Rechenzentren 2024: Nachhaltigkeit und KI

Das Anlageverwaltungs- und -beratungsunternehmen JLL berät seine Klienten auch im Erwerb und Management unterschiedlicher Immobilien, die Hotels und Wohn- sowie Bürogebäude umfassen. In ihrer nagelneuen Studie "Data Centers 2024 Global Outlook" widmen sich die JLL-Experten den Herausforderungen, denen Rechenzentrumsbetreiber in diesem Jahr gegenüberstehen. [...]

Weltweiter Rechenzentrum-Colocation-Markt (c) Grafik: JLL; Quelle: Structure Research
Weltweiter Rechenzentrum-Colocation-Markt (c) Grafik: JLL; Quelle: Structure Research

Die Rechenzentrumsbranche liegt im Aufwind und wächst. Kein Wunder: So gut wie jede Digitalisierungstechnologie benötigt im Hintergrund für die Datenverarbeitung und -bereitsstellung die geballte Kraft wie sie eben nur Rechenzentren bieten – man denke nur an die Cloud, Internet-of-things oder künstliche Intelligenz (KI). Gerade generative KI mit ihren Large Language Models (LLMs) wie ChatGPT von OpenAI, Copilot von Microsoft oder watsonX von IBM sind ohne Rechenzentren nicht denkbar, erhöhen aber deren Energieverbrauch in einem exponentiellen Maßstab. Das ist wohl eine der größten Herausforderungen, denen Rechenzentrumsbetreiber laut der JLL-Studie „Data Centers 2024 Global Outlook“ dieses Jahr gegenüberstehen, nämlich der Beschaffung nachhaltiger Energie und der Modernisierung der veralteten Infrastruktur. Die Europäische Kommission schätzt, dass der Stromverbrauch bis zum Jahr 2030 um 60 Prozent ansteigen wird, während gleichzeitig gewaltige Summen in die Stromerzeugungskapazitäten investiert werden müssen, um die Ziele für erneuerbare Energien zu erreichen. Das hat immense Auswirkungen auf die Rechenzentrumsbranche, die Stomversorgung stelle, so JLL, „sowohl eine Chance als auch eine Bedrohung für den Sektor dar.“ Auf der Beschreibung dieser Dynamik liegt das Hauptaugenmerk des Reports.

Kurz: Nachhaltigkeit ist für die Betreiber von Rechenzentren zu einem zentralen Thema geworden, was zu einer Verlagerung hin zu erneuerbaren Energiequellen und zur Erforschung innovativer Stromerzeugungsmethoden geführt hat. Der Clou dabei: KI verbraucht nicht nur viel Strom, sondern kann beim Entwerfen von Rechenzentren sowie beim Finden von Möglichkeiten zur Senkung des Energieverbrauchs beziehungsweise beim Ermitteln einer niedrigen Power Usage Effectiveness (PUE) auch helfend eingesetzt werden.

Die Anforderungen steigen

Laut der IDC-Studie „Revelations in the Global StorageSphere 2023“ werden in den nächsten fünf Jahren Konsumenten und Unternehmen doppelt so viele Daten erzeugen wie in den letzten zehn Jahren. Dadurch wird die Gesamtspeicherkapazität in Rechenzentren und Endgeräten von 10,1 Zettabyte (ZB) im Jahr 2023 auf 21,0 ZB im Jahr 2027 ansteigen, was einer fünfjährigen durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR = compound annual growth rate) von 18,5 Prozent entspricht.

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Die durchschnittliche Rackdichte nimmt zu, insbesondere in Hyperscale-Rechenzentren. Die Zahlen beziehen sich auf Asien ohne Japan. Quelle: JLL Research 2024

Der wachsende Bedarf an Speicherplatz führt direkt zu einer steigenden Nachfrage an Rechenzentren. Deswegen haben Rechenzentrumsbetreiber in den letzten zehn Jahren die Kapazität neuer Colocation- und Hyperscale-Data-Centers stetig erhöht. Das kanadische Marktforschungsunternehmen Structure Research schätzt, dass der weltweite Colocation-Bereich gemessen in Megawatt (MW) in den nächsten fünf Jahren mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 15,2 Prozent wächst. Die meisten Rechenzentren, die vor zehn Jahren gebaut wurden, hatten eine kritische IT-Lastkapazität von weniger als 10 MW. Heute ist es nicht ungewöhnlich, dass Rechenzentrumsbetreiber Neubauten von 100 MW oder mehr ankündigen. Die Grafik oben zeigt den weltweiten Rechenzentrum-Colocation-Markt, die Structure Research entsprechend der IT-Lastkapazität in drei Märkte eingeteilt hat: Primary Markets (600 MW bis über 1.000 MW, blaue Punkte), Secondary Markets ( 100 bis 600 MW, lila Punkte) und Emerging Markets (bis 100 MW, rote Punkte), wobei alle drei Bereiche Wachstumsmärkte sind.

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Durchschnittliche weltweite jährliche Power Usage Efficiency (PUE) von 2007 bis 2023. 
Quelle: JLL Research 2024

Spezialfall KI

Das ungebremste Wachstum des KI-Markts verlangt nach dem Bau weiterer Rechenzentren. Dabei ist zu beachten, dass generative KI eine dichter geclusterte und leistungsintensivere IT-Infrastruktur erfordert als sie üblicherweise Standard-Rechenzentren bieten, und die letztlich viel mehr Wärme erzeugt.  Hyperscaler, Vorreiter bei der Einführung von KI und High-Performance-Computing (HPC), haben den größten Bedarf an Infrastruktur mit hoher Dichte. Gegenwärtig haben die entsprechenden Rechenzentren eine geschätzte durchschnittliche Dichte von 36 kW pro Rack, die nach Schätzungen von IDC in den kommenden Jahren durchschnittlich um 7,8 Prozent auf 50 kW bis 2027 wächst. Viele KI-Cluster werden voraussichtlich 80 bis 100 kW pro Rack benötigen. 

Außerdem gilt, dass der Stromverbrauch generativer KI-Workloads stärker schwankt als jener herkömmlicher IT-Workloads, was wiederum zu Herausforderungen bei der Optimierung der Gesamteffizienz eines Rechenzentrumsstandorts führt. Laut der IDC-Studie „Generative AI: Implications for the Datacenter 2023“ benötigt die Arbeitslast einer KI-Anwendung zur Bilderzeugung mehr Energie als die einer Anwendung zur Texterzeugung. Ferner ist auch die Leistungsanforderungen für die drei Phasen der generativen KI – Modellerstellung, Abstimmung und Inferenz – sehr unterschiedlich.

Trainings- und Optimierungsanwendungen für KI sind, so die IDC-Studie, in der Regel nicht latenzempfindlich. Daher können Betreiber, die auf KI spezialisierte Rechenzentren bauen, bei der Standortwahl flexibler sein und strategisch Orte mit einer hohen verfügbaren Übertragungsleistung, niedrigen Energiekosten, verfügbaren nachhaltigen Energiequellen und passenden Klimazonen, die eine freie Kühlung unterstützen, auswählen.

Apropos Kühlung: Eine höhere Rackdichte verlangt natürlich auch nach mehr Kühlung in Rechenzentren, da die Dichte der Geräte eine erhebliche Wärme erzeugt. Herkömmliche Methoden wie zum Beispiel die Luftkühlung können die von dicht-an-dicht angeordneten Racks erzeugte Wärme nur mehr schwer ableiten. Da die Kühlung in etwa 40 Prozent des Stromverbrauchs eines durchschnittlichen Rechenzentrums ausmacht, kann laut JLL die Umstellung auf Flüssigkeitskühlung helfen. Diese verspricht eine erhebliche Energieeinsparung – in manchen Fällen bis zu 90 Prozent – und verbessert gleichzeitig die Rechenleistung. Das Gute daran: Die Kosten der Flüssigkühlung werden im Vergleich zur herkömmlichen Kühlung allmählich wettbewerbsfähig.

Effizienzsteigerung

Ein Gebot der Stunde ist die Effizienz beim Stromverbrauch zu steigern. Hier arbeiten viele Cloud-, Hyperscale- und Colocation-Rechenzentren bereits wesentlich effizienter als die traditionellen Unternehmensrechenzentren, die sie ersetzen. Hier werden zunehmend moderne Software-Lösungen für eine intelligente Verwaltung, Überwachung und Rack-Orchestrierung eingesetzt (siehe PUE-Grafik).

Ein weiterer Schritt in Richtung Green IT ist die Verwendung von nachhaltig produziertee Energie, beispielsweise Wind- oder Solarstrom.

Weitere Infos wie etwa welche Maßnahmen Irland, Singapur und die USA zur Senkung des Energieverbrauchs in Data Center setzen, finden Interessierte in der Studie „Data Centers 2024 Global Outlook“ unter www.us.jll.com.


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