Potenziale im Channel heben

Die neue Welt der Arbeit bietet dem IT-Fachhandel zahlreiche Möglichkeiten, birgt aber auch Risiken. Entscheidend ist, dass der Channel die Themen Digitalisierung und Cloud vorantreibt. Ein wesentlicher Baustein ist zudem die E-Signatur. Dominic Sabaditsch, Head of Cloud bei Ingram Micro Österreich, im Interview. [...]

Dominic Sabaditsch ist Head of Cloud bei Ingram Micro Österreich. (c) Ingram Micro

Wie ist das Jahr 2021 für den Channel angelaufen?

In einem Wort zusammengefasst: intensiv. Aktuell gilt es nach wie vor, die übereilt geschaffenen Home-Office-Infrastrukturen zu optimieren und gut zu sichern. Aufgrund des schnellen Aufbruchs in die eigenen vier Wände mussten über Nacht Möglichkeiten dafür geschaffen werden. Viele wichtige Aspekte wie die Absicherung dieser neu geschaffenen Arbeitsumgebungen mit gleichzeitiger Ermöglichung einer optimalen Zusammenarbeit wurden aus Zeitgründen nach hinten verschoben. Die Beschaffung von Hardware gestaltet sich aufgrund weltweiter Engpässe ebenfalls schwierig. Viele Kunden haben mittlerweile Gefallen an Cloud-Services und den damit verbundenen Benefits gefunden. Dies wiederum bedeutet eine beratungs- und trainingsintensive Zeit für den Channel.

Was bedeutet der Remote-Work-Trend für den Channel?

Für den Channel bietet das Remote-Work-Konzept sowohl Möglichkeiten als auch Risiken. Die Chancen zum »Trusted Advisor« in der Digitalisierung zu werden, waren nie besser. Es gibt unzählige Themenfelder, die miteinander verbunden werden müssen, wie Arbeitsplatzausstattung, Collaboration, Agilität sowie IT-Sicherheit. Hier können Partner mit ihrem Knowhow und unserer Unterstützung ihre Kunden überzeugen. Die Risiken sind damit schon angedeutet. Für all jene Partner, die sich im Zusammenhang mit Remote Work noch nicht mit Cloud und Digitalisierung beschäftigt haben, ist es immens wichtig, schnellstmöglich auf diesen Zug aufzuspringen. Mit unseren Ausbildungsprogrammen sowie dem gesamten Portfolio können wir diese dabei optimal begleiten. Die nächste Herausforderung, die auf uns zukommt, wird in absehbarer Zeit der hybride Arbeitsplatz der Zukunft sein. Persönlich denke ich, dass wir mehr hybride Ansätze sehen werden. Remote Work hat seine Vorteile, aber auch nicht zu unterschätzende Nachteile, die sich beispielsweise negativ auf soziale Aspekte und das Miteinander auswirken können.

Der Übergang ins Home Office klappte vielerorts nicht. Lag das in Ihren Augen an nicht gehaltenen Versprechungen der Anbieter oder der mangelnden organisatorischen Transformation der Unternehmen?

Es gibt viele Faktoren, die die Umstellung auf Home Office erschwert haben. Schwer verfügbare Endgeräte, nicht dafür ausgelegte On-Premise-Infrastrukturen, fehlender Breitbandausbau oder, womit wir zum Thema kommen, Zurückhaltung im Bereich Cloud-Lösungen. Man kann den teilweise holprigen Start letztes Jahr nicht auf eine einzelne Ursache zurückführen. Umso wichtiger ist es deshalb, sich jetzt am Markt zu positionieren, da uns das Home Office in unterschiedlichsten Ausprägungen erhalten bleiben wird.

Denken Sie, dass Plattform-basierten Ansätzen die Zukunft gehört?

Mehrere Lösungsansätze in einer gesamten Suite haben definitiv ihren Reiz. Dem gegenüber ist es allerdings ein Teilkonzept von Cloud-Lösungen, gezielt individuelle Pain Points der IT-Abteilungen mit einzelnen Lösungen anzusprechen. Doch dadurch steigt aber der Verwaltungsaufwand für den Kunden, da er alle diese unterschiedlichen Lösungen managen muss. Mit Plattform-basierten Konzepten, so wie z. B. jenes von Dropbox, lässt sich der Managementaufwand deutlich reduzieren. Der beste Ansatz wird in Zukunft weiterhin sein, eine Plattform zu finden, die einen Großteil der Aufgaben abdeckt und ergänzt mit einzelnen Tools zusätzlich die restlichen Anforderungen erfüllt. Denn eines hat sich in der IT trotz Digitalisierung schlichtweg nicht geändert: der jeweilige Lösungsansatz basiert auf den Bedürfnissen der Kunden. Eine generelle Aussage, ob Suiten oder Einzellösungen besser wären, ist schlicht unmöglich.

Wenn Sie sich auf die Pandemie hätten vorbereiten können, wie hätte Ihr Plan ausgesehen?

Ich schätze unsere Vorbereitung auf die Pandemie recht gut ein. Einerseits betraf das unsere interne Zusammenarbeit sowie das Knowhow innerhalb des Cloud-Teams, aber andererseits auch die Möglichkeiten unserer Partner, die Transformation zu ermöglichen. Der Faktor Zeit hat leider gefehlt, um unsere Kunden für die unterschiedlichen Lösungsansätzen zu schulen und ihnen die Lösungen näher zu bringen. Mein Plan hätte bereits im Vorfeld eine inhaltliche Unterstützung in den Bereichen Trainings, Schulungen, aber auch Security-Ansätzen mit einem starken Fokus auf Remote Work vorgesehen. Dies alles ist mittlerweile gut verankert bei uns — zu Beginn der Pandemie war es da noch etwas hektisch.

Erhebungen legen nahe, dass 70 Prozent der Dokumentenprozesse nach wie vor papierbasiert ablaufen. Wie erklären Sie sich das?

Der Markt hat noch nicht das volle Potenzial und die Optimierungsmöglichkeiten von E-Signaturen und anderen digitalen Dokumenten-Workflows ausgeschöpft. Außerdem ist der Mensch ein Gewohnheitstier, bereits vor 20 Jahren gab es den philosophischen Ansatz des papierlosen Büros. Die Vorteile liegen dabei auf der Hand und diese gilt es im Markt bekannt zu machen. Das ist eine gute Nachricht für den Channel, da es hier noch sehr viel Potenzial, vor allem im KMU-Bereich, gibt.

Wie schätzen Sie das Potenzial von E-Signaturen für die nächsten Schritte in der digitalen Transformation des DACH-Mittelstands ein? Wird aus dem Ladenhüter ein Gamechanger?

Das Potenzial ist riesig! Wenn man sich vor Augen hält, wie effizient bestehende Prozesse überarbeitet und eingebunden werden können, ist es beinahe fahrlässig, hier nicht auf die Digitalisierung zu setzen. Die rechtlichen Aspekte sind geklärt, auch das Thema Sicherheit ist bereits gut abgedeckt. Ich sehe hier definitiv einen Gamechanger, da jedes Unternehmen einen sinnvollen Nutzen daraus ziehen kann.

Welche Top-3-Argumente würden Sie Channel-Partnern in die Hand geben, um ihre Kunden vom Einsatz einer E-Signatur zu überzeugen?

Das größte Argument ist in meinen Augen die Geschwindigkeit. Kurzes Beispiel: Ein Unterschriftenlauf in Papierform kann mitunter Tage dauern, je nachdem wie viele Personen im konkreten Prozess für Unterschriften vorgesehen sind. Mit E-Signatur-Lösungen wie HelloSign, lässt sich dies innerhalb weniger Minuten erledigen. Ein weiterer Pluspunkt ist die Ortsunabhängigkeit. Gerade in der aktuellen Situation, in der viele Unternehmen ihre Arbeit ins Home Office verlegt haben, ist es beinahe unmöglich, effizient wichtige Unterschriften zu erhalten. Last but not least sehe ich weitreichende Vorteile in der Nachvollziehbarkeit und Weiterverarbeitung von elektronisch unterschriebenen Dokumenten, die man sinnvoll in bestehende Prozesse zur automatisierten Weiterverwendung einbinden kann.

Wie wird das Vertrags- und Dokumentenmanagement in Zukunft aussehen? Welche Rolle werden E-Signaturen spielen? Werden sich biometrische Authentifizierungsmethoden jemals durchsetzen? Welche E-Signatur-Trends sehen Sie für 2021 und darüber hinaus?

Hier stehen wir erst am Anfang. Bereits heute geht die Entwicklung allein schon aus erweiterten Sicherheitsgründen in Richtung biometrischer Methoden. Doch ich gehe nicht davon aus, dass dies allzu schnell Anklang finden wird, dafür müsste zunächst die Basis vorhanden sein: eine gewisse Akzeptanz, aber auch intensive Nutzung von E-Signaturen. Generell denke ich, dass wir 2021 bereits viele Projekte in diese Richtung umsetzen werden. Den großen Durchbruch erwarte ich allerdings erst ab 2022, wenn es bereits zahlreiche Best Practices am Markt geben wird. Dabei wird es keine Rolle spielen, ob beruflich oder privat – E-Signaturen werden zusehend die Papierunterschrift in beiden Bereichen ablösen.


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