Starlink im Praxistest: Satellit statt Glasfaser?

Breitband-Internet in der entlegensten Region? Ab sofort? Das von Elon Musks US-Raumfahrtunternehmen SpaceX betriebene Satellitennetzwerk Starlink will genau das weltweit bieten. Ein Praxistest. [...]

Die Starlink-Schüssel braucht nicht viel Platz und lässt sich auch von Metallgeländern nicht stören (c) Carsten Mickeleit

Wir haben nicht lange überlegt: Als Softwarehersteller von Remote-Office-Lösungen wollten wir prüfen, ob Starlink eine für unsere Kunden sein könnte. Denn nicht nur Regionen mit schlechtem Glasfaserausbau kann Starlink mit Breitband versorgen, sondern auch Baustellen, Festivals und mehr. Schon jetzt ist angekündigt, dass Starlink auch mobile Anwendungen unterstützt. So könnte die Breitbandanbindung von Schiffen, Zügen und Flugzeugen bald Realität sein. Also haben wir kurzerhand den Betaantrag gestellt, und ein paar Wochen später landete das Space X Paket im Büro.

Aufbau und Installation von Starlink

Wer schon einmal eine Fernsehsatellitenschüssel eingestellt hat, befürchtet auch bei Starlink eine langwierige Einstellung auf den Satelliten und fragt sich, ob er eventuell noch entsprechende Messgeräte haben oder vielleicht das Ganze doch an einen Installateur übergeben sollte.

Das Starlink-Equipment ist so einfach zu installieren wie es aussieht (c) Carsten Mickeleit

Doch so wie man sich bei der Fahrt mit einem Tesla fragt, wozu man eigentlich einen Führerschein gemacht hat, so gestaltet sich auch die Installation der Starlink-Schüssel relativ einfach: Die Schüssel in den Ständer einklicken, auf einen Platz unter freiem Himmel stellen, alle Kabel verbinden, und schon surrt die Schüssel und stellt sich wie von Geisterhand selbst auf den besten Empfang ein. Tatsächlich ist die Installation von der Aufbaugeschwindigkeit her mit jedem DSL-Router konkurrenzfähig. Jeder beliebige Ort ist so innerhalb von Minuten mit einem Breitband-Internetzugang ausgestattet.

Sollte man den Aufstellort nicht optimal gewählt haben, so wird auch das automatisch erkannt, und der Starlink-Support sendet sofort eine Mail mit einer Beschreibung, wie man die Platzierung optimieren kann. Der auf dem Bild oben gezeigte Aufstellort auf der Terrasse unseres Berliner Headquarters ist aber auch der unserer Messungen. Er zeigt, dass Starlink nicht allzu viel Platz benötigt und sich auch von Metallgeländern nicht stören lässt.

Hervorragende Ergebnisse bei der Breitbandmessung

Jetzt aber nun zum eigentlichen Punkt: Wie gut ist denn das StarlinkInternet, gerade jetzt in der Betaphase, in der noch recht wenige Satelliten (Stand Juni 2021: 1.800 von ca. 42.000) installiert wurden? Das Ergebnis: Tatsächlich schwankt die Qualität der Verbindung nicht unerheblich – allerdings auf sehr hohem Niveau. Bei unseren Tests – über den Tag verteilt waren es zwischen 73 Mbit/s und 240 Mbit/s – wobei am häufigsten Werte um 150 Mbit/s gemessen wurden. Auch die Upload-Werte sind mit 10 bis 20 Mbit/s durchaus solide.

Für eine Satellitenverbindung sind die Messwerte hervorragend (c) Carsten Mickeleit

Die Latenz lag dabei regelmäßig zwischen 40 und 50ms. Das ist zwar nicht vergleichbar mit der Glasfaseranbindung unseres Büros, für eine Satellitenverbindung sind das allerdings hervorragende Ergebnisse. Und man darf nicht vergessen: Der aktuelle Mittelwert für Internetverbindungen in Deutschland liegt bei 15 Mbit/s, also nur bei einem Zehntel der von Starlink gebotenen .

Starlink: Nicht nur Schönwetter-Internet?

Doch welchen Einfluss hat das Wetter auf die Satellitenverbindung? Hier hatten wir durchaus eine Schwächung des Signals erwartet – und passend zu unserem Test zog dann auch ein ausgiebiges Regengebiet über unseren . Doch hatte dies keinen messbaren negativen Effekt.

Der Berliner Regen hatte keinen messbaren Effekt auf die Satellitenverbindung.

Nach diesen technischen Messungen machten wir uns an den Selbsttest. Azure Virtual , VPN und natürlich das derzeit allgegenwärtige Video-Meeting, sogar das Drucken über Satellit haben wir ausprobiert. Fazit: Alles funktionierte so, wie man es von einer sehr schnellen Internet-Verbindung erwartet. Tatsächlich gab es beim Videocall eine kurze Unterbrechung, wobei wir nicht erfassen konnten, ob dies wirklich an der Verbindung lag. Starlink selbst beschreibt ja, dass diese Abbrüche aktuell noch passieren können.

Sicherlich wird es spannend, ob sich bei dem weiteren Ausbau des Satellitennetzes tatsächlich die ohnehin schon sehr guten Leistungsdaten verbessern.

Starlink – Preis und Konditionen

499 Euro kostet das Starlink Paket zuzüglich 61 Euro Versand und 99 Euro Servicegebühr im Monat. Bei der Bestellung ist der Aufstellungsort anzugeben, dieser konnte zu Beginn der Betaphase auch nicht geändert werden. Das stand dem spontanen Aufbau von Starlink an verschiedenen Orten im Wege.

Zugegeben: Mit diesem Preis ist Starlink deutlich teurer als eine vergleichbare DSL-Verbindung. Wer jedoch beim Breitbandausbau bislang vergessen wurde, zahlt die 99 Euro aber vermutlich gerne. Interessant ist auch, dass die FAQs in der aktuellen Fassung darauf hinweisen, dass aktuell ein Pausieren des Dienstes nicht vorgesehen ist.

Rein technisch scheint dies allerdings möglich zu sein, und allein das Erwähnen dieser Option (bzw. Nicht-Option) lässt hoffen. Denn dann rechnet sich Starlink recht schnell als Lösung für Veranstalter, die im Saisonbetrieb verschiedene Locations mit ausstatten wollen. Zumal mittlerweile bereits die feste Zuweisung des Installationsortes aufgehoben wurde. Für Orte, die keine sinnvolle Adresse haben, kann man den Plus Code verwenden, den Google jedem Ort der Welt zuordnet und der sich einfach auf Google Maps ermitteln lässt.

Trotz Begeisterung musste Starlink dann aber nach dem Test doch wieder dem Glasfaseranschluss unseres Büros den Vortritt lassen. Mit der Verwendung des Google Codes schien mir aber Starlink perfekt für mein griechisches Ferienhaus geeignet zu sein. Mit Beginn der Sommerferien war der Transport nach Griechenland per Wohnmobil daher schnell organisiert.

Starlink, europäische Grenzen und Support vom anderen Stern

Doch hier stößt Starlink aktuell im wahrsten Sinne des Wortes an seine Grenzen. Als Europäer haben wir uns gerade daran gewöhnt, dass unser Datentarif in der ganzen EU gilt, und so hatte ich – zugegeben etwas naiv – nicht damit gerechnet, dass ein aus dem Weltraum an EU-Grenzen scheitert. Leider musste ich aber feststellen, dass sich nur Standorte des gleichen Landes nutzen lassen. Bevor also Starlink auf Zügen, Schiffen und Transportern in der EU richtig genutzt werden kann, muss diese Limitierung überwunden werden.

Dafür zeigte sich der Starlink-Support aber im positiven Sinne wie von einem anderen Stern. Ylenia aus Kalifornien meldete sich quasi direkt nach dem Absetzen meiner Chat-Nachricht am Telefon. Sie drückte ihr Bedauern aus und versprach mir, das Starlink-Kit tatsächlich auf der griechischen Insel abzuholen und den Preis zu erstatten.

Dazu muss man wissen, dass es dort weder sinnvolle Abholadressen noch die typischen Kurierdienste wie DHL gibt. Das war auch für Starlink ein Problem, aber nach 1 bis 2 Tagen Recherche hatte Ylenia das Problem gelöst, schickte das passende RMA-Label mit griechischer Adresse und die Telefonnummer eines Kurierdienstes, der das Paket an DHL liefert. Nun ist die Starlink-Schüssel wieder auf den Weg nach Kalifornien. Und klar: Das Starlink Paket für Griechenland wird bestellt.

Solide Lösung mit viel Potenzial

Starlink ist eine sehr solide Lösung. Einfache Installation, überzeugende Bandbreitenwerte und ein perfekter Support. Man darf gespannt sein, wie sich Starlink weiterentwickelt. Zu wünschen wäre eine Verwendung über EU-Grenzen hinweg, das Pausieren der Verträge sowie die Möglichkeit der mobilen Anwendung auf Bussen, Flugzeugen und Schiffen.

Zugegeben: Wenn der Service-Preis von Starlink nicht gesenkt wird, oder vom Bund gefördert wird, dann wird es keine Alternative zu DSL. Das muss es aber auch nicht, denn Starlink ermöglicht einige völlig neue und zur Zeit konkurrenzlose Anwendungsszenarien. Dem Coworking Space in der sprichwörtlichen Pampas steht nichts mehr im Wege.

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*Carsten Mickeleit ist Gründer und Vorstandsvorsitzender der Cortado Holding AG mit seinen Unternehmen ThinPrint GmbH, Teamplace GmbH und Cortado Mobile Solutions GmbH. Seit Gründung seines ersten Unternehmens 1990 – der Carano GmbH – ist er am IT-Markt aktiv, seit 1996 insbesondere im Virtualisierungs/Cloud Computing und seit 2001 im Enterprise Mobility Bereich.


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2 Comments

  1. Solange kaum jemand diesen Unfug benutzt, solange wird die Geschwindigkeit ok sein. Aber danach wird es sich als ein weiteres Elon Musk Windei entpuppen. Kopfschüttel.

  2. Wow, fundierte Einschätzung aufgrund…? Musk baut sehr erfolgreich Raketen, Autos und wird Internet überall verfügbar machen und dann gibt es Leute die brabbeln was vom Windei.. Ewig Gestrig…

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