Heidrun Strohmeyer leitet die Gruppe Informationstechnologien und Medien im Bundesministerium für Bildung (BMB). Der COMPUTERWELT erläutert die mit dem Titel »Top CIO« Ausgezeichnete die speziellen Herausforderungen an die IT im BMB. [...]
Heidrun Strohmeyer trägt die Gesamtverantwortung für alle IT-Angelegenheiten im gesamten Wirkungsbereich des Ministeriums und verantwortet die Umsetzung der Digitalisierungsstrategie »Schule 4.0«. Strohmeyer verfügt über langjährige Erfahrung in der IT-Branche – als ehemalige Informatiklehrerin sind ihr aber auch die pädagogischen Anforderungen nicht fremd. Seit 1999 ist sie in verschiedenen Führungsfunktionen für die IT des Bildungsministeriums tätig. Seit 2009 ist Strohmeyer auch Präsidentin des Führungsforums Innovative Verwaltung, einem unabhängigen und überparteilichen Netzwerk von Spitzenführungskräften der öffentlichen Verwaltung, das sich der Weiterentwicklung und Förderung von Innovationen in der Verwaltung zum Ziel gesetzt hat.
Wo lag ihr Schwerpunkt bei der Einreichung für den CIO Award?
Jetzt war der Zeitpunkt für eine Einreichung günstig, weil wir eine neue Strategie aufgesetzt haben – Stichwort Schule 4.0. Da haben wir Einiges an Innovationen und Maßnahmen vorzuweisen, die es vorher so gebündelt nicht gegeben hat.
Was bedeutet die Auszeichnung als Top CIO 2017 für Sie konkret?
Das halte ich für ein ganz wichtiges Signal. Eine gut funktionierende IT wird oft gar nicht wahrgenommen. Ich glaube, dass IT und professionelles Management eine ganz wichtige Grundlage und ein Erfolgsfaktor in vielen Unternehmen und auch in der öffentlichen Verwaltung sind. Und diese Auszeichnung zum Top CIO ist ein sichtbares Zeichen der Anerkennung.
Wie bewältigen Sie das Spannungsfeld zwischen gewünschter schneller Umsetzung und zuverlässigeren, sicheren Lösungen, die aber mitunter etwas mehr Zeit zum Umsetzen benötigen?
Dieses Spannungsfeld nehmen wir stark wahr, denn wir haben über 6.000 Schulen und rund 1.000 höhere Schulen, für die wir direkt verantwortlich sind. Immer wenn sich im Schulsystem etwas ändert, zum Beispiel Zentralmatura oder Neue Oberstufe, wird eine entsprechende IT-Infrastruktur notwendig. Wir wollen natürlich eine gute und auch im Projektmanagement optimale Umsetzung erreichen und da gilt es, Vorlaufzeiten zu berücksichtigen, man denke an das Vergaberecht oder an das Beschließen eines Gesetzes, das ein Jahr später in Kraft tritt. Es ist eine Gratwanderung, die zu bewältigen nicht ganz einfach ist. Intern muss man dafür Überzeugungsarbeit leisten, dass manche Dinge eine gewisse Zeit brauchen. Das muss man den Fachbereichen gut kommunizieren und erklären, dann steigt auch das Verständnis. Andererseits hat manches, zum Beispiel bei Verwaltungs-IT-Applikationen, nichts mit IT zu tun. Hier müssen die Fachbereiche zuerst den Prozess definieren. Solange der Prozess nicht exakt definiert ist, kann man ihn auch nicht abbilden.
Apropos Fachbereiche: Kämpfen sie auch mit der Schatten-IT?
Ja, das ist ein Thema. Es ist oft nicht einfach, wenn die Fachbereiche IT-Aufträge vergeben, anstatt unseren Service in Anspruch zu nehmen. Aber es gibt bei uns keine spezielle Regelung, die Aufträge aus den Fachbereichen verbietet. Unsere 540 Bundesschulfilialen dürfen selbstständig Aufträge vergeben. Gegenwärtig steuern wir viel über Richtlinien, beispielsweise zur IT-Sicherheit, die beim Abschluss eines IT-Vertrages mitkommuniziert werden müssen. Es ist immer ein Spannungsfeld zwischen dezentral und zentral. Wir sind sehr groß und es gibt viele Akteure mit Mitspracherecht und da setzen wir auf koordinierende Maßnahmen und eben wie gesagt Richtlinien. Bei uns gibt es eine starke Trennung zwischen Verwaltungs-IT und pädagogischer IT. Die Verwaltung läuft wie überall anders auch mit Standard-Softare zentral für alle gleich, die kaufen auch wir an. Dort, wo es um die Pädagogik geht, ist viel Freiraum für die einzelne Filiale, sprich Schule. Die Schulen haben eine relativ große Autonomie. Hier gibt es gegenwärtig die Tendenz vor dem Hintergrund von Sicherheitsfragen und Kostendruck doch vermehrt Shared-Services anzubieten.
Gibt es noch weitere Besonderheiten an die Anforderungen der IT, die das Bildungsministerium mit sich bringt?
Ja, weil für uns die IT nicht nur eine Frage der Infrastruktur ist, sondern selbst auch Bildungsinhalt ist. Die Schule hat auch den Auftrag digitale Kompetenzen zu vermitteln. Für uns sind das ganz wichtige Elemente in der IT-Strategie. Es geht darum, wie man das Thema Digitale Kompetenz in die Lernpläne hineinbringt, sodass die Schüler die Schule mit den entsprechenden Kompetenzen verlassen und über das nötige Wissen und über die Anwendungskompetenz verfügen. Wir sind darüber hinaus auch für die Lehrer zuständig, bei denen es im Rahmen der Aus- und Weiterbildung darum geht, das pädagogische Potenzial von digitalen Medien, zum Beispiel Tablets, für den Unterricht zu nützen. Das ist ein Blick auf die IT, wo die IT selber der Inhalt ist.
Wie gehen Sie mit dem Spannungsfeld technische Anforderungen versus vorhandenes Budget um?
Da auch bei uns die Budgets nicht größer werden, trachten wir danach bei bestehenden Projekten Potenziale zu finden und die Effizienz zu steigern. Das gelingt oft, manchmal muss man sich aber auch von gewissen Leistungen zugunsten anderer verabschieden. De facto sehe ich das Problem darin, dass die Effizienzsteigerungen in einem Unternehmen, die eine verbesserte IT mit sich bringt, nicht in der IT-Abteilung selber schlagend werden, sondern beispielsweise im Personalbereich.
Wenn man mittelfristig Einsparungen und Effizienzsteigerungen haben will, muss man oft zunächst einmal Geld in die Hand nehmen. Hier ist Überzeugungsarbeit zu leisten, die leider nicht immer gelingt. Durch das Thema Digitalisierung scheint aber ein Umdenken im öffentlichen Bereich zu erfolgen, indem das Potenzial der IT viel höher eingeschätzt wird.
Haben Sie Vorbilder und welche Bedeutung haben diese für Ihren Beruf als CIO?
Da habe ich niemanden genau im Blick. Was es aber schon gibt, und dabei denke ich nicht an ein einzelnes herausragendes Vorbild, sind die zahlreichen Hinweise, die sich in der Vernetzung und durch den Austausch mit Kollegen ergeben.
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