Familienunternehmen ringen um Vertrauen

Laut der »Family Business Survey 2023« der Unternehmensberatung PwC fürchtet etwa die Hälfte der Familienunternehmen in der DACH-Region, dass ihnen Mitarbeiter und Kunden nicht vertrauen. Hier wie auch bei der Digitalisierung und der Umsetzung der ESG-Ziele der UNO sehen die Betriebe Handlungsbedarf. [...]

Rudolf Krickl ist CEO und Family Business Leader von PwC Österreich. (c) PwC

Gerade bei den wichtigen Gruppen der Mitarbeitenden und der Kunden befürchten die befragten Familienunternehmen, dass diese ihnen nicht mehr hinreichend vertrauen. Lediglich 49 Prozent der Unternehmen sind sich sicher, dass sie das Vertrauen der Mitarbeitenden besitzen. Bei den Konsumenten sind es 54 Prozent. Das ist ein Ergebnis der elften Global Family Business Survey »Der Wert des Vertrauens« von PwC. Für diese Studie wurden 2.043 Familienunternehmen aus 82 Ländern befragt, darunter 172 aus dem DACH-Raum. Deswegen haben die befragten Betriebe Kundenzufriedenheit sowie die Gewinnung und Bindung von Talenten zu ihren Top-Zielen erklärt – und zwar noch vor der langfristigen Wertgenerierung für Gesellschafter oder der kurzfristigen Gewinnmaximierung.

Nachholbedarf bei Zukunftsthemen

Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung gewinnen derzeit insbesondere unter jungen Konsumenten und Konsumentinnen an Bedeutung. Gerade hier haben Familienunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz Nachholbedarf. So haben die von der UNO ausgerufenen ESG-Ziele (Environmental, Social and Governance), die bis 2030 umgesetzt werden sollen, nur bei sechs Prozent der Unternehmen im deutschsprachigen Raum eine Top-Priorität. Auch weltweit sieht es nicht viel besser aus: hier räumen immerhin zehn Prozent der Familienunternehmen diesen UNO-Zielen die höchste Priorität ein.

Dazu passt auch, dass nur 14 Prozent der Befragten im DACH-Raum über eine klare ESG-Strategie verfügen. Dabei überrascht, dass rund zwei Drittel (66 Prozent) der DACH-Familienunternehmen davon überzeugt sind, dass sie bei ESG-Themen grundsätzlich eine Vorreiterrolle einnehmen können.

Familienunternehmen seien das Rückgrat der heimischen Wirtschaft, betont Rudolf Krickl, CEO und Family Business Leader von PwC Österreich, denn »sie schaffen Arbeitsplätze, engagieren sich für ihre Region und denken generationenübergreifend. Nachhaltigkeit ist daher in ihrer DNA.« Jetzt gehe es jedoch darum, ESG in das Kerngeschäft zu integrieren. Denn, so Krickl: »Nachhaltig ist das neue profitabel.«

Um das Vertrauen bei den Kunden und Mitarbeitern zu stärken, sollten sich Familienunternehmen mehr auf Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung konzentrieren und ihre Aktivitäten offensiver nach außen kommunizieren. Auch bei wichtigen gesellschaftlichen Themen sind die Unternehmen zu zurückhaltend, konstatiert die PwC-Studie: Lediglich 15 Prozent beziehen öffentlich Stellung.

Krickl: »Das Prinzip ›Tue Gutes und rede darüber‹ haben Familienunternehmen noch nicht verinnerlicht. Von Unternehmern wird heutzutage eine klare und offensive Positionierung zu gesellschaftlich wichtigen Themen erwartet.« Dadurch könnten sie den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und einem Glaubwürdigkeitsverlust entgegenwirken, der momentan auch andere Institutionen betrifft. Das sei, so der PwC-Experte, der Weg aus der Vertrauenskrise: »Hidden war gestern – heute braucht es Proaktivität und Offenheit.«

Gutes Wachstum

Aus wirtschaftlicher Sicht blicken die befragten Familienunternehmen aus der DACH-Region durchaus zufrieden auf das vergangene Geschäftsjahr: Rund drei Viertel (77 Prozent) konnten Wachstum verzeichnen – davon 39 Prozent sogar im zweistelligen Bereich – und liegen damit über dem globalen Schnitt (71 Prozent). Der Blick in die Zukunft fällt allerdings pessimistischer aus. Für die kommenden zwei Jahre rechnen nur noch rund zwei Drittel (66 Prozent) der Familienunternehmen mit einem Wachstum und 33 Prozent mit einer Konsolidierung.

Deswegen setzen 62 Prozent der DACH-Unternehmen auf den Ausbau der digitalen Fähigkeiten (weltweit 44 Prozent). Denn Fakt ist: bei der Digitalisierung ist in Familienunternehmen noch Luft nach oben. Um innovativ und wettbewerbsfähig zu bleiben, müsse jetzt die Transformation geschafft werden, ruft Krickl zum Handeln auf. Dafür brauche es eine konsequente digitale und zugleich nachhaltige Ausrichtung. »Vertrauen kann nur entstehen, wenn Unternehmen beides beherrschen und miteinander verbinden.«


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