Bei der Auswahl eines ERP-Systems können viele Fehler passieren. Hier sind die drei Todsünden. [...]
1. Todsünde: Keine Identifizierung der Geschäftsführung mit dem Projekt
Die Auswahl eines neuen ERP-Systems erfolgt oft ohne die aktive Mitwirkung der Geschäftsführung. Es ist nicht unüblich, dass eine ERP-Initiative maßgeblich durch den IT-Verantwortlichen eines Unternehmens initialisiert wird und die Geschäftsleitung erstmals bewusst mit der Thematik konfrontiert wird, wenn es schließlich um die Genehmigung eines spezifischen Projektbudgets geht. Oft resultiert das in einer ablehnenden Haltung gegenüber dem Vorhaben.
Es kann sein, dass potentielle Implementierungspartner und ERP-Hersteller
bis zu diesem Zeitpunkt bereits einen hohen Aufwand in die spezifische Kundenakquise investiert haben. Je nach Haltung der Geschäftsführung des potentiellen Kunden jedoch gänzlich umsonst, sollte das ERP-Projekt und das Auswahlverfahren nicht aktiv unterstützt und fortgesetzt werden.
Ohne die Identifikation der Geschäftsführung mit dem Auswahlverfahren sollten keine ERP-Projekte und Auswahlverfahren initiiert werden.
Tipp: Binden Sie die Geschäftsleitung früh und aktiv in das geplante Vorhaben ein. Wenn das Top-Management nicht frei über das potentielle ERP-Projekt und dessen Sinnhaftigkeit für das Unternehmen sprechen kann, dann forcieren Sie bis zum klaren Bekenntnis durch die Geschäftsleitung die Aktivitäten rund um das Auswahlverfahren nicht weiter.
2. Todsünde: Auswahlverfahren nicht als eigenständiges Projekt sehen
Häufig wird die Auswahl eines neuen ERPSystems als lästige Nebensache betrachtet. Dadurch wird die Evaluierung dem Tagesgeschäft untergeordnet und zieht sich belastend über Jahre hinweg. Hält man sich vor Augen, was alles bei der Auswahl eines neuen ERP-Systems sinnvollerweise zu tun ist – wie beispielsweise eine Ist-Prozessanalyse, Soll-Prozessdefinitionen, Lastenhefterstellung, Selektion der Hersteller und Anbieter, Anbieterpräsentationen, Evaluierungs- Workshops, Angebotsvergleiche, Referenzbesuche, Vertragsverhandlungen etc. – dann liegt es eigentlich auf der Hand, dass ein derartiges Vorhaben, das die Kern und Supportprozesse eines Unternehmens betrifft, nur als Projekt abgewickelt werden
kann und hohe Projektmanagementkompetenzen abverlangt.
Tipp: Gehen Sie strukturiert an die Auswahl eines neuen ERP-Systems heran,
definieren Sie klare Projektinhalte und setzen Sie bewährte Methoden des Projektmanagements ein. Machen Sie sich im ERP-Auswahlprojekt punktuell oder dauerhaft die Erfahrungen von ERP-Experten zu Nutze.
3. Todsünde: KO-Kriterien nicht festlegen
Bei Betrachtung unzähliger ERP-Auswahlprojekte, welche ohne einen Auswahlberater durchgeführt wurden, ist ersichtlich, dass es oftmals keine oder den Anbietern unbekannte KO-Kriterien gab, welche demnach gar nicht identifiziert bzw. nicht von Anfang an definiert und kommuniziert wurden. Entsprechend investieren ERP-Anbieter Zeit in die Bearbeitung einer ERP-Ausschreibung und des Lastenhefts, werden dann aber auf Grund von ihnen unbekannten KO-Kriterien ausgeschieden. Hierbei werden einerseits sowohl beim Anbieter als auch beim Kunden unnötigerweise Ressourcen »verbrannt« und andererseits die Vergleichbarkeit des Marktangebots geschmälert, da die ausschlaggebenden Auswahlkriterien oftmals nicht strukturiert gegenübergestellt werden können.
Tipp: Setzen Sie sich intensiv mit den für Ihr Unternehmen relevanten KO-Kriterien am Projektanfang bzw. vor der Kontaktaufnahme mit potentiellen ERP-Anbietern auseinander. Sie ersparen sich und den Lösungsanbietern nicht ausschließlich Zeit und Kosten sondern erhöhen dadurch deutlich die Erfolgsaussichten und Qualität Ihrer Auswahl. Selbstverständlich gibt es weitere Todsünden im Zusammenhang mit ERP-Auswahlprojekten die an dieser Stelle nicht angeführ t wurden. Beispielsweise wäre die fehlende strukturierte ERP-Strategieentwicklung zu nennen, welche beim letzten Gastkommentar ausführlich behandelt wurde.
* Der Autor Christoph Weiss ist Geschäftsführer von Weiss Consulting.
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