„Ein reichhaltiges Betätigungsfeld“

Wissensarbeit wird im CIO-Office der Stadt Wien großgeschrieben. Die Vorgabe lautet, nicht auf den Daten zu sitzen. Der CIO der Stadt Wien ist sowohl den Bürgern als auch den Bediensteten verpflichtet. Welche Herausforderungen das für Johann Mittheisz mit sich bringt und wie er zum Trend "Bring your own device" (BYOD) steht, erklärt er im Gespräch mit der COMPUTERWELT. [...]

Was sind aktuelle Herausforderungen in Ihrem Beruf?

Johann Mittheisz Wir haben Kundenorientierung und Verwaltungseffizienz als Schlagworte. Kundenorientierung ist klar – hier geht es um die Bürger und die Wirtschaft. Bei der Verwaltungseffizienz spielt der Bedienstete eine enorme Rolle. Herausforderungen gibt es bei beiden Gruppen, denn ich muss mir ansehen, was sie wollen, was die Wünsche sind. Beim Kunden ist es klar: Mobilität. Ich muss Angebote für Smartphones und iPads machen. Dem werden wir gerecht. Der Kunde ist auch kritischer, er gibt Feedback und beteiligt sich. Eine Antwort darauf ist Open Government, also die Offenlegung von Daten, Prozessen und Ergebnissen. Außerdem bewegt er sich im Bereich sozialer Medien, das heißt Meinungsbildung passiert nicht nur in klassischen Medien. Auch darauf müssen wir reagieren. Weiters will der Kunde einfache Handhabung: Was nicht verständlich ist, wird nicht akzeptiert. Usability ist also sehr wichtig und vor allem ein rascher, einfacher Zugang. Hier sind wir gerade dabei, die semantische Suche auf wien.gv.at deutlich weiterzuentwickeln. Eine Verwaltung muss flexibel reagieren können und effizient sein.

Welche Herausforderungen bringen Bedienstete für den CIO der Stadt Wien mit sich?

Beispiel Social Media: Wir verbieten unseren Bediensteten den Zugang nicht, denn privat ist er ohnehin vorhanden. Wichtig ist der Umgang damit: Vor allem Lehrlingen muss klar sein, dass sie immer als Bedienstete der Stadt Wien agieren. Ich hasse Richtlinien, die Anlassrichtlinien sind und wo man plötzlich glaubt man muss die Netiquette neu schreiben nur weil es Facebook gibt. Das ist lächerlich. Die Spielregeln sind immer die gleichen.

Das heißt, die Bediensteten der Stadt Wien dürfen Social Media verwenden.

Ja. Wir haben auch, wenn man so will, mit Wien-Team ein Stadt-Wien-internes Facebook gemacht, das bereits in Berlin präsentiert und sehr positiv aufgenommen wurde. Für den Bediensteten ist es auch wichtig, dass, wenn der Partner mobil ist, auch er flexibler sein muss. Mit unserer neuen Terminvereinbarung hat man nun eine Möglichkeit, auch das Frontoffice im magistratischen Bezirksamt zu steuern. Auch die Telearbeit ist nicht uninteressant. Ursprünglich war das ein Pilot – nun ist es eine ganz normale Dienstform und üblich. Natürlich braucht man auch die Einbettung in ein Team aber bestimmte Aktivitäten können mit Telearbeit laufen.

Welche Geräte benutzen die Bediensteten?

Die Notebooks, die zum Einsatz kommen, müssen natürlich in das Netz mit allen ­Sicherheitsvorschriften hineinpassen. Und das neue Thema »Bring your own device« ist ein amerikanisches System, man sollte nicht alles ungeprüft in die Verwaltung übernehmen. Wir als Dienstgeber stellen die Geräte, die notwendig sind – sei es ein Handy, sei es ein Notebook – und daher brauche ich mich nicht mit entsprechenden Veränderungen der Infrastruktur dahinter herumschlagen. Es bleibt bei uns ein Thema, keine Frage, vor allem unter dem Gesichtspunkt Finanzierung, aber es ist nicht die Mehrheit. Die Diskussion haben wir bei ein paar Geräten.

Wie mobil sind die Bediensteten grundsätzlich?

Wir haben im Wesentlichen ziemlich viele Handys und wir setzen Smartphones und iPads gezielt ein, weil auch das iPad neue Möglichkeiten bringt. Jetzt testen wir zum Beispiel etwa einen Stift mit einer USB-Docking-Station. Das ist nicht uninteressant bei Lokalaugenscheinen, bei Überprüfungen vor Ort mit einem Dokumentenaustausch. Wir müssen offen sein für neue Möglichkeiten.

Sind Ihre Bediensteten auch Wissensarbeiter?

Wir haben das Prinzip oder die Vorgabe, dass wir nicht auf den Daten sitzen, sondern wir geben das, was vorhanden ist, was so gesehen mit Bürgergeldern erzeugt oder gestaltet worden ist, frei. Weiterentwicklung bei Wissensmanagement ist dann natürlich auch für den Bediensteten wichtig. Das ist ein allgemeines Thema, wenn man the Future of Work betrachtet. Was habe ich wie gespeichert und wie finde ich es? Wir sind gerade dabei, das Content Management System von wien.gv.at umzustellen, und die semantische Suche habe ich ohnehin schon erwähnt.

Ist es schwierig für Sie, Mitarbeiter zu finden?

Bei den Jüngeren muss man Geduld haben und nicht zu viel erwarten. Sie brauchen nämlich nicht nur das IT-Fachwissen, es geht ums Konzernwissen. Man muss die Prozesse verstehen. Damit brauchen Sie Integrativdenker, Kooperativdenker und Teamarbeiter, die sich einbringen und vielleicht auch mal sagen: wir machen es anders. Wir sind in einem Change-Management-Prozess, die Verwaltung wird anders aussehen, es wird ziemliche Reduktionen geben, aber ich muss trotzdem alle servicieren, mit demselben Personal. Wir haben mit Touristen etc. jetzt schon an die zwei Millionen Menschen, die sich in Wien an einem Tag bewegen. Unser Auftrag ist alle zu servicieren. Mein Fazit: Ein reiches Betätigungsfeld, das Spaß macht.
Das Gespräch führte Michaela Holy.

ZUR PERSON:

Johann Mittheisz war in der EDV-Abteilung der Stadt Wien leitend tätig, bevor er bei der Inbetriebnahme des Neuen AKH für den EDV-Einsatz verantwortlich und interimistischer technischer Direktor war. Danach strukturierte er die EDV im Krankenanstaltenverbund und seit dem Jahr 2002 ist er in der Magistratsdirektion (MD) der Stadt Wien mit strategischen Themen befasst. Seit Juni 2005 leitet er die Gruppe IKT in der MD. Er ist daher als CIO der Stadt Wien für die IKT-Strategie der Stadt Wien und deren Operationalisierung verantwortlich.

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