen und für ihre Führungskräfte maßgeschneiderte Kurse entwickeln, die konzernintern die Kommunikation zwischen Business und IT fördern. Und KMUs könnten über ihre Verbände maßgeschneiderte branchenspezifische Schulungen erarbeiten lassen.
Angebote auf der zweiten Stufe sollten auf dem Wissen aus der ersten Stufe aufbauen. Das heißt: Je nachdem ob die Teilnehmenden eine erste Stufe absolviert haben oder nicht, funktionieren Angebote der zweiten Stufe unterschiedlich.
Wer gelernt hat, im eigenen Bereich mit der IT erfolgreich zu kommunizieren, kann auf der zweiten Stufe spezifisches Wissen für Innovationsprojekte erwerben. Wer keine erste Stufe absolviert hat, wird vor allem verstehen lernen, in welchen Bereichen sie oder er sich aktiv um IT-Belange kümmern muss – und dann hoffentlich die erste Stufe nachholen.
Die dritte Stufe des Sprachkurs-Modells ist die anspruchsvollste. Hier geht es nämlich darum, durch die Förderung der Sprachkompetenzen das Denken zu schulen. Damit soll sowohl das Stellen von Fragen gefördert werden als auch das Generieren kreativer Ideen.
Idealerweise sollte beides automatisiert und so selbstverständlich werden, dass wichtige Perspektiven von selbst beim Generieren und beim Ausarbeiten von Ideen berücksichtigt werden.
Die praktische Umsetzung
Wir experimentieren mit allen drei Stufen. Konkret haben wir für die Schweizer Agrargenossenschaft Fenaco (7,4 Milliarden Euro Umsatz pro Jahr) einen Weiterbildungskurs für ihre Führungskräfte entwickelt, in dem diese in zwei Tagen die Grundlagen der Sprache der IT lernen.
Dabei geht es um die Themenfelder Digitalisierungsstrategie, Plan, Bild und Run. Sie werden nun den 170 Führungskräften in Deutsch und Französisch angeboten, nachdem die Konzernleitung sich selbst schulen ließ, um die Qualität zu überprüfen.
Die Entwicklung des Kurses verlangte, dass wir das fachlich notwendige Wissen in eine Form transformierten, welche im Konzern bekannte Artefakte verwendet, praktische Beispiele aus dem Konzern im Unterricht einsetzt und eine konzernkompatible Sprache spricht. Denn das Ziel ist natürlich, dass das neue Wissen sofort im beruflichen Kontext genutzt werden kann.
Auf der zweiten Stufe zeigen unsere Experimente, dass abstrakte IT-Konzepte oft erstaunlich gut ankommen, allerdings nur bei einigen. Das Problem ist, dass aus der aktuellen beruflichen Tätigkeit nur bedingt abgeleitet werden kann, wer das Sprechen über abstrakte Perspektiven erlernen wird und wer nicht.
„Ein bisschen Blabla kann nun jeder, das liefert ChatGPT.“
In Bezug auf die dritte Stufe haben wir in der Bachelor-Ausbildung einen expliziten Sprachkurs zu digitaler Transformation eingeführt und auf der Master-Ebene einen impliziten. Auf Bachelor-Ebene geht es dabei darum, durch das Sprechen über Perspektiven auch das Denken in diesen Perspektiven zu vermitteln und möglichst sogar weitgehend zu automatisieren. Dazu gehört vor allem ein Training des Fragenstellens. Wo verkürzt kommuniziert wird, sollten automatisch Rückfragen gestellt werden, die das Verständnis fördern.
Auf Master-Ebene dient der implizite Sprachkurs vor allem der Erweiterung des Horizonts durch Aneignung abstrakter Perspektiven. Studierende sollen sich durch das Sprechen darüber diese Perspektiven aneignen. Ziel ist, dass sie in Brainstorming-Sessions möglichst viele kreative Ideen entwickeln können und in Analyse-Sessions lernen, die kritischen Fragen zu stellen.
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