Bacher Systems: Neues Betriebssystem

Bacher Systems unternimmt eine tiefgreifende Transformation auf mehreren Ebenen: So wird etwa der Wechsel in der Geschäftsführung durch die Einführung der holakratischen Organisation mit einem hohen Grad an Qualitätsorientierung und Eigenverantwortung aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen begleitet. [...]

v. l. n. r.: Manfred Köteles hat mit Ende März die Geschäftsführung von Bacher Systems an Elvira Cejna und Dipl. Ing. Dr. Nicolai Czink übergeben. (c) Georg Wilke*
v. l. n. r.: Manfred Köteles hat mit Ende März die Geschäftsführung von Bacher Systems an Elvira Cejna und Dipl. Ing. Dr. Nicolai Czink übergeben. (c) Georg Wilke*

Nach über 30 Jahren übergab Manfred Köteles mit 31. März 2023 die Geschäftsführung von Bacher Systems an Elvira Cejna und Nicolai Czink. Elvira Cejna hat seit 1992 die Finanzen von Bacher Systems verantwortet, zuletzt in ihrer Funktion als Leiterin Management Services & Finance. Mit einem Gesamtblick auf die Performance des Unternehmens bleibt sie weiterhin für die Finanzen verantwortlich, darüber hinaus für die Personal-Agenden von Bacher Systems.

Nicolai Czink kam im Februar 2021 als Verantwortlicher für Strategie und Transformation zu Bacher Systems. In dieser Position hat er die bewährten Aktivitäten von Bacher Systems verstärkt für die Cloud-Welt und die Anforderungen agiler Softwareentwicklung auf modernen, hybriden Infrastrukturen ausgeweitet. Nicolai Czink wird auch zukünftig für die Strategie und Transformation verantwortlich sein und auf Basis des klar ausgerichteten Portfolios zusätzlich seinen Fokus auf die Kundenentwicklung richten.

Eine weitere Veränderung bei Bacher Systems ist die Einführung einer holakratischen Organisationsform, wo es, kurz gesagt, keine traditionellen Hierarchien gibt. Das Unter­nehmen wird nicht zentral gesteuert, sondern verteilt die Verantwortung auch formell auf seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihren verschiedenen Rollen. Strukturiert ist ein holakratisch orientiertes Unter­nehmen in sogenannten Kreisen.

Bacher Systems hat in der über 30-jährigen Unternehmensgeschichte einige Transformationen durchgemacht. Was sind die Gemeinsamkeiten mit dem aktuellen Wandel?

Manfred Köteles: Die entscheidenden Punkte jeder Transformation sind: sich etwas gut überlegen, Mitarbeitende einbinden, Geschäftspartner informiert halten und mit gegenseitigem Vertrauen die Pläne umsetzen. Wir haben schon früh erkannt, dass es die Menschen sind, die den Erfolg ausmachen. Unser Motto lautet: Wir arbeiten nicht für Bacher Systems, wir sind Bacher Systems. Das haben wir auch in dieser Transformation im Fokus gehabt und die Mitarbeitenden eingebunden. Das wichtigste dieser Transformation ist der Mindshift, die Organisation anders denken. Die Mitarbeitenden sollen erkennen, dass sie die Experten für ihre jeweiligen Gebiete sind, sie wissen am besten, worum es geht und wie die Optionen bestmöglich zu bewerten sind. Je nach Thema ist das eine andere Person.

Ist das Denken zu verändern nicht die Königsdisziplin jeder Transformation?

Manfred Köteles: Es gilt den Mitarbeitenden zu vermitteln, was die Veränderung bringt. Es entsteht ein Unternehmen, das modern ist im Sinne von zukunftssicher. Der Mindshift sollte der Kern jeder Veränderung sein. Es geht auch darum, dass die Mitarbeitenden diese Veränderung mitgestalten können. Wir führen nicht die Holakratie in Reinkultur ein. Bei uns haben nach wie vor die Menschen einen sehr hohen Stellenwert. So haben wir das Gute aus der Holakratie und das, was uns seit über 30 Jahren erfolgreich macht, miteinander vereint.

Was sind die drei wesentlichen Punkte für diesen Erfolg?

Manfred Köteles: Die erste Säule sind die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, die zweite Säule ist der Sinn und Zweck von Bacher Systems. Dieser war nie, Geld zu machen. Sinn und Zweck ist, dass es unseren Kunden gut geht. Dafür müssen wir natürlich Gewinn machen, damit es uns auch morgen noch gibt. Unsere Stärke ist, dass unsere Mitarbeitenden immer da sind, um für unsere Kun­den eine Lösung zu finden. Es ist wie ein strategisches Spiel: Es geht darum, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, um das Problem zu lösen – und das gemeinsam. Was ist das Gegenteil von arbeiten? Spielen. Wenn man den Mitarbeitenden Freiraum für Kreativität gibt, dann lassen sich die besten Lösungen finden. Der dritte Punkt: Innovative Produkte mit Zuverlässigkeit auf den Markt bringen. Das heißt, nicht jeden Hype mitmachen. Man muss auch zu gewissen Themen Nein sagen können.

Was war der Grund dafür, eine Doppelspitze zu etablieren?

Manfred Köteles: Früher hat es gut gepasst, dass eine Person das Unternehmen leitet. Die Anforderungen sind mittlerweile so komplex geworden, dass es mehrere braucht. Daher war es gut, in die Doppelspitze und die holakratische Organisation zu investieren, wo die Geschäftsführung de facto nur nach außen wirkt.

Wie beurteilen Sie den aktuellen Markt?

Nicolai Czink: Der Markt ist momentan sehr volatil, es passiert sehr viel. Corona mit Remote Work und den massiv steigenden Cyberbedrohungen, Ukrainekrise, Energiekrise, Inflation. Und nun Post-Covid, wo Unternehmen, die während der Pandemie stark gewachsen sind, wieder Mitarbeitende abbauen. In diesem Wechselspiel der Gefühle finden wir uns als Managed Service Provider in einer sehr guten Position wieder. Wir sind einerseits bei der IT-Security sehr gut aufgestellt. Was andererseits hybride Infrastrukturen und Cloud betrifft, so haben wir schon vor Jahren die Stellschrauben gesetzt. Wir sind nicht nur im Datacenter vertreten, was ohnehin schon sehr komplex ist, auch nicht nur in der Cloud, was ebenfalls komplex ist, sondern haben uns die Schnittmenge beider Systeme ausgesucht. All das braucht die Kompetenzen dahinter. Ich habe von Anfang an die extrem große Kompetenz aller Mitarbeitenden mitbekommen. Nicht nur die technische Kompetenz in die Tiefe hinunter. Es geht auch darum, eine Idee unserer Kunden aufzunehmen, in eine technisch wertvolle Lösung zu verwandeln und zum Einsatz zu bringen. Hier gibt es sehr viele Stellen, wo es nicht um die Technik geht, sondern um das Zwischenmenschliche. Das sind unsere Kernstärken, die uns am Markt differenzieren.

Stichwort Learnings aus der Pandemie: Wie sieht es bei Ihnen mit der hybriden Arbeitswelt aus?

Elvira Cejna: Wir mussten wie alle anderen Firmen erst lernen, mit der neuen Situation umzugehen. Aber sobald es wieder möglich war, sind die Verkaufsteams sehr schnell wieder im Büro zusammengekommen. Denn Ideen zu entwickeln, geht gemeinsam und vor Ort einfach besser. Das gilt auch für Einschulungen wie z.B. im Übergang zur Holakratie. Wir haben jetzt eine sehr gute Mischung, etwa 50:50.

Was war die Motivation, auf Holakratie zu setzen?

Nicolai Czink: Wir haben uns ein neues Betriebssystem gegeben, damit wir uns einfacher auf Veränderungen einstellen können. Früher sind einige Entscheidungen immer wieder bei der Geschäftsführung gelandet. Dieses Modell lässt sich jedoch nicht gut skalieren. Daher haben wir uns gesagt: Warum sollen die Mitarbeitenden, die ohnehin am besten wissen, was zu tun ist, nicht einfach selbst diese Entscheidungen treffen? Wir wollen die Qualität, die wir in unseren Prozessen abgebildet haben, natürlich weiterleben und gleichzeitig mehr Flexibilität in das Zusammenspiel der Menschen schaffen. Jetzt organisieren wir uns auch formell so, wie wir es schon seit langem leben: in einem eigenverantwortlichen, selbstorganisierten Modell.

Manfred Köteles: Die Holakratie organisiert sich von den Kunden aus. Es gibt für unterschiedliche Kundengruppen Kreise, die eigenverantwortlich agieren. Ein Kreis kann auch seine Organisation ändern, wenn es erforderlich ist und die anderen Kreise nicht gestört werden. Dadurch funktioniert die Anpassung an die Markterfordernisse viel besser. Die Gesellschafter haben die Verantwortung für das Unternehmen per Verfassung an die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen übergeben. Diese haben wir gemeinsam ausgearbeitet. Es steht hier genau drinnen, wie wir arbeiten wollen: eigenverantwortlich und qualitätsorientiert.

Elvira Cejna: Der Wandel benötigt natürlich Zeit. Früher war es üblich, dass Mitarbeitende Vorschläge machen und von der Führungskraft erwarten, dass sie sich um die Sache kümmert. Das ist nun anders, die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen müssen sich selbst darum kümmern. In den Meetings ist es nicht mehr üblich, nur Dinge anzusprechen, die nicht funktionieren. Jetzt erwartet man auch konkrete Verbesserungsvorschläge.

Welche Rolle spielt die Geschäftsführung in Ihrer Ausprägung der Holakratie?

Nicolai Czink: Die Rolle ist einerseits die rechtliche Vertretung und die Repräsentation nach außen und andererseits das Übernehmen von Geschäftsrisiken auf oberster Ebene. Alles andere ist in Rollen organisiert, wie etwa Strategie und Portfolio. Das sind Rollen, die ich einnehme, aber nicht als Geschäftsführer. In einer klassischen Struktur ist die Führungskraft sowohl für die inhaltliche, strategische und operative Führung, als auch für die personellen Aspekte verantwortlich. Dieses Modell haben wir aufgelöst und die Führung auf eine breitere Basis gestellt. Die inhaltliche Führung übernimmt jene Person, die es inhaltlich am besten kann. Für personelle Aspekte gibt es nun eine Rolle namens People Partner, die für die Weiterentwicklung der Mitarbeitenden, Onboarding, Offboarding usw. zuständig ist. Auch die strategische, operative Führung kann man in einem Kreis auf mehrere Rollen verteilen – je nach Fähigkeiten.

Elvira Cejna: Früher erfolgten einige Freigaben nur durch den Vertriebs­leiter oder die Geschäftsführung. Heute machen das die unterschiedlichsten Rollen, etwa der Legal Adviser oder die Datenschutzkoordinatorin. Es gibt einen Punkt, wo wir als Geschäftsführung gerne dabei sind. Das ist bei der Einstellung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Da geht es nicht um Fachliches, das kann man lernen, sondern darum, ob die Neuen von ihrem Wesen und von ihrer Art zu unseren Grundwerten passen.

Welche Pläne haben Sie für den sogenannten Ruhestand?

Manfred Köteles: Einmal durchschnaufen. Im Ernst: Ich möchte Wege finden, um mein Wissen und meine Erfahrung weiter zur Verfügung zu stellen, und zwar als Berater – sei es bei Bacher Systems oder auch für andere Unternehmen. Ich bin zudem Lehrbeauftragter der FH Hagenberg, das will ich weiter machen oder auch ausbauen. Ich arbeite einfach sehr gerne.

Was ist bei Bacher Systems geplant?

Elvira Cejna: Eine unserer Strategien ist, die Digitalisierung und Automatisierung unserer Abläufe voranzutreiben, auch im kaufmännischen Bereich. Da uns die Mitarbeitenden am wichtigsten sind, werden wir weiterhin darauf schauen, dass wir als Arbeitgeber auch in Zukunft interessant sind, indem wir etwa das Arbeitsumfeld laufend verbessern.

Nicolai Czink: Kundenseitig geht es um die Transformation des Portfolios zu Managed Services. Dazu gehört auch, unsere Kunden von der Erstberatung über die Implementierung bis zum eigentlichen Managed Service und der Weiterentwicklung umfassend zu unterstützen. Wegen der zunehmenden Komplexität wünschen sich viele Vereinfachung. Wenn es uns gelingt, unseren Kunden die Komplexität abzunehmen, indem wir diese managen, dann schaffen wir ab dem ersten Gespräch Mehrwert.

*Georg Wilke: www.foto-wilke.at


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