Die COMPUTERWELT sprach mit Thomas Seyfried, Managing Director Tech Data Advanced Solutions, über die COVID-19 und welche Bedeutung VADs in Krisenzeiten und darüber hinaus haben. [...]
Was waren für Sie als VAD die größten Herausforderungen, die durch die Corona-Krise hervorgerufen wurden? Was haben Sie bis dato unternommen, um die Herausforderungen zu meistern? Welche weiteren Pläne gibt es?
Zusätzlich zu unserer Beratung via Mail und Telefon werden viele Leistungen von unserem Team auch vor Ort bei unseren Partnern erbracht wie zum Beispiel Demoinstallationen, Integrationen, Workshops, Schulungen und Leadgenerierung. Diese konnten klarerweise nicht in der üblichen Form durchgeführt werden. Einige Aktivitäten wurden daher mittels Videokonferenzen erbracht, zusätzlich verstärkten wir den telefonischen Kontakt.
Nun beginnt das langsame Hochfahren, was Kundentermine betrifft. Des Weiteren setzen wir stark auf Videokonferenzen und evaluieren aktuell, ob virtuelle Konferenzen ein probates Mittel als Ersatz für vor Ort-Konferenzen sein können.
Zukünftig setzen wir sicherlich auch weiterhin stark auf virtuelle Treffen und auch auf virtuelle Events, Workshops und Trainings, um mit unseren Partnern in Kontakt zu bleiben und sie weiterhin informiert zu halten. Generell hat sich das neue Tech Data Digital Marketing Service am Markt sehr schnell durchgesetzt. Diese strategische Initiative wollen wir weiter fortführen.
Wie haben Sie die Krise bis dato intern (z.B. organisatorisch) gemeistert?
Sehr gut! Wir waren gut auf eventuelle Krisen vorbereitet, da alle unsere Mitarbeiter bereits mobile Arbeitsmittel hatten und unsere IT-Systeme problemlos den Übergang ins Home Office geschafft haben.
Die Mitarbeiterzufriedenheit ist aktuell weiterhin sehr hoch und die Kooperation untereinander leidet nicht. Durch unsere eingesetzte Technologie – die wir ja nicht nur verkaufen, sondern auch selbst aktiv verwenden – arbeiten die Teams weiterhin sehr gut zusammen. Ein regelmäßiger Austausch findet auf allen Ebenen in unterschiedlichsten Konstellationen regelmäßig statt, sodass auch die Kommunikation untereinander nicht leidet. Viele Mitarbeiter sparen sich auch die Zeit, die sie durch einen etwaigen weiteren Arbeitsweg hätten. Durch die gelebte Tech Data Vertrauenskultur und den herausragenden Einsatz unserer Mitarbeiter beobachten wir sogar Produktivitätsgewinne.
Was waren die größten Herausforderungen, die Sie auf Fachhandelspartnerseite wahrgenommen haben? Welche Maßnahmen wurden dort primär gesetzt? Wie unterstützen Sie als VAD bei diesen Maßnahmen?
Viele Projekte im Lösungsbereich verschieben sich teilweise. Daher versuchen wir, unsere Partnern durch flexible Finanzierungslösungen zu unterstützen.
Einer der größten Herausforderungen war die plötzlich massiv auftretende Nachfrage nach Home-Office-Lösungen. Es setzte förmlich ein Run auf entsprechende Produktlinien ein, die uns rasch zusammen mit den Herstellern an die Grenzen der Verfügbarkeit gebracht hat. Nach anfänglichen Lieferschwierigkeiten hat sich nun aber die Lage entspannt und wir sind auch gewappnet für größere Projekte, die gegebenenfalls im Herbst realisiert werden. Denn viele Unternehmen haben sich teils zwischenzeitlich mit eigentlich ausgemusterten „Behelfslösungen“ mit z.B. ausgemusterten Notebooks geholfen. Da die Krise aber weiterhin anhalten wird, gilt es hier jetzt auch nachhaltige Lösungen bei den unterschiedlichsten Endkunden zu implementieren. Das wird sicher auch eine Aufgabe mit Priorität für den Fachhandel im Herbst sein. Hierzu sind wir mit unseren Spezialisten-Teams aus den verschiedensten Fachbereichen wie z.B. Security oder Cloud top aufgestellt und unterstützen unsere Partner von der Presales-Phase über die Angebotsphase bis zur Realisierung. Das schätzen und erwarten sich unsere langjährigen Partner klarerweise auch weiterhin.
Welche Trends auf technologischer Seite konnten Sie in Ihrem Bereich während der Krise feststellen? Wo war bis dato die Nachfrage am größten?
Natürlich war eine kurze Steigerung der Nachfrage und des Umsatzes rund um das Thema „mobiler Arbeitsplatz“ spürbar. Dazu gehören Client, Systemsoftware, Collaboration Software und vieles mehr.
Technologisch hat sich „dank“ der Krise einiges getan. Die Digitalisierung ist in massiver Geschwindigkeit und mit einem dermaßen großen Fortschritt und Tempo eingezogen, was so sozusagen ohne Krise nie möglich gewesen wäre. Der technologische Wandel ist praktisch in alle Lebensbereich vorgedrungen und das Homeoffice ist das neue „strategische Hauptquartier“ geworden. Es hat sich vieles verändert: die Arbeitszeiten, die Kollaboration und der Zusammenhalt, die Umsetzung und Vorgehensweise – bis hin zu Vorteilen für die Umwelt durch weniger CO2- Ausstoß. So hat auch diese Krise neben all dem gesundheitlichen Leid am Ende gegebenfallls zumindest auch noch einen technologischen Fortschritt gebracht. Das wäre ohne Krise so in diesem Tempo nie realisiert worden. Sicherlich wird die Krise aber auch noch in anderen Bereichen – Stichwort Büro-Immo-Markt – nicht ohne Folgen bleiben.
Haben Sie die Krise auch als Chance gesehen? Wenn Ja: Wie haben Sie diese bis jetzt genutzt bzw. werden sie nutzen?
Ja, wir hinterfragen und überdenken die Anzahl an Businessreisen, den Ausbau der Heimarbeitsplätze, aber auch wie wir in Zukunft mit unseren Kunden Geschäft entwickeln und umsetzen werden.
Für die IT-Branche war die Krise geschäftlich sicherlich bislang kein Schadensbringer – bislang war eher das Gegenteil der Fall. Somit konnten auch wir von Tech Data sicherlich geschäftlich unsere Chancen nutzen. Auch technologisch haben wir unsere Chancen genutzt und konnten beispielsweise das Thema Digital Marketing schneller und stärker am Markt lancieren, als wir das je zu träumen gewagt hätten. Bedingt durch die Krise ist die Akzeptanz stärker auf digitalen Wegen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten deutlich höher als das vor der Krise war – das sehen wir als Chance auch für die mittelfristige Zukunft. Die Krise war und ist auch der ultimative Test für die Zusammenarbeit und die Stabilität eines Unternehmens generell. Hier beweist sich, ob Strukturen, Organisationen und Abläufe und Prozesse gut aufgesetzt sind und entsprechend belastbar sind.
Welche Besonderheiten wird die neue Normalität aus Ihrer Sicht haben (bezogen auf den IKT-Markt) und wie werden Sie sich in dieser positionieren? Welche Bereiche werden Sie künftig besonders stärken?
Es wird von uns noch intensiver ein sehr hoher Automatisierungsgrad gefordert, in der Abwicklung von Projekten aber auch schon in der Projektgewinnung. Das wird für uns eines der wichtigen Merkmale zur Positionierung von Tech Data sein.
Wir legen starken Fokus auf neue Technologiebereiche wie Cloud und Cyber-Security, werden aber unsere bestehendes Kerngeschäft nicht außer Acht lassen. Es wird weiterhin zu einer Konzentration im Channel kommen, und Tech Data ist hier sicher ein wichtiger Player am Markt vor allem durch unsere Mehrwerte , das Portfolio und die Menschen, die für unsere Kunden arbeiten.
Auch die Arbeitsweise, Projektabwicklung und Kommunikation mit unseren Kunden, Partnern und Herstellern wird sich nachhaltig verändern. In vielen Bereichen sieht man bereits heute, dass Abläufe und Prozesse oder Termine anders und einfacher auch durchaus erfolgreiche ablaufen können – eine sehr wichtige Erkenntnis, die in Zukunft von Nutzen sein wird.
Das „neue Normal“ hat viele Vorteile und Möglichkeiten aufgezeigt. Es wird jedoch auch nach wie vor wichtig sein „Menschen zu treffen“, denn alles kann auf Dauer sicherlich nicht ausschließlich aus dem Home Office bewältigt werden können. Das heißt: Wir werden verschiedene Phasen des „neuen Normals“ in unterschiedlichen Anpassungen und Ausprägungen erleben.
Hier liegt es an uns, auch weiterhin als verlässlicher Partner des österreichischen Fachhandels bereit zu stehen. Dementsprechend haben wir uns schon vor der Krise aufgestellt und sind auch in den kommenden wachstums- und Technologie-Bereichen bestens gerüstet, unsere Partner zu servicieren.
Wie sehen Sie die Weiterentwicklung der IKT-Distribution im Allgemeinen? Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Trends?
Systemhäuser und Channel-Partner werden sich noch stärker in Netzwerke zusammenschließen, um sich der Komplexität der Anforderungen ihrer Kunden stellen zu können.
Die Digitalisierung wird weiter rasch voranschreiten. Die Krise wird neben dem Umweltaspekt dafür ein wesentlicher Treiber sein. Bereiche wie Cloud und vor allem auch Security als Beispiel werden dabei eine ganz wesentliche Rolle spielen. Wir werden auch eine Art „Kampf der Giganten“ um Kunden und Märkte im Bereich Cloud sehen. In all diesen Themen wird auch in Zukunft die Distribution eine zentrale Rolle im Channel einnehmen. Die Distribution wird daher in naher und ferner Zukunft ein wichtiges Bindeglied sein: ein Partner, auf den nicht verzichtet werden kann. Gerade auch dann, wenn es um den Aufbau neuer Märkte und um das Zusammenwachsen von Welten geht – Stichwort IT und OT –, ist die Distribution als Moderator des Prozesses besonders gefragt und gefordert. Insofern haben wir keine Zukunftsangst – ganz im Gegenteil. Wir freuen uns, hier als Keyplayer den Fortschritt mitgestalten zu können.
Wie wird sich aus Ihrer Sicht der VAD-Bereich weiterentwickeln? Welche Trends sehen Sie?
Der VAD-Bereich wird sich noch stärker in Richtung Spezialisierung weiterentwickeln und wir werden gefragt sein, die Komplexität der Wertschöpfungskette für unsere Partner zu reduzieren. Zukünftige Themen sind Cyber-Security, Cloud Services und Hybride IT.
Speziell die Lösungstehmen werden in Zukunft noch stärker gefragt sein. Es wird weniger um einzelne Produkte gehen als um eine saubere Gesamtlösung, die individuell abgestimmt auf die jeweiligen Bedürfnisse des Endkunden eingeht. Es ist die Aufgabe des VAD, gemeinsam mit dem jeweils beim Endkunden tätigen Partner individuelle Lösungskonzepte zu erarbeiten, die auch nachhaltig einen sicheren Fortbestand und den wirtschaftlichen Erfolg des jeweiligen Endkunden sicherstellen. Das sichert auch eine entsprechende Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen im Weltmarkt.
Bitte beschreiben die wichtigsten Elemente Ihres Mehrwert-Angebots. Worin unterscheiden Sie sich primär von Ihren Marktbegleitern?
Tech Data macht seine Kunden und Partner erfolgreich durch:
• das breite Portfolio
• die Qualität unserer Dienstleistungen
• die Kompetenz unserer Mitarbeiter
• das state-of-the-art Service
• die ausgefeilte Logistik
• die unterschiedlichen e-services
• sowie unsere Finanzdienstleistungen
Bitte beschreiben Sie die wichtigsten geschäftlichen Meilensteine (z.B. Leuchtturm-Projekte) der letzten 24 Monate (Corona-Krise ausgenommen).
Wir haben erfolgreich die Integration von Avnet angeschlossen und gleichzeitig ist es uns gelungen, unsere Umsätze zu steigern. Unsere starke Präsenz im öffentlichen Bereich konnten wir gemeinsam mit unseren Systemhäusern weiter ausbauen.
Die sehr hohe Zufriedenheit unserer Mitarbeiter zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Zu guter Letzt werden wir jetzt ein privates Unternehmen und können uns damit noch stärker auf die zukünftigen Anforderungen des Marktes einstellen und schneller sowie effizienter reagieren.
Welche Pläne haben Sie für die kommenden 12 Monate?
Wir werden uns auf die neuen Corona-bedingten Herausforderungen am Markt stellen und neue Wege erfolgreich weiter gehen. Besonders werden wir uns dabei auf die Kommunikation und Interaktion mit unseren Kunden, Partnern und Herstellern konzentrieren, denn schließlich machen nach wie vor Menschen zusammen ein Geschäft oder eben nicht. Diesen Aspekt werden und können wir nicht vernachlässigen. Gerade in Zeiten der Digitalisierung, des Homeoffices und der Video-Konferenzen steht die Kooperation mit unseren Partnern bei all unserem Handeln und Tun im Vordergrund. Darüber hinaus sind unsere Mitarbeiter und Teams das wichtigste auf der „Haben-Seite“ in unserer Bilanz. Wir werden in diesen speziellen – sicherlich nicht ganz einfachen Zeiten – alles daran setzen, dass wir als Tech Data auch für unsere Mitarbeiter ein attraktiver und verlässlicher Arbeitgeber bleiben. Das Vertrauen der Mitarbeiter ist ein wichtiger Erfolgsfaktor in jeder Organisation.
Welche Geschäftsaussichten haben Sie für das Jahr 2020?
Das erste Halbjahr war sehr in Ordnung, wir bereiten uns auf das zweite Halbjahr mit „Spannung“ vor. Wir sehen auch für das zweite Halbjahr viele Projekte und Möglichkeiten. Die Digitalisierung ist längst nicht abgeschlossen. Das Thema Cloud wird noch stärker wachsen. Das Thema Security ist ein Dauerbrenner und das Thema Industrie und IT ist ein zukünftig neues spannendes Thema. Durch das Homeoffice erfahren aber auch Themen wie Smart Home wieder neue Wachstumsimpulse – viele Möglichkeiten und Betätigungsfelder für den Fachhandel sozusagen, die sich auftun. Es gilt, diese Chance gemeinsam zu ergreifen und damit letztlich gemeinsam zu profitieren.
Mehr über VADs lesen Sie in der kommenden Ausgabe von COMPUTERWELT TOP 1001.
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