Kunden ins Zentrum

Kundenorientierung großgeschrieben: SAP veranstaltete Anfang November die Customer Experience LIVE Konferenz in München. Tags zuvor waren Kunden und Analysten zum Customer Experience Innovation Day in das SAP Innovation Lab in München geladen. [...]

Alles rund um die Customer Experience Management Suite C/4 HANA: Usecases und zahlreiche Vorträge gaben einen guten Einblick in die einzelnen Module. (c) Wahlmüller

Wer kennt das nicht – Anruf bei einer Hotline, lange Wartezeit in der Warteschleife, Service-Mitarbeiter, denen man alles ewig oder immer wieder aufs Neue erklären muss, oder ein Reiseangebot, das nicht gerade trifft, was man sich vorgestellt hat – Kundenservice ist oft genau das Gegenteil von dem, was es sein soll. Genau hier gilt es, mit intelligenten Lösungen für ein tolles Kundenerlebnis, eben »Customer Experience« (CX), zu sorgen.

Und genau auf diesen Markt fokussiert sich SAP ganz stark. In den ersten neun Monaten 2019 hat SAP im CX-Bereich mit den Modulen der C/4 HANA Suite einen Umsatz von über einer Milliarde Euro erzielt. Die Strategie liegt auf der Hand: Die ERP-Kunden sollen in punkto Kundenzufriedenheit auch auf SAP-Lösungen setzen und damit den SAP-Umsatz steigern. Damit positioniert man sich klar als Konkurrenz zu Salesforce. Der Push ist auch auf die teure Akquise von Qualtrics zurückzuführen: das US-Unternehmen wurde im vergangenen Jahr für rund acht Mrd. Euro gekauft. Qualtrics hat eine Umfrage- und Feedback-Plattform entwickelt, die etwa Daten zu Akzeptanz, Beliebtheit und Loyalität einsammelt und auswertet. X-Data (Experience Data, Erfahrungsdaten) nennt SAP die so gewonnenen Daten. In Abgrenzung dazu werden die Informationen aus den traditionellen SAP-Anwendungen als O-Data (operative Daten) bezeichnet.

CX-Markt soll erobert werden

»Wir haben alle technologischen Bausteine in unserem Portfolio, die unsere Kunden brauchen, um ihren Kunden eine Fünf-Sterne-Experience liefern zu können. Das Entscheidende ist, die X-Daten mit den O-Daten zu verbinden. Es ist aber nicht alleine ein technisches Problem, das man lösen muss, sondern es hat sehr viel mit Kultur zu tun«, betonte Hartmut Thomsen, SAP-Chef in Mittel- und Osteuropa (MEE), im Gespräch mit der COMPUTERWELT auf der CX Konferenz, die im Münchner MVG Museum stattfand. Wie wichtig den Walldorfern das Thema ist, zeigte sich in einigen Dingen. Der »intelligent Truck«, bislang auf den »Digital Boardroom« und das »Intelligent Enterprise« in Richtung S/4 HANA und Smart Data getrimmt, fungiert ab sofort als digitaler Erlebnisraum für Customer Experience Management, die C/4 Suite, Qualtrics und eben die Kombination mit S/4 HANA. Klares Ziel dabei ist es, die SAP-Kunden auch für das Thema CX zu gewinnen. Ab sofort wird der »rollende Hightech Truck« mit dem Thema CX quer durch Europa touren.

In München führten Hartmut Thomsen sowie MEE-CTO Mark Raben höchstpersönlich im Truck das Fallbeispiel Auto-Kauf vor. Geschickt wurde dabei anhand von vier Personen (Kundin, Autoverkäufer, Produktmanagerin und Marketing-Manager) gezeigt und in 360-Grad-Panorama-View visualisiert, wie der Verkaufsprozess gut oder weniger gut ablaufen kann. Dabei gab es natürlich auch zu sehen, wie die Module der C/4 Suite eingesetzt werden können, damit die Kundin sich rundum gut betreut fühlt und sich letztlich zufrieden zum Kauf entscheidet. Außerdem ist der Münchner SAP Startup Campus SAP.IO seit letztem Jahr rein auf CX Startups in den Bereichen Commerce und Marketing fokussiert, deren Geschäftsideen auf neuen Technologien wie künstliche Intelligenz und Blockchain basieren.

Innovation selbst testen

Im Innovation Lab in München wurden einige Ideen und Innovations-Prototypen zur Verbesserung der Customer Experience präsentiert, etwa Mode- und Stilberatung basierend auf AI oder ein »Magic Mirror«, ein Spiegel, der bestimmte Personen/Gegenstände, z. B. eine Brille, erkennt und klassifiziert. Delivery Hero Finanzvorstand Johannes Langguth erzählte im Gespräch mit Hartmut Thomsen, vor welchen Herausforderungen das Liefer-Unternehmen (für Essen, Blumen, Medikamente etc.) derzeit steht: Im Juli 2019 erreichte die Zahl der Bestellungen rund zwei Mio. am Tag. Was zählt, sind Effizienz, Schnelligkeit und Kundenzufriedenheit. Der Fokus ist massiv auf Innovation gerichtet, neue Technologien werden gerne getestet: »Wir waren z. B. einer der ersten Kunden, der Conversational AI mit dem S/4 HANA Backend verknüpft hat«, erzählte Langguth. Zur Abdeckung der Customer Journey bzw. für CX Management ist Qualtrics zur Feedback-Erhebung im Einsatz. »Delivery Hero ist ein ganz tolles Beispiel, wo man sehen kann, wie das Thema Experience Management funktioniert, die Verbindung zwischen X-Data und O-Data wird hier tatsächlich gelebt«, zollte Hartmut Thomsen dem Unternehmen Anerkennung.

Österreicher vor Ort

Beim CX Event im MVG Museum kamen auch österreichische Kunden zu Wort. Red Bull ist schon seit Ende der 90er-Jahre SAP-Kunde. Christian Stoxreiter, Head of Business Applications bei Red Bull, demonstrierte, wie sehr das Imperium des Energydrink-Giganten heute von SAP-Lösungen getragen wird. Gerade für Red Bull zählt das positive Kun-denerlebnis, aber damit auch die Herausforderung, möglichst viel über den Konsument, seine Vorlieben und seine Gewohnheiten zu wissen. CX Marketing und Action-Programme haben daher einen gewaltigen Stellenwert. Stoxreiter berichtete über das Großprojekt der neuen Münchner Multifunktions-Sportarena für Eishockey und Basketball. Die Baukosten in der Höhe von 100 Mio. Euro werden komplett von Red Bull getragen, als Namenssponsor und Technologiepartner fungiert SAP.

Christian Stoxreiter von Red Bull demonstrierte, wie SAP-Lösungen im Red-Bull-Imperium eingesetzt werden.
(c) Wahlmüller

Kunden zeigen, wie es klappt

Ein weiterer prominenter Kunde aus Österreich, für den das Kundenerlebnis eine große Rolle spielt, ist KTM, bekannt für seine Motorräder. Walter Sieberer, Geschäftsführer von KTM Innovation, schilderte, wie die digitale Transformation bei KTM bewerkstelligt wird. Als Partner für Customer Experience Lösungen (etwa SAP Marketing Cloud) wurde Maihiro engagiert. Maihiro wiederum zeigte auch als Aussteller vor Ort mit einem liebevoll aufgebauten Fischertechnik-Modell, wie Maschinenhersteller (bzw. der Manufacturing Bereich) bei Service, Instandhaltung, Wartung und Ersatzteil-Beschaffung von Maschinen ihre Prozesse verbessern können. Dafür wurde basierend auf SAP Service Cloud, SAP Leonardo IoT, und SAP Intelligent Asset Management eine Lösung entwickelt.

NETCONOMY, großer SAP CX-Partner aus Graz, demonstrierte die neue PocketStylist-App von Levi’s, die der Jeans-Weltmarktführer gemeinsam mit den SAP Customer Experience Labs und NETCONOMY gerade umsetzt: Betritt ein Kunde einen Levi’s Store und erteilt sein Einverständnis, kann sich der Verkäufer via Smartphone und der PocketStylist-App mit dem Kunden vernetzen: Er sieht sofort, welche Jeans der Kunde bevorzugt, welche Größe erforderlich ist oder was der Kunde bis dato gekauft hat – und kann davon ausgehend viel besser beraten. Kunden können auch selbst aktiv werden: Die App ermöglicht es, die Labels der Jeans zu scannen und so weitere Informationen zu den Modellen abzufragen oder aber auch direkt aus der Umkleidekabine beim Berater andere Größen und weitere Modelle zum Anprobieren anzufordern.

»Durch den durchgängig vernetzten Beratungsprozess eröffnet die PocketStylist-App völlig neue Ansätze im Service, ermöglicht Cross- und Upselling und stärkt sowohl die Kundenbeziehung als auch die Kundenloyalität«, ist NETCONOMY-CIO Josef Grabner überzeugt. Die neue App wird voraussichtlich ab Februar in drei Levi‘s Stores (zwei in den USA, einer in Europa) zum Einsatz kommen. Um Innovation und Design-Thinking zu ermöglichen, hat NETCONOMY Mitte November das weltweit erste Partner AppHaus mit Fokus auf die »Customer Experience« in Wien eröffnet.


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