VÖSI: Corona-Krise trifft EPU schwer

Die Corona-Krise hat die Digitalisierung zwar befeuert, der VÖSI (Verband Österreichischer Software Industrie) warnt aber davor, dass vor allem EPU und KMU von der Krise schwer getroffen wurden. [...]

"EPU sind die ersten, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Aufträge verlieren." Peter Lieber, Präsident VÖSI. (c) VÖSI/Luiza Puiu

2020 war aber mit Sicherheit kein „Jubel-Jahr“ für die gesamte heimische IT- und Software-Branche. „Profitiert haben vor allem Konzerne und Großbetriebe – vor allem EPU sind von der Corona-Krise hingegen schwer getroffen“, sagt VÖSI Präsident Peter Lieber. Der heimische IT- und Software-Sektor besteht zu rund zwei Drittel aus Ein-Personen-Unternehmen (EPU), die vom Projektgeschäft oder Outsourcing leben, das Corona bedingt in einigen Branchen wie etwa dem Tourismus, im Gastro- und Event-Bereich völlig zum Erliegen kam. „Das Projektgeschäft lebt aber von enger persönlicher Zusammenarbeit, von realen Treffen und ständigem Austausch. EPU sind die ersten, die in wirtschaftlich schwierigen Zeiten Aufträge verlieren“, so Lieber, „wir rechnen damit, dass aufgrund der Corona-Krise im schlimmsten Fall ein Viertel bis zu einem Drittel der Kleinstfirmen pleitegehen könnte.“

Auch bei einigen großen IT-Anbietern kam es zum Stillstand oder finanziellen Durststrecken: „Projekte wurden aufgeschoben, Neuaufträge haben sich verzögert“, so auch das Feedback einiger der rund 50 VÖSI Mitgliedsbetriebe. Hinzu kommt, dass „IT eine supportende, unterstützende Branche ist: Geht es der Wirtschaft schlecht, verliert auch die IT-Branche ihre Kunden“, erklärt Lieber.

Globale Konzerne sind Krisen-Gewinner

Vor allem globale Software Konzerne wie Microsoft, Google oder SAP oder große heimische Software-Unternehmen wie Tricentis, BMD oder Fabasoft haben von der Krise profitiert“, zieht der VÖSI-Präsident Bilanz zum Corona-Krisenjahr 2020.

Nach dem Rekordjahr 2019, in dem die größten 1.000 heimischen IKT-Unternehmen mit knapp 93.000 Mitarbeitern rund 26,402 Mrd. Euro erwirtschaftet haben (Quelle: Computerwelt Top1001 Ranking), rechnet der VÖSI für 2020 trotz der problematischen Situation bei EPU und KMU mit einem positiven Ergebnis: Insgesamt zählt die heimische Software-Industrie zu den Gewinnern der Corona Krise.

Die Homeoffice-Umstellung und auch die staatliche Investitionsprämie in der Höhe von 14 Prozent haben für einen Digitalisierungsschub gesorgt und „werden der Branche 2020 insgesamt einen Mehrumsatz von sieben bis acht Prozent bescheren“, schätzt Peter Lieber, der für 2021 optimistisch ist: „Wir hoffen auf eine Entspannung der Situation – vieles, was aufgeschoben wurde, muss jetzt in den Unternehmen dringend nachgeholt werden. Insbesondere weiß ich aus vielen Gesprächen, dass bei der raschen Umstellung auf Home-Office und Remote-Work die IT-Security vielfach vernachlässigt worden ist.“ Weitere Themen, die 2021 eine große Rolle spielen werden, sind die Cloud-Umstellung, die Automatisierung und Prozess-Optimierung, der Einsatz von Künstlicher Intelligenz, IoT und Business Intelligence/Data Analytics sowie E-Commerce, prognostiziert der VÖSI.

VÖSI-Ausblick 2021 mit 3 Schwerpunkten

Der VÖSI wird im Jahr 2021 drei große Schwerpunkte forcieren. Fixer Bestandteil bleibt das Thema Frauen in der ICT-Branche, dazu wurde im Februar 2020 die VÖSI Initiative und Special Interest Group (SIG) WOMENinICT gegründet. Ziel ist es, Frauen in der Branche mehr sichtbar zu machen und junge Mädchen und Frauen dazu zu animieren, eine IT-Ausbildung zu absolvieren. Zweiter großer Schwerpunkt ist das Thema Bildung und Ausbildung. Als dritte Säule soll für das Thema „IT-Security bzw. sichere IT-Unternehmens-Architektur und Applikationslandschaft“ Awareness geschaffen werden. Vor allem ist der Mitglieder-Ausbau im VÖSI das erklärte Ziel. Auch zwei Fixtermine sind bereits geplant: am 17. Juni 2021 wird der VÖSI sein 35-Jahr-Jubiläum feiern und am 29. September 2021 wird der bereits fünfte Software Day über die Bühne gehen.

Kritik an Krisen-Management der Regierung

War das politische Krisenmanagement in den ersten Monaten der Krise sicher gut – „so summieren sich jetzt einige Fehlentscheidungen und Versäumnisse der letzten Wochen – insbesondere die Hü-Hott-Politik der Regierung sorgte auch in der IT-Branche für zunehmende Verärgerung: Mit ständig neuen, nicht nachvollziehbaren und teilweise widersprüchlichen Verordnungen und Maßnahmen ist niemandem geholfen – das schadet der Demokratie, der Gesellschaft und der Wirtschaft“, betont Lieber. „Wir brauchen jetzt mehr Transparenz, klare Kommunikation mit bewältigbaren, verständlichen Maßnahmen und eine Planungssicherheit über längere Intervalle“, nur so lasse sich die Krise vernünftig gemeinsam bewältigen. Nachsatz: „Es gilt, einen vierten Lockdown zu verhindern.“

Die Corona-Hilfen der Regierung hält Lieber, der auch Präsident des Österreichischen Gewerbevereins ist, zwar grundsätzlich für richtig gesetzt. „Allerdings war die Antragsstellung alles andere als einfach, die Abwicklung der Hilfszahlungen hat vielfach einfach zu lange gedauert“, so Lieber. Auch die Behandlung der EPU und Kleinbetriebe (und zwar nicht nur im IT-Sektor) wird von Lieber kritisiert: „Sie bekamen nur 500 bis 1.000 Euro aus dem Härtefallfonds, gerade Klein- und Kleinstunternehmen sollten in Krisenzeiten mehr und vor allem schneller unterstützt werden“, fordert Lieber.


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