Der Mr. Data Österreichs

Günther Tschabuschnig, CIO der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, managed mit seinem IT-Team 100.000 Datensätze pro Minute und rund 20 Terabyte an Satellitendaten pro Tag. Im Interview plädiert er für die Schaffung von Datenbewusstsein und Datensouveränität. [...]

Günther Tschabuschnig, CIO der ZAMG: "Wir machen Datascience seit 1851." (c) Klaus Lorbeer
Günther Tschabuschnig, CIO der ZAMG: "Wir machen Datascience seit 1851." (c) Klaus Lorbeer

Wenn man in Österreich mit Big Data & KI zu tun hat, hat man eher früher als später auch mit Günther Tschabuschnig, CIO der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), zu tun bzw. wird man auf diese Persönlichkeit einfach aufmerksam. So ging es mir auch. Tauchen Sie gemeinsam mit Günther Tschabuschnig und mir ein in die wunderbare Welt der Daten.

Lieber Herr Tschabuschnig, vielen Dank für das Interview, ich freue mich sehr darüber! Können Sie uns kurz beschreiben, was Ihre konkreten Aufgaben als CIO der ZAMG sind, was Ihr Unternehmen genau macht und wie Sie dem digitalen Wandel beruflich begegnen?

Als CIO des ältesten metrologischen Instituts der Welt verwalte ich zwei Datacenter mit 22 Petabyte, vier High Performance Computer und versuche mit meinem Team rund 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Arbeit zu ermöglichen. Wir machen Datascience seit 1851. Daten ist unser tägliches Brot, unsere pulsierende Ader und unser Herzschlag. Aktuell laufen rund 100.000 Datensätze pro Minute in unser Rechenzentrum und rund 20 Terabyte an Satellitendaten pro Tag. Digitalisierung begegnet mir hier jeden Tag und bei jedem Schritt. Sei es im 24/7/365-Betrieb oder bei unseren Forscherinnen und Forschern, die den Takt auch in der IT stark vorgeben oder bei Startups, die mit uns kooperieren und internationale Institutionen, die auf uns angewiesen sind. Am Puls der Digitalisierung zu bleiben, das ist mein Werkzeug, dass ich jeden Tag neu schärfen muss.

Sie beschäftigen sich ja intensiv mit den Themen Big Data und künstlicher Intelligenz, es ist quasi Ihr tägliches Brot. Die Verarbeitung von großen Datenmengen und maschinelles Lernen verlangen sicherlich auch eine hohe Verantwortung – nicht zuletzt im Umgang mit den angesprochenen KI-Technologien. Der Markt spricht von Datenethik und Datenkultur, was verstehen Sie konkret darunter und ist das wirklich ein Thema speziell in Ihrem Business-Umfeld?

An der ZAMG wird beispielsweise für die CTBTO (Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organization) die Auswertung illegaler Atomtests auf der ganzen Welt gemacht. Dies birgt natürlich eine enorme Verantwortung. Unsere Daten sind an der direkten Schnittstelle zwischen Natur und Mensch. Sie berühren jedermann. Regen, Schnee, Lawinen, Umwelt und das alles in Nuller und Einser gepackt, interpretiert und analysiert, zum Wohle aller wiederaufbereitet und weitergegeben – dafür brennen meine Kolleginnen und Kollegen. Und sei es nun mit klassischer Simulation oder KI – der Mensch steht als Dreh und Angelpunkt in der Mitte unseres Handelns.

Mit Ihrem Team betreiben Sie Systeme, die gerade auch in Krisen sicher und vor allem immer verfügbar sein müssen. Anderseits haben Sie ja auch sicherlich Cloud-Technologien im Einsatz. Wir kann man sich heute vor Sicherheits- und Cyberangriffen von außen sowie Erpressung schützen? Gibt es da spezielle Schutzmechanismen und ist Cloud überhaupt ein Thema, wenn man krisenfest sein muss?

Wir denken unsere Strategien intensiv konzeptionell durch, verwenden HA- und Redundanzverfahren. Als Teil der kritischen Infrastruktur müssen wir über den Tellerrand von Cybersecurity hinausdenken und das wissen auch unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Bedrohungslage besonders bei uns ist enorm und einen Ausfall können wir uns nicht leisten. Das Wetter, Klima oder Umwelt machen ja auch keine Pause. Multicloud und Georedundanz sind hier Schlagworte, auf die wir setzen. Unsere Resilienz schärfen wir nicht nur technisch, sondern auch ganz intensiv mit Prozessen, die die ganze Organisation mitträgt.

Welche drei Trends sehen Sie in Ihrem Arbeitsumfeld mit denen Sie sich als CIO beschäftigen wollen und die Sie im digitalen Wandel in naher Zukunft begleiten werden? Wie wird das Ihr heutiges Business beeinflussen, sowohl als Unternehmen, als auch als CIO?

Customer and Employee first: Wir schaffen IT nicht um der IT Willen, sondern für und durch unsere Kunden und Mitarbeiter. Wenn wir nicht wissen, was der interne und externe Kunde benötigt, machen wir jetzt bereits etwas falsch.

Beim Thema Sustainability und Green IT mit unseren 4 Supercomputern ist das Thema Energie ein heikles und wichtiges. Schon jetzt setzen wir bei Ausschreibungen auf das Thema Green IT. Unser neuester HPC ist warmwassergekühlt – die Abwärme verwenden wir zur Aufbereitung von Warmwasser in den Büros.

Souveränität von Daten und ein Datenökosystem sind nicht das neue Gold, denn sie sind viel besser als Gold. Auch in Corona-Zeiten. Daten entfalten ihren Wert aber nur, wenn wir sie verschneiden und gleichzeitig mit Information anreichern und somit zu Wissen zu machen. Wissen, das beispielsweise bei der Voraussage von Naturkatastrophen lebensrettend sein kann.

Wenn ich Sie als Datenexperte direkt fragen darf, haben Sie persönlich auch Angst vor der Zukunft, wenn die Digitalisierung und der digitale Wandel um sich greifen? Wenn man sich nur so vorstellt was die GAFA-Unternehmen (Google, Apple, Facebook und Amazon) mit den Daten ihrer Nutzer so alles mache könn(t)en?

Ich habe eher Angst davor, dass wir nichts mit unseren Daten machen. Das betrifft jeden einzelnen von uns. Es muss dringend mehr Datenbewusstsein geschaffen werden und Datensouveränität forciert werden. Daten sind kein Kapital der Hyperscaler. Die Daten gehen von der Crowd aus und diese kann sie auch kontrolliert einsetzen und steuern. Gerade im medizinischen Umfeld gibt es spannende Konzepte wie „Datenspende“ für Forschungseinrichtungen – ein unschätzbarer Mehrwert.

Vielen Dank für Ihre Zeit und diese Einblicke, Herr Tschabuschnig!

Es war mir eine Freude mit Ihnen zu diskutieren und meine Ideen hier weiter geben zu dürfen. Ich war mit 24 Jahren ein junger WU-Student und mein bester Freund war ein Investmentbanker. Ich fragte ihn damals: „In was soll ich mein Geld investieren, damit wir am Wochenende Party machen können?“ Seine Antwort war: „Gold“. Also kaufte ich mir von meinem Studentenjob Aktien einer kleinen Goldmine in Peru. Nach 4 Wochen war diese Pleite und ich hatte nichts mehr. Seitdem weiß ich, dass ich besser auf Ressourcen setze, die mehr Wert werden, wenn ich sie teile: nämlich Daten.

*Nahed Hatahet ist Transformationsexperte, Speaker, Berater und Mentor.


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